Wege der Zauberei

Was wäre Aventurien ohne die Zauberei? Fast 20 Jahre ist es jetzt her, seit „Die Magie des Schwarzen Auges“, die erste Box, die sich mit der Magie in Aventurien beschäftigte, auf den Markt kam. Seitdem ist viel Zeit vergangen – und so manche Regelveränderung und -erweiterung fand statt. Mit „Wege der Zauberei“ liegt nun das aktuelle Regelwerk für den zaubernden Rollenspiel-Recken vor.

von Sebastian Thies

Die größe Neuerung gleich zu Beginn: Jahrelang bestanden Regelwerke bei „DSA“ aus Boxen. Selbst die aktuelle 4. Edition ging noch in Boxen an den Start. Mit den vier neuen „Wege“-Büchern darf sich der Kunde nun auf Hardcoverbände freuen. Was dem einen wohl ein Stilbruch sein dürfte, ist für den anderen ein Grund zur Freude, denn endlich ist die Zeit gekommen, wo er seine Regelwerke repräsentativ in sein Regal stellen kann und nicht mehr eine ganze Box herauskramen muss, wenn er nur ein kleines Heftchen daraus benötigte.

Mit den „Wege“-Büchern ändert sich jetzt einiges. Es gibt keine Dutzenden Softcoverbücher mehr, die den ganzen Tisch oder Fußboden bedecken und damit die Gefahr maximieren, Opfer von Pizza- und Colaspuren zu werden. Jetzt wird zusammengefasst! In „Wege der Zauberei“ beispielsweise sind die Regelwerke aus der Box „Zauberei & Hexenwerk“ sowie der Band „Mit Geistermacht & Sphärenkraft“ aus der Box „Götter und Dämonen“ enthalten. Dies führt dazu, dass man nun ein wahrlich gewichtiges Werk von 432 Seiten vor sich liegen hat.

Das Layout hat gegenüber den Softcover-Büchern eine gehörige Auffrischung und Verbesserung erhalten. Es gibt nun einen verzierenden Rahmen, der das Ganze nicht mehr so platt erscheinen lässt. In diesen Rahmen sind dann auch gleich Symbole eingelassen, die den jeweiligen Themenbereich nicht nur beim aufgeschlagenen Zustand sofort erkennen lässt – auch beim Blick auf das geschlossene Buch kann man durch dunkel markierte Stellen erkennen, wo sich die einzelnen Themen befinden.

Das Buch ist in fünf Themenbereiche aufgeteilt. Der erste Themenbereich, „Regeln zur Magie“, beschäftigt sich mit den regeltechnischen Dingen, die man zur Spruchzauberei benötigt, also der Astralen Energie, Zauberproben, spontanen Modifikationen, dem Zaubern mithilfe von verbotenen Pforten oder der Blutmagie usw. Ebenfalls findet man hier die Regeln zu magischen Artefakten, wie man sie aus der „Zauberei & Hexenwerk“-Box kennt. Magiern, die sich eindringlicher damit beschäftigen wollen, lege ich übrigens das Buch „Stäbe, Ringe, Dschinnenlampen“ ans Herz, welches tiefer in diese Materie eindringt und auch in dem hier besprochenen Regelwerk häufiger erwähnt wird.

Insgesamt merkt man, dass noch häufig auf andere Bücher verwiesen wird. Insbesondere auf das „Liber Cantiones Deluxe“ (den Almanach aller Zaubersprüche), da man in „Wege der Zauberei“ vergeblich nach Zaubersprüchen und ihrer Erklärung sucht. Es gibt zwar am Ende des Regelwerks eine Tabelle, die allerdings nicht viel Aufschluss über die Wirkung der Zauber gibt. Ebenfalls findet man im ersten Themenbereich noch Regeln zur Zauberwerkstatt und wie man neue Zauber erschafft, zur Alchemie, zu tödlichen Träumen und die Besonderheiten beim Steigern der magischen Fähigkeiten. Die magische Bibliothek ist jetzt auch zwischen Buchdeckel gepresst und fliegt nicht mehr, wie früher, als kleines Heftchen durch die Gegend.

Der zweite Teil beschäftigt sich mit den verschiedenen Ritualen der magiefähigen Charaktere. Neben denen aus der Box „Zauberei & Hexenwerk“ sind nun auch die der Schamanen dabei, die man vorher in dem Büchlein „Aventurische Götterdiener“ finden konnte.

