von Nick
Zum Spiel
Die Spieler übernehmen die Rollen von Wissenschaftlern, die mehr oder weniger freiwillig versuchen, die Experimente Doktor Frankensteins zu replizieren, um damit den Wunsch des mysteriösen Wohltäters (Spoiler: Frankensteins Kreatur) zu erfüllen und das Spiel zu gewinnen. Die Partie endet, sobald ein Spieler erfolgreich seine eigene Kreatur zum Leben erweckt hat oder wenn Captain Walton, der die Kreatur jagt, das Ende seiner Reise (Paris) erreicht hat. Dies geschieht am Ende von Runde 8. Bis dahin versuchen die Spieler, ihr Wissen, ihre Menschlichkeit und ihr Prestige zu erhöhen, Geld und Leichenteile zu sammeln und im Labor ein vollständiges Mit-Monster für die Kreatur zu erschaffen.
Zum Ablauf
Jede Spielrunde besteht aus 4 Phasen, die gleichzeitig oder nacheinander abgehandelt werden.
In der „Ereignisphase“ zieht der Startspieler (mit dem Kreaturen-Meeple) eine Karte vom Ereignisstapel. Ist diese ein Ereignis, wird sie sofort gespielt. Ist sie allerdings eine Begegnung, ist ihre Ausführung abhängig vom Zielcharakter und eventuell einem Zielort. Vergisst der Startspieler, eine solche Begegnungskarte im richtigen Moment auszuspielen, verfällt sie allerdings. Einige Ereignisse fordern die Spieler auf, einen kleinen Texteintrag in der Anleitung zu lesen. Weiterhin können zwei besondere Ereignisse ausgelöst werden: eine Hinrichtung oder ein Gewittersturm. Hinrichtungen versorgen die Spieler mit frischen Leichen, ein Gewittersturm lädt Leidener Flaschen (elektrische Kondensatoren) auf.
Es folgt die „Stadtphase“, in der jeder Spieler eine seiner vorhandenen Figuren (man startet mit einem Wissenschaftler und zwei Assistenten) auf ein Aktionsfeld des Stadtplans setzen darf. Manche Felder dürfen nur von bestimmten Figuren belegt werden und geben so andere Belohnungen. Reihum setzt nun jeder Spieler seine Figuren, bis alle Figuren gesetzt wurden. In dieser Phase sammeln die Spieler Werteverbesserungen (für Wissen, Prestige und Menschlichkeit), Belohnungen, Leichenteile (in verschiedenen Verwesungsgraden), Wissen und Menschlichkeit. Sie können auf dem Markt Leichenteile verkaufen, Leidener Flaschen erwerben oder einen Eisblock kaufen, sodass die Leichenteile in ihrem Labor nicht so schnell verderben. Andere Spieler-Figuren können auch von Aktionsfeldern verdrängt werden. Dies ist allerdings nur begrenzt möglich (durch die Spielerzahl) und kostet Francs, die an den entsprechenden Spieler gezahlt werden müssen.
Nun folgt die „Laborphase“. Diese führen alle Spieler gleichzeitig aus, allerdings empfehle ich, diese Phase auch im Uhrzeigersinn auszuführen, der Übersichtlichkeit wegen.
Die Spieler dürfen nun so oft sie möchten/können ein Körperteil für ihre Kreatur bauen. Dies ist nicht nur abhängig von den Ressourcen, die sie in der Stadtphase gesammelt haben, sondern auch von ihrem Wissen. Für eine vollständige Kreatur werden zwei Arme, zwei Beine, ein Torso und ein Kopf benötigt. Diese Teile können in zwei verschiedenen Qualitätsstufen gebaut werden (die höhere Qualitätsstufe ist natürlich mehr Siegpunkte wert). Allerdings kann man mit den richtigen Ressourcen ein minderwertiges Körperteil auch aufwerten. Dies darf man ebenfalls so oft machen, wie man will/kann. Überschüssige Materialien kann man für einen späteren Marktbesuch in sein Lager verschieben.
