Willkommen im Dungeon

Ihr steht vor dem Eingang des Dungeons, doch nur einer von euch wird ihn betreten: der Mutigste, der Verrückteste oder vielleicht auch nur derjenige, der es bisher verpasst hatte zu fliehen.

von Oliver Adam

Man kennt sie ja, die draufgängerischen Helden, die ohne zu Zögern in die Eingeweide der Erde ziehen und furchtlos jedes Monster bekämpfen. Was ist aber mit den denen, die lieber jemand anderem den Vortritt lassen und aus sicherer Entfernung dessen Abtritt beobachten? Oder mit jenen, die zuvor das Dungeon mit neuen Monster verstärken, dem Held die stärksten Waffen entwenden und dann später kichernd die zermalmten Überreste einsammeln? In dem Kartenspiel „Willkommen im Dungeon“ vom Heidelberger Spieleverlag kann man offenbaren, zu welcher Sorte Held man gehört.

Bevor wir uns allerdings in das staubige und muffige Dungeon begeben, wollen wir einen Blick auf das Spielmaterial werfen, das die kleine Schachtel randvoll ausfüllt. Die 13 Monsterkarten zeigen die möglichen Bewohner des Dungeons, darunter finden sich alte Bekannte wie Goblins, Skelette, Orks oder Vampire. Vier Abenteurermarken mit jeweils sechs dazugehörigen Ausrüstungsmarkern stellen die Protagonisten im anstehenden Gemetzel dar. Übersichtskarten sowie Erfolgskarten runden das Spielmaterial ab. Die kurze Anleitung ist sehr präzise und klar, sodass man nach wenigen Minuten bereits loslegen kann. Das gesamte Spielmaterial ist sehr farbenfrohen, liebevoll, detailliert und mit einem Schuss Humor gestaltet. Es passt sich hervorragend in die Thematik ein.

Bei „Willkommen im Dungeon“ ringen die Spieler in jeder Runde darum, einen Abenteurer in den Dungeon schicken zu „dürfen“. Daher wird zu Beginn einer Runde ein Abenteurer ausgewählt oder zufällig gezogen und in die Tischmitte gelegt. Hier stehen typische Heldenrollen wie Krieger, Barbar, Magier oder Dieb zur Verfügung. Unterhalb des Abenteurers werden die sechs passenden Ausrüstungsmarker abgelegt. Bei einem Krieger sind das beispielsweise Plattenpanzer, Ritterschild, Schwert, Drachenspeer, Heiliger Gral und Fackel. Es sei noch ausdrücklich erwähnt, dass nur ein Abenteurer platziert wird und alle Spieler darum wetteifern, diesen Helden ins Dungeon oder in seinen Untergang führen zu können.

In der Vorbereitungsphase sind die Spieler im Uhrzeigersinn an der Reihe. Zur Auswahl stehen zwei Möglichkeiten. Man kann Passen oder eine Monsterkarte ziehen. Entscheidet man sich dafür, eine Monsterkarte zu ziehen, legt man diese entweder verdeckt auf den Dungeonstapel (womit das Dungeon Stück für Stück gefüllt wird), oder man verzichtet auf diese Platzierung und entfernt stattdessen ein beliebiges Ausrüstungsstück des Abenteurers (womit der Abenteurer deutlich geschwächt wird). Man kann auch passen und scheidet dadurch für diese Runde aus. Sobald alle Spieler außer einem gepasst haben endet die Vorbereitungsphase und der verbleibende Spieler darf oder muss den Abenteurer, bewaffnet mit dem kläglichen Rest seiner Ausrüstung, in den Dungeon schicken. Da in der folgenden Dungeonphase die heldenspezifischen Ausrüstungsgegenstände unterschiedliche Vorteile gegenüber den Monstern haben (so besiegt eine Fackel beispielsweise alle Monster mit der Stärke drei oder weniger), ist ein gewisses Taktieren und Abschätzen in dieser Phase wichtig. Je nachdem, wie weit sich die Spieler in der Vorbereitungsphase gegenseitig hochgereizt haben, kann es durchaus vorkommen, dass ein Krieger fast unbekleidet in die Dungeonphase ziehen muss.

In der Dungeonphase führt nur der Spieler, der nicht gepasst hat, den Abenteurer in den Dungeon. Hier werden nacheinander die Monsterkarten des Dungeonstapels aufgedeckt und jeweils geprüft, ob der Abenteurer eine Waffe besitzt, die das Monster tötet. Andernfalls verliert er Lebenspunkte in Höhe der Stärke des Monsters. So geht das weiter, bis alle Monster abgearbeitet sind. Hat der Abenteurer am Ende noch Lebenspunkte übrig, war er erfolgreich und hat den Dungeon überlebt. Hat er alle Lebenspunkte verloren, war er nicht erfolgreich.

Wer im Verlauf des Spiels zwei Dungeons erfolgreich durchquert hat, gewinnt das Spiel. Wer jedoch in zwei Dungeons versagt, scheidet aus. Es kann also durchaus vorkommen, dass ein „Feigling“ gewinnt, der nie im Dungeon war, weil alle anderen Spieler ausgeschieden sind.

„Willkommen im Dungeon“ ist zwar für zwei bis vier Spieler ausgelegt, wirklich Spaß macht der rasante Trip von knapp 30 Minuten vor allem ab drei Personen. Das Spiel vereint dabei gelungen Bluff- und Push-Your-Luck-Elemente („ein Monster geht noch“, „das schafft der auch ohne Schwert“). Ist man zu wagemutig und stürmt ohne Ausrüstung in ein gut gefülltes Dungeon, folgt fast zwingend eine krachende Niederlage. Zumeist ist der goldene Mittelweg der Schlüssel zum Sieg: mutig mitbieten und rechtzeitig aussteigen. Am Anfang gibt es noch Runden, bei denen lockere Durchmärsche oder haushohe Niederlagen erfolgen, nach mehreren Spielen ist es schon eher abschätzbar, was man dem Helden zumuten kann, und dann entscheiden oftmals Nuancen. Etwas störend könnte für einige Gruppen die Möglichkeit der Spielereliminierung sein, da ein Spieler nach zwei erfolglosen Dungeons ausscheidet. Dies wird allerdings teilweise durch die kurze Spieldauer aufgefangen.

Fazit:
„Willkommen im Dungeon“ ist ein kurzweiliges, schnelles und lustiges Absackerspiel mit hervorragend gestalteten Komponenten. Die gelungenen Bluff-und Push-Your-Luck-Elemente sind reizvoll und fügen sich nahtlos in die Thematik ein. Allerdings kann es bei entsprechendem Spielverlauf dazu kommen, dass Spieler ganz aus dem Spiel ausscheiden.


Willkommen im Dungeon
Kartenspiel für 2 bis 4 Spieler
Masato Uesugi
Heidelberger Spieleverlag 2015
EAN: 4015566033320
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 14,95

bei amazon.de bestellen