Werewolf: The Forsaken

Mit dem Neustart der „World of Darkness“ erfährt auch der Werwolfhintergrund eine Neuauflage, die sich schon erheblich von der Vorgängerversion „Werewolf: The Apokalypse“ unterscheidet – und nicht nur regeltechnisch. Doch werde ich im Weiteren nicht auf die Unterschiede eingehen, sondern das Buch als eigenständiges Hintergrundwerk betrachten (was es, genau wie die neue „World of Darkness“, ja auch ist – Achtung! „Werewolf: The Forsaken“ setzt das Grundregelwerk der „World of Darkness“ voraus.)

von Roland Kasper

Werwölfe sind unter uns. Wesen, halb Mensch, halb Wolf – nicht nur körperlich, sondern auch im Geist –, durch die Sünde ihrer Urahnen verdammt, weder der Welt der Geister, noch der der Menschen wirklich zugehörend, versuchen sich gegen ihre zahlreichen Feinde zu behaupten. Hin und her gerissen zwischen Instinkt und Intellekt, einen furchtbaren, zerstörerischen Zorn nur mühsam unterdrückend, müssen sie sich einen Platz in dieser Welt erkämpfen.

Der Spieler schlüpft in die Rolle eines dieser furchtbaren Jäger und wird feststellen, dass es da draußen in der Welt der Dunkelheit noch schrecklichere Dinge gibt, und dass diese hinter seinem Charakter her sind.

Geboren in menschlicher Form wird der Charakter irgendwann feststellen, dass mehr an ihm ist, als an anderen und irgendwann wird er seine erste Verwandlung erleben, meist begleitet von Zorn und Gewalt, und falls er Glück hat, wird ihn jemand über sein Schicksal aufklären. Er wird erfahren, dass er ein Uratha, ein Werwolf, ist und dass seine menschliche Gestalt nur eine von fünf Formen ist, die er annehmen kann: über die Fastmensch-Form Dalu zur 3 Meter hohen, monströsen Kriegsform Gauru, weiter zum Riesenwolf Urshul und der reinen Wolfsform. Man wird ihn über den Einfluss des Mondes auf sein Wesen, geprägt durch die Mondphase seiner ersten Verwandlung, aufklären, sei er nun ein Rahu, ein unter dem Vollmond verwandelter Krieger, ein Cahalith, vom Dreiviertelmond inspirierter und Visionen empfangender Geschichtenerzähler und Geschichtswahrer, ein vom Halbmond geformter Elodoth, der den Ausgleich zwischen den Formen sucht und dessen Rat als Richter in Streitigkeiten gesucht wird, ein Ithaeur, durch den abnehmende Mond begünstigter Okkultist, der besonderes Geschick darin hat, mit den Geistern zu kommunizieren und ihnen Dienste abverlangen kann, oder ob der Neumond ihn zu einem Irraka, einen aus dem Verborgenen heraus agierenden Kundschafter gemacht hat.

Man wird dem jungen Werwolf anbieten, einen Schwur auf das Stammestotem eines der fünf Stämme der „Forsaken“ abzulegen und damit diesem Stamm (mit all seinen Vor- und Nachteilen) beizutreten: den aggressiv kriegerischen Blood Talons, den geheimnisvoll magischen Bone Shadows, den immerzu jagenden und wildnisverbundenen Hunters in Darkness, den der modernen Welt und den Menschen am stärksten verbundenen Iron Masters oder den machthungrigen Storm Lords. Oder der Werwolf geht den freieren, doch auch schwierigeren Weg der stammeslosen Ghost Wolves.

