von Frank Stein
„Dune – Imperium: Uprising“ ist ein kompetitives Euro-Game für 1 bis 4 (6) Personen ab 13 Jahren, das Deck-Buildung- und Worker-Placement-Mechanismen miteinander kombiniert und einen Wettstreit um den Wüstenplaneten Arrakis zum Thema hat, aus dem triumphierend hervorgeht, wer zuerst zehn Siegpunkte errungen hat. Dabei ist „Uprising“ einerseits, wie gesagt, ein eigenständiges Spiel, andererseits eine Erweiterung für „Dune – Imperium“, wobei das so nicht ganz richtig ist. Korrekter wäre von einem Nachfolger zu sprechen, denn auch wenn „Uprising“ viele neue Inhalte bietet (Anführer, Intrigenkarten, Imperium-Karten), ist es sinnvoller, das „Imperium“-Material in „Uprising“ einzumischen als anders herum. Aber dazu später mehr.
Tatsächlich ist „Uprising“ eine Art „Imperium 1.5“, eine leicht verbesserte Version des ursprünglichen Spiels. Aber wer das alte Spiel kannte, der wird auch mit dem neuen sofort zurechtkommen, denn die Änderungen halten sich wirklich in Grenzen.
Was ist in der Box?
Das Spielmaterial entspricht in allen Belangen dem bereits aus den Vorgängerboxen Bekannten. Das Spielbrett ist faltbar, robust und sieht gut aus. Die Anführerkarten bieten neun neue Anführer, darunter Persönlichkeiten wie Imperator Shaddam Corrino IV., Prinzessin Irulan, Lady Jessica Atreides und Feyd-Rautha Harkonnen. Sie sind nach wie vor nur auf dünne Pappe gedruckt, aber verfügen praktischerweise auf der Rückseite über eine Zugübersicht. Die Ressourcen Wasser, Spice und Solari bestehen aus kleinen Holzmarkern, die 69 Imperium-Karten (meiner stichprobenartigen Überprüfung zufolge alle neu) sind allesamt hübsch illustriert. Dazu kommen 44 (auch neue) Intrigenkarten, persönliche Spielmarker aus Holz in vier Farben und diverse weitere Pappmarker. Das sieht alles durchaus hübsch auf dem Tisch aus.
Etwas verwirrt wird man durch den Umstand, dass die vier neuen Sandwürmer als Holzmarker und Plastik-Miniaturen beigelegt wurden. Auf der einen Seite ergeben die Plastik-Miniaturen Sinn, denn es gibt für „Imperium“ eine Deluxe-Ergänzung mit Plastik-Miniaturen, die die Holzmarker ersetzen. Auf der anderen Seite fehlen dann zum vollständigen Plastik-Glück aber noch die neuen Spion-Figuren sowie das Spielmaterial für die epischen 6-Spieler-Partien. Ich erwarte hier eine kleine Zusatz-Box im Dire-Wolf-Shop in absehbarer Zukunft.
Im Bereich Regeln bekommt man gleich vier große, quadratische Hefte geboten. Im ersten befinden sich die kompletten Regeln für das Standardspiel mit drei bis vier Personen. Das Layout ist aufgeräumt und alles recht schnell zu finden. Farbige Kästen weisen dabei immer wieder auf die kleinen Unterschiede zwischen „Imperium“ und „Uprising“ hin, die vor allem Kenner interessieren. Am Ende findet sich noch eine vorbildliche Erklärung, wie man „Uprising“ mit den drei existierenden Spielen mischt. Auf der Rückseite des Hefts werden Symbole und Begriffe erläutert, was sehr hilfreich zum flotten Nachschauen während einer Partie ist. Ebenso hilfreich ist die separate Spielfeldübersicht, die die einzelnen Felder auf dem Spielbrett nochmal kurz erläutert. Die zwei übrigen kurzen Hefte behandeln dann das Solo-Spiel beziehungsweise 2-Spieler-Duell sowie den epischen Wettstreit mit sechs Leuten.
Wie wird’s gespielt?
Zu Spielbeginn wählen sich alle am Tisch je einen Anführer aus. Danach erhält man noch zwei Agenten, drei Spione sowie ein für alle identisches Startdeck aus 10 Imperium-Karten. Außerdem Kontrollmarker, einen Kampfmarker, zwei Scheiben (für die Siegpunkteleiste und den Hohen Rat) und 16 Würfel, die als Soldaten sowie als Marker auf den Einflussleisten der vier Fraktionen dienen.