Bei Teil drei handelt es sich nun um den unter einem Punkt zusammengefassten Bereich der Invokationen. So findet man hier die Regeln zum Beschwören und Nutzen von Elementen, Dämonen, Geistern, sowie die Erschaffung von Untoten, Chimären und Golems. Für alle gibt es nun übergreifende Regeln, ohne dabei aber noch besondere Regeln für die einzelnen Wesen zu liefern. So wurde bei den Elementen aus dem doch schon komplizierten Wunschvolumen ein Punktekontingent an Astralpunkten, die das Wesen einem liefert und einem dafür Dienste anbietet. Somit kann man sich als Magier nun in diesem Tätigkeitsfeld auf dieses Buch beschränken und muss nicht mehr die Box zu den Göttern zu Rate ziehen.

Als nächster Bereich folgen dann die magischen Traditionen. Hier wird ein Überblick über die Hintergründe, Traditionen und Geschichte der einzelnen Klassen von Zauberkundigen und ihren Unterklassen gegeben. Was einem dabei auffällt, sind die Teile, in denen es um die einzelnen Schamanenkulte geht. Hier wird nämlich auch noch jeweils ein kleiner Teil über ihren Glauben erzählt. Meiner Meinung eigentlich ein deutliches Zeichen, dass die Schamanen doch eher zu den Geweihten gezählt werden sollten, als zu den Magiern und man sie daher lieber in das anstehende „Wege des Glaubens“ hätte packen sollen. Dann hätte man nämlich auch bei den Ritualen komplett auf das „Liber Cantiones Deluxe“ verweisen können, da dort nämlich alle Rituale (außer die der Schamanen) beschrieben sind. Somit hätte man in diesem Werk wieder Platz gehabt und hätte das doch schon recht wichtige „Stäbe, Ringe, Dschinnenlampen“ mit aufnehmen können.

Der fünfte und letzte Bereich, Kreaturen und Phänomene, beschäftigt sich mit den Hintergründen über Welt- und Sphärenbilder, das Wesen der Zeit, Steine und ihre arkane Bedeutung, die Magie der Namen, die Macht der Elemente, Geisterwelten und das Chaos der Niederhöllen. Ebenfalls wird noch ein kurzer Blick auf magiebegabte Kreaturen geworfen, bevor man mit den Legenden der Magie zum Ende dieses Buches kommt. Die schon erwähnten Tabellen am Ende geben einen kurzen Überblick über die Zauber und Rituale.

Wenn man es geschafft hat, das Buch von vorne bis hinten durchzuarbeiten, ist man auf viel Bekanntes gestoßen und dies nicht nur vom Themenbereich her. Gesamte Textpassagen oder auch Kapitel sind einfach von den alten Softcover-Büchern in das neue Regelwerk kopiert worden. Dies führt leider zu einigen Fehlern im Buch, da man das Layout neu angepasst hat. Somit sind zum Beispiel Tabellen nicht auf der Seite vorher, wie es im Text steht, sondern eine Seite später. Oder man sucht die Modifikationen einer weiterführenden Magierakademie, die unterhalb des Textes stehen sollen, vergeblich, da alle Tabellen der Magierakademien zur Charaktererschaffung gehören und somit nun im „Wege des Helden“ zu finden sind. Solche Fehler sind schon ärgerlich, da man sie einfach beim Korrekturlesen hätte ausmerzen können.

Fazit: Mit „Wege der Zauberei“ bekommt man altes Bekanntes im neuen Mantel. Der Mantel gefällt im Großen und Ganzen jedoch recht gut. Endlich kann man darauf verzichten, die ganzen dünnen Bücher aus den Boxen mit zum Spieleabend zu schleppen und nimmt stattdessen einfach dieses eine Buch mit, das zahlreiche vertreute Regelfragmente endlich mal an einem Ort zum leichten Nachschlagen zusammenfasst.

Es gibt aber auch Kritikpunkte, wie ich im Text oben schon beschrieben habe. Dadurch, dass man sich als Spruchmagier noch das „Liber Cantiones Deluxe“ dazu kaufen muss, wenn man nicht das Softcover aus einer vorherigen Regelbox besitzt, kommt man schnell auf einen Betrag von knapp 75 Euro. Und ein Magier der zudem magische Gegenstände professionell erstellen will, bräuchte auch noch das „Stäbe, Ringe, Dschinnenlampen“. Das ist dann schon eine Menge Geld – immer noch, trotz der angestrebten Zusammenfassung aller relevanten Regeln im neuen Vier-Wege-Buchkonzept.


Wege der Zauberei
Grundregelwerk
Thomas Römer, Olaf Michel u. a.
Ulisses Spiele 2007
ISBN: 978-3-94042-413-6
432 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 39,00

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