Bigby präsentiert: Ruhm der Riesen

Der in den Welten von „Dungeons & Dragons“ („D&D“) berühmte Magier Bigby enthüllt die Geheimnisse der Riesen. Bigby ist für seine eigenen Zauberspruchkreationen bekannt geworden, etwa „Bigbys greifende Hand“. Der*die Leser*in erfährt Details zu Geschichte, Mythen, Gesellschaften und Reichen des Riesenarten. Außerdem gibt es die für Ergänzungsbände für „D&D 5E“ mittlerweile üblichen Charakteroptionen wie eine neue Unterklasse, zwei neue Hintergründe und neue Talentoptionen.

von Markus Kolbeck
 
Der Band ist 2024 als Hardcover mit einem Umfang von 192 Seiten von den Wizards of the Coast auf Deutsch veröffentlicht worden. Das englischsprachige Original ist von 2023. Er ist durchgehend mit thematisch passenden Farbbildern illustriert, vor neuen Kapiteln gibt es sogar ganzseitige Abbildungen. Die Projektleitung für das Buch hatte James Wyatt inne, Autoren sind Makenzie De Armas, Dan Dillon, Ben Petrisor und Jason Tondro.
 
Inhalt
 
Der Band ist in eine Einleitung, sechs Kapitel und zwei Anhänge unterteilt und wird von eingestreuten kurzweiligen Kommentaren von Bigby und der riesischen Halbgöttin Diancastra aufgelockert. In der „Einleitung“ erfährt der*die Leser*in etwas über die Mythen der Riesen in Form der Sage von Diancastra. Als Urvater aller Riesen gilt Annam; neben den Mythen über die eigentlichen Riesen gibt es noch verwandte Riesen wie Formorianer und die mit diesem Band eingeführten Todesriesen. Nicht zu den eigentlichen Riesen, aber spieltechnisch zum Riesentyp gehören Trolle, Oger, Zyklopen und Ettins. Den Ursprüngen der Riesen in den Vergessenen Reichen, Greyhawk, der Welt der Drachenlanze und Eberron wird gleichfalls auf den Grund gegangen.
 
Kapitel 1: „Charaktererstellung“: Hier werden einem die Unterklasse „Pfad des Riesen“ für den Barbaren nähergebracht sowie die Hintergründe „Riesenfindelkind“ (ein humanoider Charakter wächst bei Riesen auf und kommt diesem Volk näher) und „Runenschnitzer“ (einem Anwender der riesischen Runenmagie). Es wird auch erläutert, wie man einen Bezug von einem Charakter zu den Riesen herstellen kann, etwa über den Glauben an einen ihrer Götter. Abschließend für das Kapitel sind passende Talente aufgelistet.


 
Kapitel 2: „Riesen im Spiel“: Wichtig sind hier unter anderem die Hinweise, wie man einen Riesen im Rollenspiel gut darstellt, etwa unter Betonung seiner Größe, besonderer Verhaltensweisen und anderer individueller Merkmale wie Alter, Lautstärke (!) und Namen. Das Wichtigste für die Riesen selbst dürfte aber das sogenannte Ordning sein, die komplexe soziale Rangordnung der Riesen. Diese ist absteigend: Sturm-, Wolken-, Feuer-, Frost-, Stein- und Hügelriesen. Es gibt auch Tabellen, wie Riesen ihre Stellung im Ordning halten oder verbessern könnten. Diese bieten damit Abenteueraufhänger. Im Abschnitt „Götter und Religion“ erfährt man, dass sich Urvater Annam von der materiellen Ebene enttäuscht zurückgezogen und das Feld der Verehrung durch die sterblichen Riesen seinen Kindern, zehn an der Zahl, überlassen haben könnte. Diesen riesischen Göttern wird ein eigener Überblick zuteil. An sozialen Strukturen kennen die Riesen den Einsiedler, den Exilanten, Banden, Familien, Gehöfte und Ansiedlungen. Es werden auch drei riesische Organisationen, wie die „Wächter des Ewigen Throns“, ein Ritterorden, beschrieben.
 
