Die Inseln im Nebel

Mit dem Heißluftballon geht es auf Erkundungstour über eine gar nicht so kleine Insel. Man fliegt über grüne Wiesen und gezackte Berge, entdeckt königliche Monumente und unbekannte Städte. Dabei sind alle dem Wind ausgeliefert, und nur wer seine Route gut im Blick hat und nicht unnötig gegen den Wind ankämpft, hat eine Chance zu gewinnen.

von Kai Melhorn

Alle Spieler starten auf einer eigenen unbekannten Insel mit ihrem Heißluftballon auf eine Erkundungsmission. Sie lassen sich vom Wind darüber treiben und setzen zur Not Motoren ein, um den Elementen nicht gänzlich ausgeliefert zu sein und den Kurs ein wenig beeinflussen zu können. Doch die Energie ist begrenzt und man kann nicht immer den Weg nehmen, den man sich vorstellt. Durch die Fernrohre erspähen die Kapitäne dieser seltsamen Vehikel schon die fernen Landschaften, die es zu erkunden gilt. Also nimmt man sie fest in den Blick und versucht Routen von der Station in der Mitte der Insel zu den Küsten zu finden. Diese sollten möglichst harmonisch sein, denn am meisten Punkte erhält man, wenn die erkundeten Landschaften gut zusammen passen.

Auf das Thema darf man hier wirklich nicht genauer schauen, denn es ergeben sich viele Fragen und Ungereimtheiten. Denn normalerweise richtet sich eine Landschaft nicht nach ihrem Erkunder und warum man für große Landschaften Punkte bekommt, bleibt ein Rätsel. Dies allerdings gilt für so viele Plättchenlegespiele, nur scheint es mir durch die thematische Einbettung in diesem Falle besonders offensichtlich.

Das Spiel richtet sich an Familien und ist für Kinder ab 8 Jahren in einer Zeit von rund 45 bis 60 Minuten gut spielbar. Das auf der Packung angegebene Mindestalter von 10 Jahren finde ich ein wenig zu hoch gegriffen, denn der Spielablauf ist recht einfach gehalten und auch etwas jüngere Kinder werden ohne weiteres mitspielen können.

Das Material

Es gibt einen großen Haufen Plättchen, die während es Spiels aus einem qualitativ schönen Säckchen gezogen werden, zwei Würfel, vier farbige Holzballonmodelle, einen Wertungsblock und dazu noch Spielertafeln aus Pappe. Zum Glück sind diese aus Pappe und folgen nicht dem Trend, diese aus dickem Papier bereitzustellen. Das grafische Design ist farbenfroh, hübsch und alle Symbole sind gut erkennbar sowie klar in der Funktion. Auf der anderen Seite wird man beim ersten Anblick des Materials auch nicht gerade überwältigt, ich würde es alles in allem als äußerst solide und hübsch einstufen.



Die Regeln sind einfach geschrieben und sehr übersichtlich präsentiert. Selbst die ein wenig komplizierteren Regeln für die Punktevergabe sind mit ausreichend Beispielen bebildert und können mit Hilfe des Wertungsblocks am Ende des Spiels wunderbar abgearbeitet werden. Für mich stellt dieses Spiel wieder einmal unter Beweis, wie viel wert es ist, wenn eine erfahrene Redaktion die Materialien auswählt und die Texte sowie das Layout gestaltet.

Ein zusätzlicher Pluspunkt ist der modulare Aufbau des Spiels. Denn hat man ein paar Erfahrungen gesammelt, kann man noch ein oder sogar beide enthaltenen Module mit zum Spiel hinzunehmen. So bekommt man noch die eine oder andere taktische Feinheit mit hinzu, ohne die Familienfreundlichkeit zu gefährden.

Das Spiel

Das Ziel des Spiels ist es, die eigene Insel zu erkunden und dabei die ausliegenden Landschaftsplättchen so geschickt auszuwählen und zu platzieren, dass Landschaft möglichst homogen gestaltet wird. Die sechseckigen Inseln werden an jeder Küste von einem anderen der sechs Landschaftstypen geprägt und jeder Spieler möchte möglichst große Flächen desselben Typs ohne Unterbrechungen bauen, da es dafür Punkte gibt. Damit dies gelingt, muss der Heißluftballon über die Insel gesteuert werden, um sie an bisher unbekannten Orten zu erkunden.



