von Alice
Einst war der Halbvampir Gabriel ein Held, dann wurde er zu einem griesgrämigen Alkoholiker. Inzwischen befindet er sich in Gefangenschaft eines Vampirs und erzählt seine Lebensgeschichte. Er setzt die Geschichte an der Stelle fort, als er Dior, die auch der „Gral“ genannt wird, vor dem Tod bewahrt. Dadurch werden einstige Freunde jedoch zu Feinden, weshalb er mit seiner Schwester Celene und Dior flieht. Vampire, Halbvampire und weitere Gefahren machen eine Hetzjagd auf die Gruppe. Celene führt Gabriel und Dior zu einem Esani, einer der wenigen Vampire, die aus Gabriels seltener Blutlinie abstammen. Dort hofft Gabriel, mehr über sich selbst zu erfahren und auch herauszufinden, wie Dior den Tagestod beenden kann. Problematisch ist jedoch, dass er Celene nicht gänzlich vertraut, was sich als besonders fatal herausstellt, als er von der Gruppe getrennt wird und Dior seiner Schwester anvertrauen muss.
Wie bereits im ersten Band liest man abwechselnd von der Zeit in der Gefangenschaft und aus der Perspektive von Gabriel als Ich-Erzähler, sobald er von seiner Vergangenheit erzählt. Neu ist, dass ein weiterer Erzähler hinzukommt, wodurch man neue Szenen und teilweise auch dieselben Szenen aus einer anderen Sichtweise erlebt. Insgesamt handelt es sich weiterhin um eine düstere Geschichte mit reichlich brutalen Szenen und überraschenden, teils schockierenden Wendungen. Die Ausdrucksweise ist häufig derb, was vor allem an Gabriels Vorliebe fürs Fluchen liegt, eine Marotte, die immer wieder für Unterhaltung sorgt.
Bei über 1000 Seiten pro Buch freut sich jeder Vielleser, der gerne tief in eine Geschichte eintaucht, und da noch mindestens eine Fortsetzung folgen wird, gibt es weiterhin viel zu erleben. In Band eins war man lange damit beschäftigt, in der Welt anzukommen und ihre Eigenheiten zu verstehen, inzwischen sind diese vertraut, sodass man sogleich loslegen kann. Sollte man sich nicht mehr an alle Details des vorhergehenden Bandes erinnern, empfiehlt es sich, die Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse durchzulesen. Insgesamt liest sich die Geschichte deutlich flüssiger als der erste Band, da es diesmal weniger Zeitsprünge gibt.
Offene Fragen werden teilweise beantwortet, teilweise lässt die Auflösung weiterhin auf sich warten, was Neugierde weckt. „Das Reich der Verdammten“ endet mit einem Cliffhanger, der viel Spekulationsfreiraum lässt. Zudem besteht der Verdacht, dass es bereits einige Andeutungen und doppeldeutige Formulierungen gibt, die Hinweise geben. Dies verleitet zum Grübeln, sobald man den Roman fertig gelesen hat.
Das Buch liegt als hochwertiger Hardcover mit Schutzumschlag vor. Wer zu denjenigen gehört, die beim Lesen den Schutzumschlag gerne abnehmen, dem wird auffallen, dass das Buch selbst ebenfalls sehr ansprechend gestaltet ist. Schlägt man die erste Seite auf, erhält man sogleich eine Karte, was bei einer solch umfangreichen Geschichte erfreulich ist. Eine Besonderheit sind zahlreiche, über den ganzen Roman verteilte, vollflächige Illustrationen, welche mit viel Liebe zum Detail und in einem Stil umgesetzt wurden, der noch lange in Erinnerung bleibt. Am Ende des Buches findet man eine weitere Karte, auf der dieses mal die Reiseroute eingezeichnet ist. Das ist eine gute Idee, diese nicht gleich am Anfang zu offenzulegen.
Fazit: Wer den ersten Band mochte, wird von „Das Reich der Verdammten“ begeistert sein. Die Geschichte liest sich nun deutlich flüssiger, und es gibt immer wieder neue Überraschungen. Trotzdem bleiben genug Fragen offen, um Neugierde auf die Fortsetzung zu wecken.
Das Reich der Verdammten (Das Reich der Vampire 2)
Fantasy-Roman
Jay Kristoff
Fischer Tor 2024
ISBN: 978-3-596-70042-4
1008 S., Hardcover, deutsch
Preis: 28,00 EUR
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