BRZRKR 2

Auf dem Cover posiert B Unute (im Comic oft nur „B“) mit einem Waffenarsenal aus verschiedenen Ländern und Zeitperioden. Ein modernes Sturmgewehr in der einen Hand, ein Morgenstern auf dem Rücken, Schwerter an der Hüfte und eine Piratenpistole in der anderen Hand. Warum das alles? Na, weil „B“ all diese Epochen durchlebt hat und er es einfach kann! Die Fortsetzung des Comic-Debüts von Keanu Reeves ist nun erschienen.

von Daniel Pabst

In „BRZRKR 2“ begleiten wir den „Kriegsgott“ auf einer Erinnerungsreise in seine Vergangenheit. Es offenbart sich uns, dass gewaltsame Konflikte ein stetiger Begleiter der menschlichen Spezies sind. Kriegerische Auseinandersetzungen alter Stämme, plündernde Nordmänner, Eroberungskriege des alten Roms, Feudalkriege in Japan oder die Kriege im Herzen Europas im 20. Jahrhundert: In all diesen Schlachten kämpfte „B“.

Aber nicht nur Gewalt, so zeigt uns der Berserker, ist eine Komponente unserer Existenz. Im Fokus dieses Comics – von Keanu Reeves und Matt Kindt mit den Zeichnungen von Ron Garney, den Farben von Bill Crabtree und einer deutschen Übersetzung von Stephanie Pannen – steht nicht allein die Gewalt. Denn es scheint, als trügen die häufigen Besuche bei der Psychologin Diana endlich ihre Früchte. Der Jahrtausende alte Krieger erinnert sich nämlich allmählich an verdrängte Erinnerungen und hinterfragt sogar sein Verhalten!

Teil seiner Erinnerungen ist die Liebe zu Frauen. „B“ hat über die Jahrtausende eine eigene Version der Liebe erlernt – besser gesagt: erlernen müssen. Denn während er seine Jugend nie verliert, gehören Tod und Trauer zum echten Leben der Menschen dazu. Irgendwann einmal ist die Lebenszeit abgelaufen. Dagegen helfen auch keine Kräfte, die denen des legendären Herkules in nichts nachstehen. Dadurch erleben wir schmerzhaft mit, wie die Geliebten, Lebenspartnerinnen und Ehefrauen in jeder Epoche altern und letztlich sterben; ihr Mann aber weiter existieren muss. Zur Ablenkung sucht sich dieser die ein oder andere Schlacht.

In der Jetztzeit hat sich der ominöse Historiker Caldwell mit der behandelnden Ärztin und Psychologin Diana zusammengetan, um sein ultimatives Projekt zur Vollendung zu führen. Das Projekt trägt den Namen „Operation X“ (was an das „Weapon X Projekt“ aus Marvels „Wolverine“ erinnert, für das der hier tätige Zeichner Ron Garney bereits sein Handwerk zeigen durfte). Kann dieses Projekt dem Unsterblichen den Wunsch erfüllen, endlich Ruhe finden zu können und keine Kämpfe mehr führen zu müssen?

Dabei wird in „BRZRKR 2“ also das vielfach behandelte Konflikt-Thema „Unsterblichkeit“ weitergeführt. Wir als Leser oder Leserin stellen uns beiläufig die Fragen: „Ist Unsterblichkeit ein Fluch oder ein Segen?“ und  „Macht nicht erst die Endlichkeit das Leben lebenswert?“ Dass diese Fragen sich sehr gut für Adaptionen eignen, zeigt das rege Interesse an Kenau Reeves’ „BRZRKR“. Es wartet bereit eine Netflix-Adaption als Action-Film und aus der Gerüchteküche heißt es, dass auch eine Animeserie in Arbeit sei. Fans dürfen bis zu weiteren Neuigkeiten aber erst einmal mit dem Ausgangswerk – dem Comic – vorliebnehmen.

Erneut sind die Zeichnungen blutrünstig und zeigen abgetrennte Körperteile, offene Wunden und viele Explosionen. Dabei wirken die Panels aus vergangenen Epochen wie Kriegsgemälde. Dafür eignet sich der raue und nicht sehr realistische Zeichenstil gut. Leider behält der Zeichner diesen Stil auch bei den in der Gegenwart spielenden Handlungen bei. Das wirkt dann nicht besonders modern. Wer also nur durch die Kickstarter-Kampagne oder wegen des Namens von Keanu Reeves zu „BRZRKR“ als „Comic-Erstlingswerk“ gekommen ist, dem sei gesagt, dass Comics deutlich vielfältiger und detailgetreuer gezeichnet werden können.

Wie bereits im Vorgängerband sind die letzten 24 Seiten des Werks eine komplette Covergalerie. Insgesamt bekommt man hier also 24 Cover präsentiert. Nicht jedes davon überzeugt; sie geben aber einen vertieften Eindruck über die Gemütslagen von „B“, da er auf jedem der Cover abgebildet wurde. Dass der Protagonist in „BRZRKR 2“ seine Emotionen zeigt und ihn die eigene Unsterblichkeit bedrückt, ist eine gelungene Weiterentwicklung von „BRZRKR 1“. Allerdings ist abschließend zusammenzufassen, dass das nicht neu ist! Eine von vielen – sehr empfehlenswerten – Alternativen wäre der Roman: „Alle Menschen sind sterblich“ von Simone de Beauvoir („Tous les hommes sont mortels“) aus dem Jahre 1946. Auch darin konstatiert der Protagonist: „Niemand kann sich das vorstellen (…) Ich habe Ihnen ja gesagt: ‚Unsterblich sein ist ein Fluch‘.“ Und dann erzählt er, wie er dieselbe Geschichte endlos mit sich herumschleppen wird müssen …

Leseprobe

Fazit: „BRZRKR 2“ ist das, was man als Fortsetzung von Keanu Reeves’ Comic-Debüt erwarten konnte. Gewaltorgien treffen auf philosophische Fragen über Leben und Tod eines jeden Menschen. Der Protagonist, für den die Endlichkeit aufgehoben wurde, zeigt sich zusehends menschlich und sehnt sich nach dem Ende. Dieses wird es nur geben, wenn Keanu Reeves es für seinen Helden vorgesehen hat. Die Spannung auf das Ende lässt daher – trotz eines recht geringen Mehrwerts dieses Comics – erwartungsvoll auf „BRZRKR 3“ und das Finale blicken.   

BRZRKR 2
Comic
Keanu Reeves, Matt Kindt, Ron Garney
Cross Cult 2022
ISBN: 978-3-96658-844-7
144 S., Softcover, Deutsch
Preis: EUR 16,00

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