Dafür wird jede Runde die Windrichtung ermittelt, und je nachdem, wo der Spieler den Ballon letztes Mal geparkt hat, wird er nun eine festgelegte Anzahl von Feldern weit getrieben. Um dies zu beeinflussen, kann der Spieler Energie ausgeben, die es ihm erlaubt, zu bremsen oder zu beschleunigen. Er kann sogar die Flugrichtung ändern, aber dies kostet jede Menge der kostbaren Energie, die nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. Zudem blickt er jede Runde durch sein Fernrohr und darf sich bis zu drei Landschaftsplättchen nehmen, die er zunächst in den eigenen Vorrat legt.

Nachdem der Ballon bewegt wurde, darf er nun die Landschaft um ihn herum erkunden und somit die Plättchen auslegen. Neben den normalen Landschaftsplättchen gilt es noch Monumente und Städte zu entdecken, gefährliche Vulkane abzudecken (sonst gibt es am Ende Minuspunkte) und noch diverse weitere Sonderfelder und -plättchen zu verarbeiten. Auch durch die Module kommen noch weitere Elemente hinzu, die für die Entscheidungen über den nächsten Zug wichtig sind. So geht es Runde um Runde, bis schließlich das Spielende und die Schlusswertung eingeläutet wird.

So fühlt es sich an

„Inseln im Nebel“ ist ein Spiel, das von Runde zu Runde lebt. Es liegen neue Plättchen aus, der Wind kommt aus einer anderen Richtung und der Energiehaushalt ist sowieso immer im Auge zu behalten. Nur wenige Entscheidungen gehen spürbar in eine langfristige Strategie ein. Die Interaktionsmöglichkeiten sind übersichtlich, denn jeder baut seine eigene Insel zusammen. Natürlich gibt es die gemeinsame Auslage und insbesondere im Spiel zu zweit kann man auch eine Wahl treffen, die dem anderen eine Chance verbaut, wenn man selbst keine attraktiven Möglichkeiten hat.



Ein schönes Element wurde durch die Würfel in das Spiel eingebracht. Der Spieler, der sich als letztes in der Auslage der Plättchen bedienen darf, würfelt die Windrichtung und einen Rundeneffekt aus. Gefallen ihm die Ergebnisse nicht, so kann er einen oder auch beide Würfel nochmals werfen. Spätestens hier schaut man natürlich zuerst, ob man selbst mit der Windrichtung leben kann, es ist aber auch immer interessant, in welche Ecke der Insel der ärgste Konkurrent geblasen wird. So kann man zwar ein paar Nadelstiche setzen, aber durch Energie kann der Gegner die meisten kleinen Gemeinheiten kompensieren. So gibt es für jeden hin und wieder eine Phase im Spiel, wo es irgendwie nicht gelingen will in die richtige Ecke der Insel zu gelangen.

Zwei weitere Interaktionspunkte ergeben sich durch Monumente und das Auslösen des Spielendes. Da die Monumente über ein Mehrheitenprinzip gewertet werden, darf man den Gegner nie ganz aus den Augen lassen. Und schließlich kann man selbst ein Stück weit entscheiden das Ende des Spiels auszulösen, was man natürlich für den eigenen Vorteil nutzen kann, aber nicht muss. Also auch hier ist jederzeit Vorsicht geboten und zu schauen, was die anderen so treiben.



Wie man sieht gibt es viele kleine Berührungspunkte, obwohl das Spiel zunächst sehr solitär daherkommt. Keiner diese Berührungspunkte führt zu übermäßigem Frust oder zu langen Denkphasen, die den Spielfluss stören könnten. Diese Einfachheit ist optimal für Familien und kann je nach Lust und Laune durch die Module noch etwas erweitert werden. Zügig spielt sich Runde für Runde dahin und der spannende Abschluss mit der Auszählung zeigt, dass oft nur wenige Punkte über den ersten Platz dieser Erkundungstour entscheiden.

Fazit: „Inseln im Nebel“ ist ein Familienspiel durch und durch. Es gibt keine langen Wartezeiten, die Spieldauer ist für größere Kinder gut zu stemmen und man hat oft ein gutes Gefühl, wenn man eine Reihe Plättchen platzieren kann. Das Thema ist harmlos und nett und dabei schön anzusehen. Auch bei Erwachsenen kommt es gut an und kann gut gespielt werden, wenn es etwas leichtere Kost sein darf.

Die Inseln im Nebel
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 10 Jahren
Volker Schächtele
Schmidt Spiele 2019
EAN: 4001504493660
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 32,49

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