X-Wing Galaktisches Imperium Staffel-Starterpack

2012 erschien erstmals „X-Wing“, ein Miniaturen-Spiel mit bemalten Modellen, mit dem sich Jägerduelle im „Star Wars“-Universum erleben ließen. Das Konzept schlug ein wie eine Bombe. 2018 kam „X-Wing 2.0“ heraus, das einige kleinere Mechanismen änderte, aber vor allem den Staffelbau komplett umstellte. Mit dem neuen „X-Wing Galaktisches Imperium Staffel-Starterpack“ erscheint nun gewissermaßen „X-Wing 2.5“. Was das heißt? Schauen wir mal.

von Bernd Perplies

Zunächst einmal: Das „X-Wing Galaktisches Imperium Staffel-Starterpack“ gleicht seinem zeitgleich erschienen Geschwisterprodukt, dem „X-Wing Rebellenallianz Staffel-Starterpack“, in ganz vielen Belangen, sodass ich diese Rezi deutlich abkürzen werde. Wer eine umfangreiche Bewertung der Stärken und Schwächen dieser Boxen lesen möchte, mag sich die andere Rezension zu Gemüte führen.

Wie besagtes Geschwisterprodukt ist das „Galaktisches Imperium Staffel-Starterpack“ mehr als nur eine Erweiterung, die bloß ein paar Schiffe enthält und zwingend das Grundspiel „Star Wars: X-Wing 2. Edition“ benötigt. Es ist wirklich ein alternativer Einstiegspunkt in das Hobby „X-Wing“, denn es enthält – bis auf eine Gegnerstaffel, die ein Mitspieler mitbringen muss – alles, was man zum Spielen braucht. Zunächst einmal wären da vier imperiale Jäger: ein TIE-Turbojäger, ein TIE-Bomber und zwei TIE-Jäger, also praktisch eine komplette Staffel für eine 20-Punkte-Standard-Partie (stimmt leider nicht ganz; man kriegt maximal 18 Punkte zusammen). Zu jedem Jäger gehört dabei eine Schiffskarte mit allen nötigen Spielwerten (Angriff, Verteidigung, Hülle, Schilde etc.), und für Abwechslung auf dem Tisch sorgt der Umstand, dass insgesamt 7 Karten beigelegt wurden. Am Steuerknüppel des TIE-Turbojägers können Darth Vader und Maarek Stele sitzen, der TIE-Bomber wird entweder von Captain Jonus oder Tomax Bren gesteuert und der TIE-Jäger fliegt mit Iden Versio, Valen Rudor oder der geheimnisvollen „Nachtbestie“ – alles übrigens alte Bekannte aus früheren Sets. Damit es auch am Drumherum nicht mangelt, sind zudem alle nötigen Aufwertungskarten, Übersichtskarten, Schadenskarten, Würfel, Marker, Bewegungsschablonen, Maßstäbe, Manöverräder, ein Rundenrad und Spielregeln enthalten. In der Hinsicht ist die Box echt komplett. Was die Schiffe angeht, ist sogar eins mehr als im Grundspiel drin.

Dabei ist das Spielmaterial durch die Bank hochwertig. Die fertig bemalten Modelle mögen echte Miniaturenbemaler zwar nicht umhauen, sehen aber auf dem Tisch absolut schick aus – jedenfalls um Meilen besser als schlicht einfarbige Schiffchen oder die Pre-Painted-Modelle mancher Konkurrenz (ich schaue in deine Richtung „Star Trek: Attack Wing“). Alle Schiffs- und Aufwertungskarten zieren hübsche „Star Wars“-Motive, die in dieser Edition sogar erstmals auch nochmal groß auf dem Kartenrücken abgebildet sind (früher war der Kartenrücken einheitlich mit einem Fraktionssymbol bedruckt). Die Würfel wirken wertig, alle Pappteile sind robust. Dazu kommt, dass die Regeln in der aktuellsten Version hier erstmals gedruckt enthalten sind, die sich in ein paar Punkten deutlich von der „X-Wing 2.0“-Grundbox unterscheiden, aber dazu gleich mehr. Unterm Strich gibt es qualitativ nichts zu meckern.

Vor Spielbeginn wählt man eine Mission aus, die gezockt werden will. Die 4 im vorliegenden Regelwerk entsprechen bedauerlicherweise 1:1 denen im „Rebellenallianz Staffel-Starterpack“: In einer muss man Satelliten kontrollieren, in der zweiten wird ein Satellit umkämpft, in der dritten wollen Frachtcontainer geborgen werden und in der vierten gilt es, Satelliten zu verschlüsseln. Das alles erfordert in der Regel präzises Pilotieren, denn man muss entweder in der Nähe von Zielobjekten bleiben, um Missionspunkte zu erringen, oder in deren Nähe fliegen, um sie einzusammeln oder zu verschlüsseln, was auch Punkte gibt. 20 Missionspunkte bedeuten den Sieg, eine Partie dauert maximal 12 Runden. Natürlich bringen auch abgeschossenen Gegner Punkte.