Kapitel 3: „Abenteuer mit Riesen“: Eine Begegnung mit einem oder mehreren Riesen und ihren Haustieren sollte denkwürdig gestaltet werden. In diesem Kapitel gibt es für alle sechs Riesenarten sowie den Fomorianern und den Todesriesen Tabellen mit Begegnungen, die viel Abwechslung bieten. Damit noch nicht genug, gibt es auch Tabellen für Begegnungen mit Kreaturen, die Riesen und ihren Enklaven zugeordnet werden können, etwa Dinosaurier als Haus-, Nutz- und Lasttiere in einer urtümlichen Welt. Ausführungen zu Szenarien, in denen es um Reiche der Riesen, die Vergangenheit derselben oder den Einfluss von Riesen auf die jeweilige Spielwelt geht, dürfen auch nicht fehlen.

Kapitel 4: „Riesische Enklaven“: In diesem Kapitel werden 18 mehr oder weniger skurrile Örtlichkeiten von „Annams Wiege“ bis zum „Weltenwurzel-Schössling“, die alle einen Bezug zum Riesenvolk haben, präsentiert. Vorab erfährt man, wie man diese Enklaven verwenden kann und welche allgemeinen Merkmale sie haben. In den einzelnen Einträgen wird eine Beschreibung der Örtlichkeit geboten sowie auf besondere Merkmale, die Magie des Ortes und Abenteuerideen eingegangen. Alle Lokalitäten sind mit einem Lageplan versehen. Unter den Enklaven sind in vielen Welten des Multiversums Rückzugsorte der Riesen vor den dominanten Humanoiden, wie ein Turm, der von Blitzen in der Luft gehalten wird, oder ein abgelegenes Tal, in dem Tiere und Pflanzen (also Nahrung) in Hülle und Fülle gedeihen.


 
Kapitel 5: „Riesische Schätze“: Der*die geneigte Leser*in erfährt hier etwas über riesische Beutel, die Gewöhnliches und Ungewöhnliches wie Wurffelsen, Münzen und wertvolle Gegenstände enthalten können. Relikte untergegangener riesischer Reiche sind Objekte wie Münzen, Edelsteine und Kunstgegenstände, oftmals in Riesengröße. Auch spezielle, von Riesen geschaffene magische Gegenstände finden Erwähnung. Diese stehen mit Riesen, ihren Legenden und ihren magischen Runen in Verbindung. Insgesamt werden 26 verzauberte Objekte wie Waffen, Rüstungen und Wundersame Gegenstände beschrieben, darunter auch Artefakte.
 
Kapitel 6: „Bestiarium“: Die Sammlung an neuen Kreaturen unterscheidet zwischen der erweiterten Familie der Riesen (wie Todesriesen und Fensir), Magie wirkenden Riesen, riesischen Kultisten, Elementarkolossen, untoten Riesen, gigantischen Tieren, humanoiden Riesenartigen, anderen riesischen Varianten (wie Varianten von Ettin und Trollen) und Sonstigen (wie dem Fleisch- und dem Runenkoloss). Es werden über 75 Monster samt Spieldaten und allermeistens auch einer Farbabbildung beschrieben. Die Wesenheiten sind alphabetisch (von Beutelgallerte bis Zunderkoloss) geordnet, was das Auffinden ungemein erleichtert, insbesondere da kein Index im Band vorliegt. Aufgrund der körperlichen Größe der riesischen Kreaturen sind die Herausforderungsgrade (HFG) oftmals beträchtlich. Sie reichen von einem Riesenluchs mit einem HFG von 1/2 bis zu einem Nachkommen von Stronmaus mit einem HFG von 27 (Stronmaus ist einer der Götter der Riesen, vor allem der Sturmriesen). Es gibt noch Tabellen, die nach Riesenarten, Herausforderungsgraden und Kreaturentypen aufgeschlüsselt sind. An Kreaturentypen sind die aus dem „Monsterhandbuch“ üblichen vertreten, wie Elementare, Humanoide, Konstrukte und natürlich Riesen.
 