Das Spielprinz ist extrem eingängig. Gespielt wird in Spielrunden zu je fünf Phasen: Rundenbeginn, Spielzüge (Agentenzug/Aufdeckzug), Kampf, Sandwürmer und Rückruf. Zu Rundenbeginn wird eine Karte vom Konfliktstapel aufgedeckt. Diese gibt die Belohnungen für einen Sieg im Kampf in dieser Runde an. Außerdem zieht man fünf Karten von seinem persönlichen Imperiums-Kartenstapel auf die Hand. Danach folgen die Spielzüge im Uhrzeigersinn, beim Startspieler beginnend. Ist man am Zug, kann man einen Agentenzug durchführen und/oder einen Aufdeckzug. Bei einem Agentenzug muss man eine der Handkarten auslegen. Diese gibt durch Symbole am linken Rand nicht nur an, auf welche Art von Spielbrett-Felder der eigene Agent gestellt werden darf. Die Karte bietet zusätzlich meist einen Effekt im „Agentenbereich“ der Karte, etwa das Angebot, eine Intrigenkarte zu ziehen, wenn man in diesem Zug einen Spion zurückruft.
An Feldern gibt es einerseits Kampfschauplätze auf Arrakis, andererseits vier Fraktionen (den Imperator, die Raumgilde, den Bene-Gesserit-Orden und die Fremen) sowie den Landsraad und die MAFEA (die Merkantile Allianz für Fortschritt und Entwicklung im All). Je nachdem wo man seinen Agenten platziert, erhält man Ressourcen (Wasser, Spice, Solari), kann Soldaten rekrutieren, darf Intrigenkarten (spezielle Effektkarten) ziehen, zusätzliche Imperium-Karten vom eigenen Stapel auf die Hand nehmen usw. Die Fraktionsfelder lohnen sich dabei doppelt, denn man gewinnt bei Besuchen einer Fraktion dort Einfluss, was nach zwei beziehungsweise vier Schritten je mit einem Siegpunkt belohnt wird. Die Arrakis-Felder verstärken dagegen zusätzlich die eigenen Militärpräsenz auf dem Wüstenplaneten, was dann wichtig in Phase drei, dem Kampf, wird. Wichtig auch: Natürlich braucht man nicht nur das passende Symbol eines Felds, um einen Agenten dort platzieren zu dürfen, man muss auch die Feldkosten bezahlen, je nach Ort Wasser, Spice oder Solari.
Hat man keine Agenten mehr übrig, folgt der Aufdeckzug, bei dem man alle verbliebenen Handkarten aufdeckt und die Aufdeck-Effekte abhandelt. Man bekommt hier etwa Ressourcen, außerdem Kampfstärke-Boni und Überzeugung, von der man sich aus der Auslage oberhalb des Spielplans neue, stärkere Imperium-Karten kaufen darf, die das eigene Deck in den Folgerunden in typischer Deck-Building-Manier spürbar aufwerten. Danach kommen alle Karten der Runde auf den Ablagestapel.
In Phase 3 folgt der Kampf. In jeder Spielrunde wird gekämpft. Um hier zu triumphieren (und mitunter schicke Belohnungen einzuheimsen), muss man genug Soldaten auf Arrakis haben, denn diese erhöhen die Kampfstärke in einem Konflikt, ebenso wie passende Intrigenkarten oder Karten, die im eigenen Aufdeckzug ausgelegt wurden. Besonders stark sind die Sandwürmer von Arrakis, die zu bändigen jedoch mehrere Schritte der Vorbereitung bedürfen. Dann wird schlichtweg ausgezählt. Die Person mit der höchsten Kampfstärke gewinnt. Je nach Anzahl an Mitspielenden werden auch Zweit- und Drittplatzierte belohnt. Nur der oder die Letztplatzierte geht jeweils völlig leer aus. In Phase 4 „Sandwürmer“ entsteht neues Spice auf bestimmten Feldern. Und in Phase 5 „Rückruf“ werden die Agenten zurückgeholt und der Startspieler-Marker weitergegeben – sofern niemand bereits 10 Siegpunkte errungen hat.
Der ganze Mechanismus ist gut und einfach zu begreifen. Dennoch ist das Spiel eher für Kenner als für Kinder. Durch die enge Verzahnung der Mechanismen und den kompetitiven Charakter muss man wirklich knobeln, was man mit seinem Zug anstellt. Denn gefühlt fehlt es immer an irgendetwas, entweder an Ressourcen oder Soldaten oder schlicht an Siegpunkten.
Noch ein paar Worte zum Solo-Modus. „Dune – Imperium“ wird regulär, wie erwähnt, zu dritt oder zu viert gespielt. Im Solo-Modus oder zu zweit kommen zusätzliche Haus-Hagal-Karten ins Spiel, die jede Runde gezogen werden und zufällig bestimmen, was der Rivale oder die Rivalen (ebenfalls kleine Karten) anstellen, um zu gewinnen. Durch gute Kampfboni und ein häufiges Aufsteigen auf der Fraktionsleiste sind die Rivalen dabei durchaus gefährlich. Auch können sie alle Ressourcen in Siegpunkte eintauschen, sodass man teilweise von ihrem rasanten Voranpreschen überrascht wird.