Dann wird die eigene Staffel zusammengestellt. Über Freud und Leid dieses Vorbereitungsschrittes habe ich mich episch in der anderen Rezension ausgelassen. Hier daher nur ganz kurz: Am besten beginnt man, indem man Seite 19 des Regelwerks aufschlägt und die dortigen Standard-Ausstattungskarten auswählt, also Karten in Tarot-Größe, die gleich Schiffe mit Aufwertungen mundgerecht kombiniert servieren. Dann kann man binnen Minuten mit dem Spiel anfangen. Das individuelle Zusammenstellen dauert deutlich länger, weil man dafür zwingend 40 Seiten PDF-Listen von Asmodee herunterladen und mühsam abgleichen muss, um die nötigen Kommandopunkte, Aufwertungspunkte und Aufwertungsslots aller Schiffe zu ermitteln. Diese Informationen gibt’s nämlich seit „X-Wing 2.0“ nicht mehr auf den Spielkarten selbst, sondern nur noch im Internet! Früher – also zum Erscheinen von „X-Wing 2.0“ – half eine offizielle Handy-App beim Staffelbau, die existiert aber nicht mehr. Zum Glück gibt es Alternativen, die von der Community programmiert wurden. Die empfehlenswerte für Edition 2.5 ist „Yet Another Squadron Builder“ (https://yasb.app/), die wirklich hilfreich ist. Trotzdem: Hier fehlt ein einfacher Beileger mit den Werten der in der Box enthaltenen Karten.

Auch in dieser Box fällt geneigten Erbsenzählern sicher schnell auf, dass die Standardausstattung-Karten tendenziell stärker sind als individuelle Lösungen. So hat die Schiffskarte von TIE-Bomber-Pilot Tomax Bren 3 Kommandopunkte und kann Aufwertungen im Wert von 10 Ausstattungspunkten tragen. Die Standardausstattung-Karte von Tomax Bren kostet 5 Kommandopunkte und hat Aufwertungen im Wert von 20 Punkten an Bord! Klingt fair? Ich weiß nicht. Anderes Beispiel: Die Schiffskarte von TIE-Turbojäger-Pilot Maarek Stele kostet 4 Kommandopunkte und kann 10 Punkte Aufwertungen tragen. Seine Standardausstattung-Karte kostet 5 Punkte und hat 20 Punkte Aufwertungen an Bord. Auch hier hat man wieder das Gefühl, dass die Macher die Standardausstattung-Karten favorisieren und individuelles Konfigurieren durch Mühsal und Einschränkungen bestrafen würden. Gut für den schnellen Einstieg – aber schade, weil es ein Kernelement von „X-Wing“, das Experimentieren mit Schiffen und Aufwertungen, aus dem Fokus verliert.

Nachdem die Mission steht und die Staffel gebaut wurde, muss der geneigte Imperiale gleich einen Klops schlucken. Denn in „X-Wing 2.5“ gibt es das sogenannte Defizit. Wenn man mit weniger als 20 Punkten in ein Standard-20-Punkte-Spiel geht, bekommt der Gegner Siegpunkte in Höhe der Differenz. Da man aus der Box nur 18 Punkte maximal rausholen kann, wären das gleich 2 Siegpunkte für die Rebellen, wenn man sich nicht gütlich vorher auf ein 18-Punkte-Spiel einigt. Was es mit dem „Defizit“ genau auf sich hat: siehe andere Rezension. Schade ist es jedenfalls, dass man aus der Box keine reguläre 20-Punkte-Staffel bauen kann. Es hätte den Machern doch ein Leichtes sein sollen, für diese Box 4 Piloten zu erstellen, die insgesamt 20 Punkte ergeben.

Gespielt wird schließlich über 12 Runden nach den (im Wesentlichen) althergebrachten Mechanismen. In Kürze nur: In einer Planungsphase nimmt jeder Spieler die Manöverräder seiner Schiffe und stellt im Geheimen eine Bewegung ein. Jedes Schiff hat seine eigenen Manöver. So ist ein TIE-Jäger in der Regel schneller und wendiger als ein TIE-Bomber – ganz klar –, dafür ist dieser robuster. In der Systemphase können einzelne Schiffe gewisse Fähigkeiten abhandeln. In der Aktivierungsphase wird in aufsteigender Initiativerreihenfolge (der Pilot mit dem niedrigsten Flugwert beginnt, vorliegend „Nachtbestie“ mit 2) je das Manöverrad aufgedeckt und eine passende Schablone an das Modell angelegt, um es über das Spielfeld zu bewegen. Danach darf noch eine Aktion wie Zielerfassung, Ausweichen, Nachladen etc. durchgeführt werden, die in der Kampfphase Vorteile bringen kann. Haben sich alle Schiffe bewegt, kommt es in der Kampfhase zum Schlagabtausch. Hier darf der Pilot mit dem höchsten Initiativewert beginnen (vorliegend Darth Vader mit 6). Unter Berücksichtigung von Feuerwinkel und Entfernung wird versucht, mögliche Ziele zu finden. Dann werden rote Angriffs- gegen grüne Verteidigungswürfel geworfen, modifiziert durch Schiffsaufwertungen oder Aktionen aus der Aktivierungsphase. Am Ende bleiben im Bestfall (für den Angreifer) Treffer übrig, die dann zu Schaden werden, der von Schilden und Hülle abgezogen wird. Ist der Hüllenwert eines Schiffs erreicht, ist das Schiff zerstört.

