Beak, feather + bone

Der Markt der Erzählspiele, die sich von klassischem Rollenspiel lösen, ist groß. Mit „Ein ruhiges Jahr“ gibt es sogar ein Spiel, das sich dem erzählerischen Ausfüllen einer Landkarte widmet. „Beak, feather + bone“ schlägt in eine ähnliche Kerbe. Lohnt sich das schmale Heftchen dennoch?

von Jens Krohnen

„Beak, feather + bone“ wurde im Rahmen einer besonderen Kickstarter-Aktion ermöglicht, der sogenannten „ZineQuest“. Im Rahmen dieser Queste versuchen viele unterschiedliche Autoren ein Fanzine, also eine kleinere, selbst erstellte Publikation auf die Beine zu stellen. Auch Tyler Crumrine nutzte diese Gelegenheit, um eine Schwarmfinanzierung seines Erzählspiels zu erreichen. Dabei verrät der Untertitel, „a map-labeling rpg“, dass wir es hier mit einem Spiel zu tun haben, welches eine Landkarte in den Fokus setzt.

Während die Spielrunde bei „Ein ruhiges Jahr“ allerdings gemeinsam die Landkarte gestaltet, liefert „Beak, feather + bone“ eine eigene Karte mit. Auch geht es nicht um einen ganzen Landstrich, sondern um eine einzelne Stadt. Als Setting entschied sich der Autor für eine Stadt der als Kenku bekannten, rabenartigen Humanoiden. Mithilfe der einfachen Regeln aus „Beak, feather + bone“ solle diese Stadt nun von den Spielenden mit Leben gefüllt werden.

Dazu übernimmt jeder Mitspieler zunächst einmal die Rolle einer in der Stadt angesiedelten Gruppierung. Das können Magier sein, Minenarbeiter, Händler, Diebe oder Soldaten. Jeder Spieler darf nun abwechselnd ein Gebäude auf dem Stadtplan auswählen und ihm eine Funktion zuweisen, die normalerweise im Zusammenhang mit seiner Gruppierung steht. Dazu zieht er eine Karte von einem normalen Kartenspiel – die gezogene Spielfarbe bestimmt, ob der ausgewählte Ort einen „sozialen“, einen „finanziellen“ oder vielleicht sogar einen längst vergangenen Aspekt repräsentieren muss. Anschließend beschreibt der Spieler den Ort aus drei Perspektiven – was berichten die Leute über diesen Ort? Und wie sieht er tatsächlich aus?

Diese Vorgehensweise wird eine beliebige Anzahl von Runden wiederholt. Zum Ende der Runde hat man idealerweise eine Stadt voller interessanter Ortschaften und Verknüpfungen untereinander geschaffen, die zum weiteren Bespielen einlädt. Denn auch wenn man „Beak, feather + bone“ durchaus alleinstehend spielen kann, so bietet es sich doch als gemeinsames Setting-Erschaffungstool für spätere Rollenspielrunden an. Über die Einbindung der kompletten Spielrunde erhält jeder Spielende einen gleichmäßigen Eindruck von den Gegebenheiten und Möglichkeiten in der Stadt. Und auch wenn das Spiel großzügig mit Illustrationen des Rabenvolks ausgestattet ist, so sind die Regeln universell genug gehalten, um jedwede Kultur und Spezies in der Stadt anzusiedeln.

„Beak, feather + bone“ erscheint als schmales A5-Heftchen im Schwarz-Weiß-Druck und transportiert dadurch den Fanzine-Gedanken gekonnt. Durch die eigenwilligen, aber ansprechenden Illustrationen sowie eine beiliegende Stadtkarte (ebenfalls im A5-Format) auf festem Karton wirkt das Spiel aber nicht billig. Das komplette Material ist auch in der PDF-Variante enthalten. Die Regeln sind leicht verständlich und übersichtlich präsentiert.

Fazit: Wie die meisten Erzählspiele steht und fällt eine erfolgreiche Runde „Beak, feather + bone“ mit der Erzählfreudigkeit der gesamten Spielgruppe. Die Regeln liefern auf jeden Fall alles notwendige, um gemeinsam ein interessantes Stadtsetting erschaffen zu können.

Beak, feather + bone
Grundregelwerk
Tyler Crumring
Selbstverlag 2020
ISBN: n. a.
28 S., Softcover/PDF, englisch
Preis: $ 5,00

bei drivethrurpg.com bestellen