von André Frenzer
Das Sternental liegt am äußersten Rand des Svelltlandes. Hier gingen zum Zeitpunkt des Sternenregens unzählige Sternschnuppen nieder, was – natürlich – einen Haufen Glücksritter auf der Suche nach seltenen Sternenmetallen in die Steppe lockte. Seither ist das Sternental besiedelt, doch der große Goldrausch ist vorbei. Ernüchterung macht sich breit, Siedlungen werden wieder aufgegeben und der letzte große Fund ist lange vorbei.
Vor diesem Hintergrund erzählt „Die Schilfscharade“ die Geschichte eines Alchemisten, Radko Windbüdel, der in Lowangen eigentlich ein friedliches Leben führte – bis ihn die Spielsucht packte. Er häufte einen Berg Schulden an und sah sich schließlich gezwungen, die Stadt zu verlassen. Er ließ sich unter falschem Namen in Bryns Rast, einem kleinen Weiler im Sternental nieder und wollte eigentlich nur untertauchen. Allerdings entdeckte er schon bald im Schilf eines nahen Sees Kairan, magisches Schilf, welches er teuer an die Magierakademien in Lowangen verkaufen könnte. Radko schmiedet nun einen finsteren Plan, um die anderen Siedler – die er als unliebsame, potenzielle Konkurrenten betrachtet – zu vertreiben. Mithilfe seiner alchimistischen Fähigkeiten und seines verschlagenen Goblin-Gehilfen sorgt er für Anschläge, seltsame Erscheinungen und durchdrehende Tiere.
Für die – wahrscheinlich eher zufällig des Weges kommenden – Helden gibt es also Einiges zu entdecken. Denn natürlich hinterlässt der Alchimist bei jeder neuen Attacke auf die Dorfbewohner Spuren, die es zu finden und richtig zu deuten gilt. Autor Henning von Bassi legt das Abenteuer dabei angenehm offen an, reduziert es auf Szenen und Personen und ermöglicht so der Spielleitung problemlos, auf die Handlungen der Helden zu reagieren. Auch die vorgestellte Riege von Nichtspielercharakteren weiß zu gefallen. Diese sind zwar teilweise klischeebeladen, unterstützen aber die angestrebte Stimmung einer werdenden Geisterstadt im Wilden Westen ganz hervorragend. So kann ich gut mit den vorgestellten Stereotypen – zum Beispiel den gottesfürchtigen Dualisten, der raubeinigen Gasthausbetreiberin oder der moralisch anfälligen Verwahrerin – umgehen. Auch das Ende des Abenteuers bleibt bewusst offen – vielleicht lässt sich ja sogar ein guter Deal rund um das wertvolle Kairan aushandeln?
Im Vergleich zu so manchem Kriminal-„Heldenwerk“, dem ich Platzmangel vorwerfen musste, ist der offene Aufbau der „Schilfscharade“ für den vorhandenen Platz die richtige Wahl. Allerdings ist das vorgestellte Abenteuer auch nicht übermäßig komplex, sodass es auch unwahrscheinlich ist, dass sich die Helden zu sehr in die falsche Richtung verrennen. Mit seinem Lokalkolorit und der überschaubaren Handlung ist es definitiv ein gelungener Ausflug in das eher selten besuchte Svellttal.
Optisch erwarten den Leser keine großen Überraschungen. Wie üblich haben einige wenige Charaktere Illustrationen spendiert bekommen, und es gibt auch eine kleine – wenn auch nicht mit dem Text übereinstimmend beschriftete – Dorfkarte. Die wenigen Illustrationen passen gut zu der angestrebten Stimmung.
Fazit: „Die Schilfscharade“ bietet einen überschaubaren Handlungsrahmen, der gut aufbereitet und mit reichlich Lokalkolorit angereichert wurde. Alles in allem empfehlenswert.
Die Schilfscharade (Heldenwerk)
Abenteuerband
Henning von Bassi
Ulisses Spiele 2025
16 S., Softcover, deutsch
Preis: 5,95 EUR
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