Die wichtigste Aktion in der Laborphase ist natürlich der Versuch, ein Körperteil zu beleben. Dies darf jeder Spieler, der mindestens einen Körperteil auf seinem Labortisch hat und eine geladene Leidener Flasche besitzt, einmal versuchen. Für die Leidener Flasche erhält der Spieler zwei graue Würfel. Dabei darf er eine zweite Leidener Flasche dazu benutzen, um zwei weitere graue Würfel zu erhalten. Durch hohes Wissen können diese grauen Würfel durch blaue ersetzt werden (diese haben dann eine höhere Chance, das Körperteil zu beleben). Aber Vorsicht! Hierbei können Körperteile beschädigt oder sogar zerstört werden.
Die letzte Phase, die „Aufräumphase“, räumt die Labore und den Spielplan etwas auf. Zuerst werden alle Materialien auf der Verwesungsleiste ein Feld weitergeschoben (außer natürlich man besitzt einen Eisblock, dann kann man das ignorieren. Dieser Block schmilzt allerdings nach zwei Runden), Blut wird nach Verwesungsstufe 2 entfernt, alle restlichen Materialien (außer Knochen, die ein eigenes Feld haben) werden nach Stufe 4 entfernt. Danach werden alle ausliegenden Karten auf dem Spielplan durch neue ersetzt. Alle Meeples wandern zurück in den Vorrat der Spieler. Nun bewegt sich der Captain noch ein Feld weiter und die nächste Runde beginnt.
Kritik
Ich liebe Dungeon Crawler und bewege mich eher selten außerhalb dieses Genres. Worker-Placement-Spiele wie dieses meide ich aktiv. Ist einfach nicht meine Ecke. Allerdings hat mich dieses Spiel (genau wie „Dune – Imperium: Uprising“) positiv überrascht. Es ist nicht nur das (zugegeben makabre) Setting, auch die Spielmechaniken können überzeugen. Es gibt keine Spielrunde, die man verschwendet. Man kann immer irgendwo noch etwas machen, seine Forschung vorantreiben, sein Geld mehren, eine Vorlesung halten, um mehr Prestige zu erhalten, oder doch noch eine Leiche „finden“, um die letzten Ressourcen zu bekommen, damit man endlich das zweite Bein bauen kann. Alles greift schön ineinander und spielt sich auch relativ schnell, da zwar die Symbole am Anfang wie üblich etwas verwirrend sind, aber alles Wissenswerte sehr deutlich in der Anleitung erklärt wird.
Die eigentlichen Regelerklärungen fand ich etwas trocken, aber auf mehreren Übersichtsseiten wird alles nochmal genau aufgezeigt. Man fühlt sich also nie wirklich verloren. Es ist kein schweres Spiel, allerdings auch nicht wirklich einsteigerfreundlich, da es viele Dinge im Spiel gibt, die man im Auge behalten muss. Wie steht es um meine Menschlichkeit? Habe ich genug Wissen gesammelt, um ein Körperteil zu bauen? Habe ich genug Prestige, um einen neuen Assistenten zu bekommen? Habe ich genug Francs, um einen Eisblock oder anderes zu kaufen? Und wie weit ist der Captain von der Stadt entfernt? Da sind Anfänger des Genres schnell überfordert. Ich würde es aber auch nicht als Expertenspiel bezeichnen, da gibt es andere Brocken. Es liegt also irgendwo dazwischen.
Die Spielmaterialien sind zweckmäßig, da sticht nichts besonders heraus, was aber nicht negativ gemeint ist. Das Design ist toll, der Spielplan ist sehr gut gezeichnet, auch die Karten sehen schön aus. Auf dem Tisch braucht das Spiel allerdings ordentlich Platz: mit dem großen Spielplan, den großen Spielertableaus, den Körperbauplänen, dem Ereignistableau, den Holzfiguren und den ganzen Tokens. Das wäre auch mein einziger Kritikpunkt, denn das Spiel macht Spaß.
Fazit: „Abomination – Frankensteins Vermächtnis“ macht Spaß. Vor allem das Setting ist mal was anderes. Ihr baut hier kein Dorf oder eine Stadt oder so etwas. Ihr bastelt eine Gefährtin für Frankensteins Kreatur zusammen. Auch wenn ich das Buch „Frankenstein“ damals ziemlich langweilig fand, ist dieses Spiel das Gegenteil davon. Ihr seid Fans von Strategiespielen und Worker-Placement? Kaufen!
Abomination – Frankensteins Vermächtnis
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Dan Blanchett
Corax Games 2024
EAN: 7421098106369
Sprache: Deutsch
Preis: 65,00 EUR
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