Nun wird der neu Verwandelte noch Mitglied eines Rudels, sei es, dass ein bestehendes Rudel ihn aufnimmt oder ein neues Rudel aus kürzlich „erwachten“ Werwölfen gebildet wird, und nachdem das Rudel sich ein Gebiet erobert hat, wird es dieses verteidigen und hüten. Dabei gilt es die lokalen Geister im Zaum zu halten und fremde Eroberer, seien es nun andere Werwölfe oder andere Schrecken, abzuwehren. Hierin stehen dem Werwolf nicht nur seine beeindruckenden körperlichen Vorteile zur Verfügung, sondern auch noch verschiedene durch Geister erlangte Gaben und magische Rituale. Im Mittelpunkt steht dabei der immanente Impuls des Werwolfs zu jagen und gegen diesen essentiellen Teil seiner Natur kann er sich nicht verschließen, ohne langsam aber sicher verrückt zu werden.

Zum Buch:

Nach einer einleitenden Kurzgeschichte, die einen Einblick in eine erste Verwandlung gibt, werden in der „Einleitung“ kurz die Grundlagen der Werwölfe beschrieben. „Kapitel Eins“ beschreibt im Detail die Welt der Werwölfe, ihre Geschichte, ihre Lebensweise und ihre Feinde. „Kapitel Zwei“ beschäftigt sich mit der Charaktererstellung und listet Gaben und Rituale. Spezielle Regeln und Systeme für Werwolf werden im „Kapitel Drei“ erläutert. „Kapitel Vier“ geht auf das „Storytelling“ ein und gibt Tipps zum Leiten einer Werwolfchronik sowie einige Beispiele an Gegnern. „Anhang Eins“ gibt einen Ausblick auf die Geisterwelt und enthält Regeln zum Erstellen von Geistern und „Anhang Zwei“ beschreibt beispielhaft das Gebiet der Rocky Mountains als Umgebung für eine neues Rudel. Anschließend wird die einleitende Kurzgeschichte beendet.

„Werewolf: The Forsaken“ fokussiert sich auf den wölfischen, revierbezogenen Jagdinstinkt und schafft damit ein eher regional begrenztes Spielumfeld, in dem die Charaktere ihre Questen lösen müssen. Diese „Verantwortung“ für „ihr“ Territorium zwingt die Charaktere, sich mit den Bedrohungen auseinanderzusetzen und mögliche Bedrohungen gibt es genug. Zwar kann durch geschicktes Interagieren auch einmal eine friedliche Lösung erreicht werden, doch sollte man nicht außer Acht lassen, dass Gewalt ein sehr fester Bestandteil des werwölfischen Hintergrundes ist und tief in der Natur eines Werwolfs verbunden ist. Aus diesem Grund werden die meisten Probleme früher oder später mit Klauen und Zähnen gelöst.

Die Aufmachung des Buches ist souverän und die dicht gepackten Informationen werden durch kurze Geschichten, Bilder und Symbole aufgelockert.

Fazit: Für Einsteiger: Wer schon immer mal ein Furcht erregendes Monster spielen wollte, ohne damit gleich automatisch der „Böse“ zu sein, wird in „Werewolf: The Forsaken“ fündig. Mit ein bisschen spiritualistischem Schamanismus gewürzt, kann man sich in die selbst für diese Monster bedrohliche Welt der Dunkelheit stürzen und sich in dieser mit Zähnen und Klauen behaupten.

Für Umsteiger: „Werewolf: The Forsaken“ ist ein komplett neues Setting, das wenig mit dem alten „Werewolf“ zu tun hat und deshalb ist eine Weiterführung alter Charaktere/Chroniken in dieser neuen Umgebung eher nicht möglich. Ein neuer Anfang in ähnlicher Umgebung („Werwölfe gegen den Rest der Welt“) mit den neuen Regeln und dem neuen –sehr stimmigen – Hintergrund kann jedoch sehr reizvoll sein. Hier droht keine Apokalypse und (zur Zeit) existiert auch kein weltumspannender Feind, wodurch eine „normale“ Chronik einen bodenständigeren Ansatz haben wird: ein Rudel, das sein Revier verteidigt.


Werewolf: The Forsaken
Campaign-Setting
Carl Bowen
White Wolf 2005
ISBN: 1-58846-324-9
320 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 34,99

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