Encyclopedia: Forschungsreise ins Tierreich

Spiele mit Naturthema haben gerade Hochkonjunktur. Bei diesem würfelgetriebenen Worker-Placement-Spiel begeben wir uns auf eine Reise ins Frankreich des Jahres 1739. Georges-Louis Leclerc Comte de Buffon, der Direktor des Botanischen Gartens des französischen Königs, braucht eure Hilfe. Der Naturforscher möchte seine Enzyklopädie der Naturgeschichte, die „Histoire naturelle“, vervollständigen. Dazu müsst ihr Tiere studieren, Expeditionen starten und Forschungsergebnisse veröffentlichen.

von Sabrina

Zwischen 1749 bis zu seinem Tod 1788 erschienen 36 Bande dieser „Histoire naturelle“. Es gibt also viel zu tun. Die ersten Spezies warten darauf von euch erforscht zu werden. Beeindruckt die Menschheit mit euren Forschungsergebnissen und holt euch die Anerkennung, die ihr verdient.

Inhalt

1 Spielplan, 75 Tierkarten, 55 Expertenkarten, 20 Würfel, 1 Stoffbeutel, 4 Ansehensmarker, 8 Siegespunktmarker, 120 kleine Forschungswürfel, 28 Plättchen „5 Würfel“, 1 Startmarker, 12 Rundenmarker, 69 Münzen, 47 Königssiegel, 54 Expeditionssiegel, 3 Plättchenboxen (zum Zusammenbauen), 4 Forschungstableaus, 4 Charakter-Tableaus, 4 Spielhilfen-Tableaus, 15 Kontinentkarten, 3 Verhaltenskarten, 3 Wertungskarten, 1 Spielanleitung

Kurzüberblick

„Encyclopedia“ wird über 6 Runden gespielt, in denen man (in der Regel) 4 Würfel einsetzen darf. Dafür werden zu Beginn jeder Runde 4 Würfel aus dem Sack gezogen, und ihr dürft diese auf euren Tableau verteilen. Aber bei diesem Spiel dürfen wir nicht nur unsere eigenen Würfel einsetzen, sondern auch die der anderen. Dafür gibt es dann für den Bestohlenen auf drei von vier Feldern aber eine kleine Belohnung. Nacheinander dürft ihr jeweils einen Würfel auf einen von sechs Aktionsfeldern einsetzen.


Beim Einsetzen eines Würfels auf die „Botschaft“ erhaltet ihr je nach Höhe der Augenzahl 1 bis 3 Expeditionssiegel. Diese können eingesetzt werden, um die Würfelfarbe zu verändern, oder sie sind zwei Punkte wert, um den Punktewert deiner Expedition zu erhöhen. Bei der „Bank“ erhältst du für jeden beliebigen eingesetzten Würfel 5 Münzen. Bei der „Universität“ kannst du dir Expertenkarten holen, die dir im Spiel Vorteile geben oder am Ende Siegpunkte bringen. In der „Akademie“ erhältst du Tierkarten, die du anschließend erforschen möchtest. Zudem gibt es nach Höhe des Würfels Ansehenspunkte auf deine Ansehensleiste. Die generiert wiederum Boni.

Nachdem du Tierkarten erworben hast, kannst du eine Expedition starten und die Tiere „studieren“. Dieses kostet Punkte, je nachdem wie viele Tiere (in der Farbe des Würfels) und was du auf den Tierkarten erforschen willst. Zum einen durch den Würfel, und durch weitere Boni, Münzen und Siegel. Merkmale, die du erforscht hast, werden mit einem kleinen Forschungswürfel gekennzeichnet. Dafür erhältst du sofort die angegebenen Siegpunkte.


Nachdem du deine Tiere studiert hast, willst du deine Ergebnisse natürlich auch veröffentlichen. Von den Merkmalen, die du veröffentlichen kannst, werden die Forschungswürfel im dementsprechenden Veröffentlichungsbereich des Spielplans platziert. Hierfür gibt es am Ende des Spiels Siegpunkte zu gewinnen.

Die Runde endet, sobald ihr alle Würfel auf einem Aktionsfeld platziert habt. Das Schöne dabei ist: Es gibt immer irgendetwas Sinnvolles zu tun. Zur Not nehme ich mir 5 Münzen, die ich dringend für meine Expeditionen brauche. Wer durch eine Veröffentlichung einen Königssiegel erhalten kann, darf das am Ende der Runde nutzen, um nochmal einen Würfel zu würfeln und eine Aktion durchzuführen. Die nicht gewählten Experten- und Tierkarten werden vom Plan genommen und alle Felder neu bestückt. Die Würfel kommen zurück in den Beutel, und es beginnt eine neue Runde.


Nach der sechsten Runde endet eine Partie „Encyclopedia“. Nun folgt die Endwertung, in der es reichlich Punkte für veröffentliche Forschungswürfel, Karten, Königsiegel und übrig gebliebene Expeditionssiegel und Münzen gibt. Wer die meisten Punkte auf seiner Forschungsreise gemacht hat, gewinnt das Spiel.