Je nach Menge an Schiffen auf dem Spielfeld ist das ein ziemlich wildes Durcheinander, dass sich auch – gerade unter Gelegenheitsspielern, die nicht perfekt pilotieren können – etwas hinziehen kann, bis eine Partie beendet ist. Das war früher, als es darum ging, alle Feinde auszulöschen, zugegeben schlimmer, denn durch die Missionen mit den verschiedenen Möglichkeiten, Punkte zu sammeln, kommt man schneller zum Sieg. Trotzdem ist eine Spielzeit von 30-45 Minuten etwas utopisch und geht zweifellos von Kennern des Systems aus (die mit Standartausstattung-Schiffen loslegen). Aber auch die etwas längere Dauer ist hier absolut kein Problem, denn „X-Wing“ spielt sich einfach spannend. Das Regelsystem an sich ist simpel genug, um schnell verstanden zu sein, aber durch die Vielzahl an Optionen bei den Manövern und Aufwertungen bekommt es taktische Würze und lädt auch zum Wiederspielen ein.

Die für einige vielleicht interessante Frage, wie spielstark der Inhalt des „X-Wing Galaktisches Imperium Staffel-Starterpack“ daherkommt, lässt sich auch hier nur bedingt beantworten. Persönliches Können beim Fliegen und Taktieren sowie Würfelglück sind zwei Aspekte dieses Spiels, die sehr stark zu Sieg oder Niederlage beitragen können. Natürlich ist ein TIE-Jäger eher eine Einsteigermaschine, die nur wenig aushält. Auf der Habenseite ist er so flott unterwegs, dass viele Gegnerschüsse schlicht daneben gehen. Der TIE-Bomber dagegen ist schwer zu knacken und auch nicht so langsam, wie man vielleicht denken würde. Ungeschlagener Star in jeder Hinsicht ist natürlich Vader, dessen TIE-Turbojäger schnell, robust und – in der richtigen Kampfposition – auch durchaus schlagkräftig ist (wenn auch von Haus aus nicht so sehr wie ein X-Flügler).

Ich schrieb es schon in der anderen Rezension: Bei unseren Tests mit den zwei Starter-Staffelpacks haben sich beide Parteien ziemlich ähnlich geschlagen. Mal waren die Imperialen im Vorteil, etwa wenn Darth Vader mit einem Volltreffer einen fabrikneuen A-Flügler aus dem All geschossen hat. Dann wiederum mussten die TIE-Jäger unter den Gegenschlägen der Rebellen leiden. Letztlich war meist eine Mischung aus Abschüssen und missionsspezifischen Siegpunkten entscheidend für den Ausgang einer Partie. Alles in allem kann man nicht sagen, dass eine Staffel merklich überlegen gewesen wären. Was wohl auch daran liegt, dass wir auf Einsteigerniveau unterwegs waren. Aber ich denke, an Einsteiger richten sich die zwei Boxen auch, die das „Starter“ ja schon im Produkttitel haben.

Fazit: Die Empfehlung bleibt die Gleiche; Wenn man gern völlig frei seine Staffeln konfigurieren möchte und sowieso eher auf reine Duelle als Missionen steht, sollte man bei der Edition 2.0 bleiben. Gefällt einem aber das Konzept der flott spielbaren Standardausstattung-Karten und der Fokus auf Missionen, die eben nicht allein durch Gegnereliminierung gewonnen werden, dann ist man mit dem „X-Wing Galaktisches Imperium Staffel-Starterpack“ gut beraten. Die Box entspricht einem Grundspiel für eine Person inklusive der aktuellsten Regeln und bietet mit seinen 4 Schiffen und 7 Standardausstattung-Karten (inklusive Darth Vader) sowie den 4 Missionsarten einen sehr guten Einstieg in dieses Miniaturenspiel. Leider ist das Ganze nicht ganz billig. Aber das Problem hat „X-Wing“ schon seit Jahren …

X-Wing Galaktisches Imperium Staffel-Starterpack
Brettspiel für 2 Spieler ab 14 Jahren
Michael Plummer, Andrew Dursum, Sarah Rowan
Atomic Mass Games/Asmodee 2023
EAN: 841333121877
Sprache: Deutsch
Preis: 79,99 EUR

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