In Anhang A gibt es noch zwei Seiten mit Konzeptgrafiken und in Anhang B eine Tabelle mit Abenteuerideen, die sich auf diesen Band beziehen, zum Würfeln oder Auswählen. Jedenfalls kann man sich inspirieren lassen.
 
Kritik
 
Der Quellenband liefert viel Material über Riesen, das es erlaubt, riesische Reiche, Enklaven oder Einzelbegegnungen zum Leben zu erwecken. Es wurde praktisch an alles gedacht. Man kann in so einem Band, selbst bei Schwerpunktsetzung auf das Thema „Riesen“, zum Teil nur oberflächlich Informationen liefern. Trotzdem müssen Themen wie das riesische Pantheon und die Runenmagie abgehandelt werden. Man hätte sich hier mehr gewünscht. Das ist aber deshalb nicht so schlimm, weil Riesen nur eines von vielen Elementen des Rollenspiels sind. Das heißt, dass auch andere Kulturen, Reiche, Welten, Verbündete und Gegner in einer Kampagne vorkommen werden, sodass man die Spieler*innen auch nicht zu sehr mit Details – hier über das Riesenvolk – überfrachten will.


 
Die Fülle des Materials ist groß, sodass man viel Auswahl hat. Da reichlich Informationen unterschiedlichster Art vorhanden sind, braucht man auch nicht alles in eine einzige Kampagne unterzubringen. Das würde diese doch überfrachten, während man auf der anderen Seite verschiedene Aspekte von Riesen als Nichtspielercharaktere in Abenteuern oder Kampagnen einfließen lassen kann. Eine Kampagne, die sich ganz auf das Riesenvolk und seine Unterarten konzentriert, ist auch denkbar. Wie bei vielen Quellenbänden von „D&D“ sollte man die vorhandenen Informationen an seine eigene Kampagne anpassen. Man selbst ist der*die Regisseur*in dieses Rollenspiels, der*die sich nicht immer an das Drehbuch halten muss! Ich denke, das kann als einer der zentralen Leitgedanken für gutes Rollenspielleiten gelten.
 
Ich muss den Spieldesigner*innen von den Wizards of the Coast ein Lob aussprechen. Der Band passt gut in die Reihe der Ergänzungen für „D&D 5E“, und man findet sich darin schnell zurecht. Er hat formal ähnliche Inhalte wie andere Ergänzungsbände, etwa Charaktererstellung und Bestiarium. Außerdem ist das Layout gelungen und die Illustrationen sind von guter bis hervorragender Qualität und Quantität. Allerdings ist der Anschaffungspreis mit rund 50,- Euro diesmal 10,- Euro höher als bei vergleichbaren Quellenbänden wie „Fizbans Schatzkammer der Drachen“. Dieser kostet „nur“ rund 40,- Euro und ist – falls man sich zwischen den beiden entscheiden muss – die bessere Wahl, schon allein wegen der guten Individualisierungsmöglichkeiten für Drachen. Dies habe ich beim „Ruhm der Riesen“-Band teilweise vermisst, wird man darin doch diesbezüglich nicht immer fündig, sondern auf das Regelwerk verwiesen.
 
Fazit: Ein ganzes Volk, wie das der als Kreaturen beliebten Riesen, zum Leben zu erwecken und mit rollenspielerischer Tiefe zu versehen, ist ein Verdienst der Autoren. Die Völkerbände mit ikonischen Kreaturen wie Drachen, Betrachter oder wie hier Riesen sind zurecht beliebt, da sie nicht zuletzt sehr hilfreich bei der Ausgestaltung dieser Wesen sind. Auch wenn es bessere Quellenbände mit ähnlichem Konzept geben mag, ist „Bigby präsentiert: Ruhm der Riesen“ eine wertvolle Spielhilfe!
 
Bigby präsentiert: Ruhm der Riesen
Quellenbuch
Makenzie De Armas, Dan Dillon, Ben Petrisor und Jason Tondro
Wizards of the Coast 2024
ISBN: 978-0-7869-6935-7
192 S., Hardcover, deutsch
Preis: 49,99 EUR

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