Diamant

„Diamant“ ist letzten Herbst neu erschienen bei Pegasus Spiele. Als Abenteurer giert man auf Höhlenerkundungstour den glitzernden Rubinen und den namensgebenden Diamanten hinterher. Leider hat irgendwer Fallen in den Tacorahöhlen installiert. Und das macht das mit der Gier kompliziert …

von LarsB

„Diamant“ ist kein neues Spiel. Bereits 2005 hat es bei Schmidt Spiele das Licht der Spielewelt erblickt und es direkt auf die Empfehlungsliste zum Spiel des Jahres 2005 geschafft. International hat „Diamant“ oder auch „Incan Gold“ einige Preise abgeräumt. Wie fühlt sich ein mittlerweile fast 20 Jahre altes Familienspiel-Design an? Wir schauen nach, wie dick die Staubschicht in den Tacorahöhlen ist!

Das Spielmaterial

In der kompakten Spieleschachtel sind weitere acht bunte Schachteln zu finden, wenn man sie dann mal zusammengebaut hat. Das funktioniert ohne Probleme schnell und gut. Und dann erkennt man: Die Schachteln sind wirklich liebevoll gestaltete Schatzkisten. Dann funkeln einen auch schon ein Haufen Rubine und Diamanten an. Das ist toll gemachtes Zeug – genauso wie die Holzfiguren, die alle unterschiedlich gestaltet sind. Ein Kartendeck, ein paar Plättchen und ein Mini-Spielplan runden das Material ab. Die Qualität der Komponenten ist grundsolide und überrascht bei dem am Markt aufgerufenen Preis. Die UVP liegt bei knapp 20 Euro. Die Illustrationen sind comicartig, modern und ansprechend. Hier fühlt sich nichts altbacken oder staubig an. Die Anleitung ist zeitgemäß. Das Spiel lässt sich mit Hilfe der Anleitung schnell erschließen – es ist aber auch wirklich einfach.

Der Spielablauf

Kommen Sie näher, liebe Höhlenabenteurer! Der Eingang eins der Tacorahöhlen ist nun geöffnet und verspricht funkelnde Beute. Begeben Sie sich Schritt für Schritt tiefer in die Gänge und treffen dort auf viele Edelsteine. In unseren allgemeinen Geschäftsbedingungen finden Sie (im Kleingedruckten), dass es leider nicht ausgeschlossen werden kann, auf Fallen zu treffen. Unterschiedliche Fallen. Aber keine Panik. So eine Falle löst glücklicherweise erst aus, wenn sie ein zweites Mal auftaucht. Bis dahin dürfen Sie alle Schätze behalten! Ehrlich!

Die Spieler decken also wiederholt Karten auf und legen sie an den bisher erkundeten Höhlengang an. Wird eine Schatzkarte aufgedeckt, erhalten alle beteiligten Abenteurer den gleichen Edelsteinanteil. Übrige Edelsteine werden erstmal im Höhlengang abgelegt. Nach Verteilung der Beute wird nun jeder Spieler gefragt, ob er tiefer in die Höhle hineinsteigen oder raus auf den Campingplatz in den sicheren und kuscheligen Schlafsack gehen will. Dazu legen alle Spieler gleichzeitig und verdeckt eine von zwei Karten verdeckt aus, die ihr weiteres Vorgehen auf dieser Schatzjagd anzeigen.

Eingesammelte Edelsteine werden allerdings nicht direkt in die Schatzkiste gelegt. Die befindet sich im Camp. Und so kann die Beute auch erst sicher verstaut werden, wenn man das Camp erreicht hat. Wird die Fallenkarte eines bestimmten Typs ein zweites Mal aufgedeckt, müssen alle Spieler, die sich noch in der Höhle befinden, ohne Rubine und Diamanten zurück ins Base Camp. Das hatte man schließlich so unterschrieben. Und es steht in den Spielregeln.

Gut getimtes Umkehren ist also der Schlüssel zum Erfolg. Die Rückkehrer sammeln auf ihrem Weg zurück ins Camp noch alle liegen gebliebenen Edelsteine aus der Höhle auf. Kehrt ein Abenteurer allein zurück, darf er sich sogar bis dahin aufgedeckte Relikte mitnehmen.