Was ist neu, was ist anders?
Wirklich neu sind vor allem drei Dinge in „Uprising“. Zum einen wurden die Sandwürmer eingeführt, die im Kampf rekrutiert werden können. Sie sind nicht nur stärker als Soldaten, sie bieten vor allem doppelte Belohnungen an, wenn man in dem Kampf eine Belohnung erhält. Allerdings muss man sich vorher die Gunst der Fremen erspielen, dann im Siech Tabr einen Haken besorgen und dann noch in der Tiefen Wüste oder im Hagga-Becken einen Wurm fangen. Machbar, aber etwas aufwändiger.
Zweitens wurden die Spione neu eingeführt. Diese drei Marker kann man, wenn es ein Effekt erlaubt, auf spezielle Beobachtungsposten stellen, die mit ein bis zwei Spielfeldern verbunden sind. Dort haben sie zwei Effekte. Zum einen kann man sie zurückziehen, wenn man einen eigenen Agenten auf ein verbundenes Feld stellen will, das eigentlich schon durch einen anderen Agenten blockiert wird. Das kann durchaus praktisch sein. Man kann sie auch zurückziehen, um eine Karte vom Deck auf die Hand zu ziehen, was ebenfalls wichtig sein kann. Sowohl die Spione als auch die Würmer sorgen für noch mehr taktische Finesse, ohne das Spiel zu überfrachten.
Zuletzt wurde ein kleines Bonus-Modul hinzugefügt. Man kann nun Aufträge der MAFEA übernehmen, wenn man einen Agenten auf das entsprechende Feld platziert. Die Aufträge haben jeweils eine Anforderung (etwa einen Agenten auf ein spezielles Feld zu setzen) und eine Belohnung. Manche Karten beziehen sich auch auf gelöste Aufträge. Es wird empfohlen, das Modul anfangs erst einmal wegzulassen, wir haben es aber direkt eingebunden – und es hat das Spiel kaum beeinflusst. Zu selten lohnt es sich wirklich, Aufträge zu lösen. Andere Felder sind meist akut wichtiger.
Lohnt sich die Anschaffung?
Wer Spiele dieser Art – kompetitiv, SF-Setting, Euro-Game-Mechaniken – mag, dem kann ich „Dune – Imperium: Uprising“ nur empfehlen. Das Spiel ist wirklich spannend und sorgt für einen dramatischen Wettstreit, der mitunter wirklich erst im letzten Moment entschieden wird. Dabei greifen die Mechaniken so wunderbar harmonisch ineinander und es gibt so viele Handlungsoptionen, dass man fast nie das Gefühl hat, einen Zug völlig verschwendet zu haben. Wer bereits „Dune – Imperium“ besitzt, der muss natürlich abwägen. Denn „Uprising“ ist im Prinzip kein anderes Spiel. Es ist bloß eine Aktualisierung und leichte Verbesserung. Kauft man sich „Uprising“ dazu, wird man „Imperium“ nie mehr für sich spielen wollen. Dann hat man nur die Wahl, das alte Spiel zu veräußern oder die verwertbaren Teile (Anführer, Intrigenkarten, Imperium-Karten) in „Uprising“ einzumischen und den Rest wegzuräumen. Die „Uprising“-Teile in „Imperium“ einzumischen, geht deshalb nicht wirklich gut, weil etliche Karten auf die neuen Mechanismen Spione und Sandwürmer Bezug nehmen.
Fazit: „Dune – Imperium: Uprising“ ist eine gelungene Aktualisierung und Verbesserung des schon sehr guten Spiels „Dune – Imperium“. Würde ich vor die Wahl gestellt, welches der beiden Spiele ich kaufen wollte, würde ich definitiv zu „Uprising“ greifen. Besitzer von „Imperium“ müssen halt abwägen, ob sie ihr altes Spiel durch „Uprising“ ersetzen wollen, ob sie die „Imperium“-Inhalte in „Uprising“ einmischen möchten oder ob sie einfach mit ihrem Spiel zufrieden sind – denn unterm Strich ist das Spielprinzip von „Uprising“ absolut gleich geblieben.
Dune – Imperium: Uprising
Brettspiel für 1 bis 4 (6) Spieler ab 13 Jahren
Paul Dennen
Dire Wolf/Asmodee 2024
EAN: 4015566605350
Sprache: Deutsch
Preis: 60,00 EUR
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