Cosmic Encounter

Der Weltraum … unendliche Weiten … Man sollte denken, dort gibt es Platz genug für alle. Falsch. In „Cosmic Encounter“ zeigt sich, dass das All nicht nur belebter ist als eine Fußgängerzone zum Sommerschlussverkauf, sondern dass dort auch in ähnlicher Manier um die Vorherrschaft gestritten wird – zwar nicht über den Wühltisch, aber über die Planeten der (bis zu) fünf bespielten Systeme. „Cosmic Encounter“ – der Brettspielklassiker von 1977 um Kampf, Diplomatie und wechselhafte Allianzen – ist jetzt in einer neuen Edition bei Fantasy Flight Games erschienen.

von Bernd Perplies

 

 

Schneidige 32 Jahre hat „Cosmic Encounter“ bereits auf dem Buckel. Erstmals wurde es 1977 von Eon Games in den USA veröffentlicht. Man konnte 15 verschiedene Alienrassen übernehmen, und es war für vier Spieler spielbar. Im Laufe der nächsten Jahre erschienen sage und schreibe neun Erweiterungen, die 60 neue Alienrassen, Monde, Sonderkarten und mehr in den Kampf um die Galaxis einbrachten. Zwischen 1986 und 2000 wurde „Cosmic Encounter“ dann vier Mal wiederveröffentlicht – von WestEnd Games, Games Workshop, Mayfair Games und Avalon Hill –, wobei jeweils die Zahl der Alienrassen, Spieler und Regeln mehr oder minder stark variiert wurden. 2008 nahm sich dann Fantasy Flight Games des klassischen Franchises an und setzte es mit typischer Bravour für eine neue Spielergeneration um.

„Cosmic Encounter“ ist ein Spiel um Dominanz im Weltraum. Drei bis fünf Spieler, die zu Beginn jeweils fünf Planeten ihres Heimatsystems sowie 20 Raumschiffe (die zugleich als Kolonien dienen können) besitzen, versuchen im Laufe mehrerer Spielrunden, Kolonien auf den Welten anderer Spieler zu errichten. Wer zuerst fünf Kolonien auf Fremdwelten errichtet hat, gewinnt das Spiel. Eingangs werden jedem Spieler zwei zufällige der 50 (!) Alienrassen zugeteilt, wovon er sich eine aussuchen darf, die er im Laufe der Partie verkörpern möchte. Die Rassen sind in den Farben grün, gelb und rot codiert, wobei die Farben die Komplexität der Rassenfähigkeiten angeben. Anfänger sollten sich zuerst an grünen Rassen versuchen, Profis greifen zu rot. Danach werden die „Cosmic Cards“ gemischt, die während der titelgebenden Encounter wichtig sind, und jeder Spieler erhält acht Karten.

Ein Spielzug verläuft immer gleich. Ein Spieler (genannt „Offense“) wählt via „Destiny Card“ einen zufälligen Gegner (genannt „Defense“) aus, mit dem er eine Begegnung hat. Hierzu deutet er mit einem Hyperspace-Gate-Marker auf einen Zielplanet des Gegners und wählt ein bis vier Angriffsschiffe aus (die aus eigenen Kolonien entnommen werden), welche auf den Planeten zufliegen. Der Verteidiger muss mit dem auskommen, was sein Planet an Schiffen zu bieten hat. Danach können beide „Main Players“ Allianzen mit den unbeteiligten Spielern eingehen, die daraufhin ein bis vier ihrer Schiffe einer Seite der Kontrahenten zufügen. Schließlich wählt jeder Spieler eine Cosmic Card aus seiner Hand, um sie während der Begegnung einzusetzen. Hierbei kann es sich um „Attack“-, „Negotiate“- und „Morph“-Karten handeln. Je nachdem, welche Karten am Ende enthüllt werden, kann es zu unterschiedlichen Ergebnissen der Begegnung kommen, von der gnadenlosen Invasion (wobei die Partei mit der höheren Kampfstärke gewinnt) bis zur friedlichen Lösung (wobei sich die Kontrahenten binnen 1 Minute gütlich einigen müssen). War die Begegnung für den Offense-Spieler erfolgreich, darf er eine zweite angehen, danach ist sein Nachbar zur Linken dran.

Dieser Rundenablauf wiederholt sich immer und immer wieder, bis ein Spieler fünf Fremdwelten-Kolonien errichtet hat. Das Spielprinzip ist im Kern also extrem einfach, das gesamte Regelwerk daher – FFG-untypisch – nur schlanke 16 Seiten dick, wobei davon nur acht Seiten reine Regeln sind. Seinen Reiz erhält „Cosmic Encounter“ durch die Alienrassen und ihre jeweiligen Spezialfähigkeiten. Jeder der 50 Rassen hat eine eigene „Alien Power“, die eine marginal andere Spielweise erfordert, um zu gewinnen. Durch die schiere Masse an Rassen in dieser Edition ist daher jede Partie von der jeweils anderen leicht verschieden. Der Wiederspielwert ist also enorm und wird auch durch die verhältnismäßig kurze Spielzeit von 1 bis 2 Stunden unterstützt. „Artifact“-, „Flare“- und „Tech“-Karten (letztere erstmals in das „Cosmic Encounter“-Spielprinzip eingeführt) sorgen dabei zusätzlich für unerwartete Entwicklungen von Spielzügen, indem sie beispielsweise die Spezialfähigkeiten der Alienrassen blocken, Sonderregeln für Kampf und Diplomatie einführen oder dauerhafte Spielvorteile bieten.

Fazit: „Cosmic Encounter“ ist ein Science-Fiction-Brettspielklassiker, dem Fantasy Flight Games in der neuen Edition mit sehr schönem Spielmaterial sowie einer (in einem Grundset) unerreichten Fülle an Alienrassen ein sehens- und spielenswertes Comeback verschafft. Das Spielprinzip ist rasch erlernt, die Interaktion der Spieler ein lobenswert wichtiger Bestandteil. Hierin liegt allerdings auch der einzige Nachteil von „Cosmic Encounter“. Da Allianzen elementar sind, um Unwägbarkeiten in Begegnungen zu bringen, macht das Spiel eigentlich erst zu fünft so richtig Spaß. Denn Allianzbildungen zu dritt oder viert neigen doch dazu, etwas eintönig zu sein. Wer aber so viele spielbegeisterte Freunde aufbieten kann und sich am besten noch ein wenig in seine Alienrasse hineinversetzt, wird mit „Cosmic Encounter“ viel und wiederkehrenden Spaß haben!


Cosmic Encounter
Brettspiel für 3 bis 5 Spieler
Bill Eberle, Jack Kittredge , Peter Olotka, Bill Norton
Fantasy Flight Games 2008
ISBN: 978-1-58994-496-1
Sprache: Englisch
Preis: $ 59,95

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