Arale

Stellen sie sich vor, der erste Weltkrieg hätte nie geendet. Der Zar ist nie gefallen, stattdessen regiert er weiter mit eiserner Hand über Russland. Und seine Kriegsmaschinerie wird immer brutaler, die Zahl der Opfer steigt und steigt. Willkommen in der Welt von „Arale“.

von Jens Krohnen

Tristan Roulot ist ein französischer Comic-Scriptwriter, der eigentlich eher ein Faible für Thriller an den Tag legt. Das Werk des Zeichners Denis Rodier ist da deutlich umfangreicher – und vielleicht auch hierzulande bekannter. Rodier zeichnete bereits für Marvel, DC Comics und Milestone Media und war unter anderem an Serien wie „Adventures of Superman“, „Hawkman“ oder „Wonder Woman“ beteiligt. Diese beiden schufen gemeinsam die Graphic Novel „Arale“, die im deutschen vom renommierten Splitter-Verlag verlegt wird.

Russland im November 1934. Der erste Weltkrieg hat nie geendet, die Februarrevolution war ein Misserfolg. Zar Nikolaus II. regiert weiterhin mit eiserner Hand über Russland, während der technologische Fortschritt immer monströsere Kriegsmaschinen erschafft. Ein Attentat auf den Zaren soll den Irrsinn stoppen und den Krieg beenden, doch Nikolaus II. überlebt. Schwer verletzt und im Koma liegend bleibt dem Berater des Zaren, dem Magier Rasputin, keine andere Wahl als den Kriegshelden Kyril in die Gedankenwelt des Zaren zu schicken. Hier soll er den Geist des Zaren finden und zurück in seinen Körper führen. Was wird Kyril in dieser Welt erwarten?

Roulot gelingt es, ein erschreckend glaubwürdiges Szenario zu schaffen. Dabei ist das Setting nicht gerade arm an Albträumen. Sowohl in der Gedankenwelt des sterbenden Zaren spielen sich widernatürliche Szenen ab, aber auch in der Realität stehen die Schrecken den Traumgespinsten in nichts nach. Denn als sich die Frau Kyrils auf die Suche nach ihrem plötzlich verschwundenen Gatten macht, deckt sie die Wahrheit hinter den Tötungsmaschinen der russischen Armee auf. Denn der Magier Rasputin hat nicht nur bei der seltsamen Apparatur, die Kyril in die Gedankenwelt des Zaren versetzt hat, seine magischen Finger im Spiel. Ohne zu viel zu verraten, sei auch noch eine dritte Partei erwähnt, nämlich die Hexe Baba Yaga. Diese spielt in dem großen Konflikt ihr ganz eigenes Spiel, ist sie doch alles andere als zufrieden mit dem großen Einfluss, den der Magier Rasputin auf die Geschicke des Landes genießt.

Die grafische Aufbereitung der Geschichte ist Rodier beeindruckend gelungen. Oft tragen seine Bilder seitenweise die Geschichte, ohne dass ergänzende Textpanels nötig wären. Sein oft grober Pinselstrich verliert sich selten in Details – wenn aber doch, dann sind es höchst beeindruckende Panoramen. Das von Roulot gezeichnete Setting ist brutal, verwirrend, erschreckend und in sich plausibel. Die nach und nach eingeführten Charaktere handeln glaubhaft, auch wenn der finale Twist, mit dem die Geschichte ihr Ende findet, ein wenig erzwungen wirkt. Überhaupt hätte „Arale“ die eine oder andere Seite mehr nicht geschadet. Zum einen, um das Ende der Geschichte noch ein wenig besser vorzubereiten, zum anderen, um noch weitere Aspekte des Settings erforschen zu können.

„Arale“ wird vom Splitter-Verlag als großformatiges Hardcover verlegt. Der Einband ist robust, die Papierdicke angenehm stabil. Die Fadenheftung übersteht auch mehrmaliges Durchlesen problemlos. Technisch gibt es damit nichts zu meckern.

Leseprobe

Fazit: Großartige Bilder, ein unverbrauchtes Setting, eine dramatische Geschichte und eine in sich abgeschlossene Handlung. „Arale“ hätte die eine oder andere Seite mehr durchaus vertragen, doch auch so bleibt für alle Graphic-Novel-Fans eine klare Leseempfehlung.

Arale
Comic
Tristan Roulot, Denis Rodier
Splitter-Verlag 2018
ISBN: 978-3962191917
64 Seiten, Hardcover, deutsch
Preis: EUR 15,80

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