Nach fünf Schatzsuchen ist dann Schluss. Dann werden alle Schatztruhen geöffnet und der erfolgreichste Schatzsucher wird zum Gewinner ausgerufen.

Das Spielgefühl

Wir haben hier ein lupenreines Push-your-luck-Spiel vor uns – eines mit Eskalationsfaktor. Bleibe ich laaaange in den Höhlengängen, bin ich schlussendlich alleine. Die dann aufgedeckten Schätze muss ich dann nicht mehr teilen. Alles meins! Nur leider bleiben die Schatzsucher zusammen, wenn noch keine große Gefahr in der Höhle herrscht. Es sei denn, dass sich auf dem Rückweg schon ein großer Haufen Edelsteine angesammelt hat. Es wäre ja zu dumm, wenn ich mir diese Steine mit einem Mitabenteurer teilen müsste … Und wenn da dann auch noch Relikte (aus einem Spielmodul) auf dem Rückweg liegen, dann will ich ja erst recht allein zurück.

Die einzelnen Höhlenerkundungen können eine vollkommen unterschiedliche Dynamik haben. Im Extremfall sind sie vorbei, ehe sie angefangen haben. Dann gibt es wieder Durchgänge, in denen sehr viele Edelsteine ausgeschüttet werden. Dadurch, dass eine Falle für die Folgerunden entfernt wird, wenn sie ausgelöst hat, eskaliert das Spiel tendenziell in späteren Spielerunden.

Am Ende kann aber niemand vorhersagen, wann der beste Zeitpunkt gekommen ist, sich aus dem Höhlen-Staub zu machen. Und dieser Zeitpunkt hängt nicht nur vom Kartenglück ab, sondern auch vom Verhalten, genauer, der Gier der Mitspieler.

Und so können sich ganz packende Schatzsuchen ergeben, in denen alle Abenteurer auf der Stuhlkante sitzend ihre Fingernägel abkauen. Es ist dann jedes Mal ein großes Hallo, wenn die Entscheidungskarten aufgedeckt werden. „Du machst echt noch weiter?!“ „Waaas? Wieso willst Du auch schon zurück. Jetzt kriegt keiner von uns die Relikte!“ Und es ist so ein unbeschreiblich gutes Gefühl, genau im richtigen Moment umgekehrt zu sein, weil auf der nächsten Karte eine Falle auslöst oder man den Haufen Edelsteine und Relikte auf dem Rückweg ganz allein in seine Truhe werfen darf. Das löst Emotionen aus, positive wie negative. Das sollte man bei der Zusammensetzung der Spielerunde beachten. Meine Tochter war jedenfalls tief frustriert, dass sie in drei aufeinander folgenden Runden eine Falle ausgelöst hat und alle bisher gesammelten Edelsteine auf dem Weg ins Camp zurück in den Vorrat legen musste. Sie konnte nichts dafür. Sie hatte eben nur Pech. Aber das ist eben der Charakter eines Push-your-luck-Spiels. Da kauft man Glück und Pech als Teil der Spieleschachtel mit ein.

Eine Partie dauert nicht zu lang, auch mit größerer Spieleranzahl nicht. „Diamant“ zeigt aufgrund des Faktors Mitspielerverhalten seine Stärke ab vier Spielern.

Fazit: „Diamant“ von Pegasus Spiele ist ein Push-your-luck Klassiker. Es löst Emotionen aus und in passender, frust-resilienter Runde breiten sich Partien mit Herzschlagmomenten vor einem aus, an die man noch einige Tage denken wird. Ein großes Hallo mit einem so einfachen Design. Alt ist eben nicht immer oll. Erst recht nicht nach so schöner Politur durch Pegasus. Staub habe ich jedenfalls nicht gefunden.

Diamant
Brettspiel für 3 bis 8 Spieler ab 8 Jahren
Alan R. Moon, Bruno Faidutti
Pegasus Spiele 2024
EAN: 4250231740671
Sprache: Deutsch
Preis: 19,99 EUR

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