Mein Ersteindruck

Die Spielanleitung ist hervorragend geschrieben und aufgebaut. Da wurde wirklich gute Arbeit geleistet. Es wird zum Beispiel bei jedem Einsatzfeld daran erinnert, ob ich Münzen/Expeditionsigel einsetzen kann und wenn ja wofür. Auch thematisch wurde die Einleitung meines Erachtens schön umgesetzt. FAQs und eine Spielhilfe runden die Sache schön ab. Beim Material muss ich leider etwas Abstriche machen. Bereits beim Auspöppeln fransten die dünnen Pappteile der gut gemeinten Plättchenboxen auseinander. Hier sehr vorsichtig vorgehen. Dafür weiß die Grafik mich wieder mitzunehmen. Das Spielbrett und die Karten sind ausgesprochen schön gestaltet. Fanden auch meine Mitspieler*innen. Außerdem liegt das Spielbrett schön plan auf dem Tisch. Auch das ist leider keine Selbstverständlichkeit.

Da ich thematisch in diesem Spiel an einer Encyclopedia schreibe, hätte ich mir persönlich etwas mehr Informationen zu den zu erforschenden Tieren gewünscht. Ähnlich wie bei „Flügelschlag“ oder „Erde“. Der Informationsgehalt der Tierkarten ist jedoch mit dem von „Keystone“ zu vergleichen. Würfeleinsatzspiele haben oft einen eingeschränkten Platz an Würfeln. Bei „Encyclopedia“ kommt man sich diesbezüglich praktisch nie in die Quere. Was ich selbst als positiv empfinde, sehen andere vielleicht eher als zu wenig Interaktion. Lediglich bei den Expeditionen gibt es für jeden Kontinent „nur“ vier Plätze. Die waren aber immer ausreichend. Eine Interaktion kommt beim Run auf die ausliegenden Karten zustande.


Außerdem dürfen nicht nur die eignen Würfel eingesetzt werden, nein, man darf sich auch die der Mitspielenden nehmen (dafür erhalten diese gegebenenfalls eine Belohnung). Das bringt einen kleinen Kniff mit ins Spiel und gefällt mir grundsätzlich ganz gut. Leider kann dies aber auch zu einer höheren Downtime führen, da größere Überlegungen notwendig werden und sicheres Planen nicht so möglich ist, wie wenn ich nur meine eigenen Würfel einsetzen darf.

Apropos Downtime. Die ist leider bei unseren Runden recht groß gewesen. Ob zu zweit oder zu viert. „Encyclopedia“ dauerte, obwohl die Regeln nicht kompliziert sind, für mich und meine Mitspielenden etwas zu lange. An sich ist die Idee schön, mit Siegeln und Münzen die Würfel verändern zu können. Auch dass man unterschiedliche Punkte für die Erforschung einzelner Bereiche auf den Tierkarten benötigt, ist grundsätzlich keine schlechte Idee. Aber das führt zu einer langen Überlegerei und Rechnerei. „Wenn ich diese Tiere in diesen Kategorien erforschen will brauche ich ... Moment ... 24 Punkte. Wie viel habe ich denn nochmal? Blauer 5er-Würfel. Ah, mit dem Experten habe ich für blaue Würfel zwei Augen mehr. Dann für den Einsatzplatz habe ich noch 1 zusätzlichen Punkt. Ich brauche also noch 16 Punkte. Wie viel Siegel (2 Punkte) und Münzen (1 Punkt) habe ich. Rechnen. Ah Mist, reicht nicht. Dann erforsche ich vielleicht lieber nur das. Wie viel Punkte brauche ich da? Wie viel Münzen hatte ich noch nochmal? ...“ Puh das kann dauern. Und zwischen den Zügen planen, gestaltet sich dann auch noch schwierig, da ich nicht weiß, ob mir die weiteren Mitspielenden Karten oder eben die Würfel wegschnappen.


Fazit: „Encyclopedia: Forschungsreise ins Tierreich“ gefällt mir thematisch und optisch richtig gut. Die Regeln sind nicht kompliziert, und ich kann praktisch immer was Sinnvolles mit den Würfeln anfangen. Für mich ein großes Plus. Ein weiteres Plus für gemischtsprachige Gruppen: Das Spiel ist sprachneutral und einfach zu erklären. Die Rechnerei mit den Siegeln und Münzen haben mir allerdings nicht so zugesagt. Ein bisschen mehr Infos auf den Karten zu den Tieren hätte ich mir gewünscht, auch wenn ich (wie bei „Flügelschlag“ oder „Erde“) nicht immer alles lese und mir merke. Gerade während der Downtime aber eine Möglichkeit, sich noch zu bilden und zu beschäftigen. Ich würde „Encyclopedia: Forschungsreise ins Tierreich“ gern mehr mögen und werde es daher bestimmt nochmal spielen. Wer Würfeleinsatzspiele und das Thema mag, Geduld mitbringt und wem viel rechnen nichts ausmacht, der sollte sich das Spiel aber durchaus mal anschauen und probespielen.

Encyclopedia: Forschungsreise ins Tierreich
Brettspiel für 1 bis 4 Spielende ab 12 Jahren
Eric Dubus, Olivier Melison
Holy Grail Games/Asmodee 2023
EAN: 4015566604438
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 59,99

bei amazon.de bestellen