Warhammer 40.000: Conquest

Man kann über Fantasy Flight Games sagen, was man will: Sie wissen, wie man eine Lizenz nutzt. Das haben sie mit „Star Wars“ bravourös bewiesen und ebenso mit „Warhammer“ von Games Workshop. Mit denen kam es zwar jüngst zum Bruch, sodass es zukünftig keine weiteren „Warhammer“-Spiele bei FFG geben wird, aber bis dahin konnten ein paar echte Spieleperlen erscheinen, etwa „Warhammer 40.000: Verbotene Welten“ oder eben „Warhammer 40.000: Conquest“, ein Living Card Game um Helden, Armeen und ihre blutigen Schlachten.

von Frank Stein

Gleich vorweg eine Warnung und ein Hinweis: Dieses Living Card Game hat sein Leben im Grunde schon gelebt. Die Grundbox, über die ich hier sprechen will, kam Ende 2014 auf den Markt. Danach erschienen drei Zyklen mit jeweils sechs vorsortierten Karten-Erweiterungen zu je 60 Karten („Kriegsherr“, „Weltensturm“ und „Todeswelt“) und dazwischen kamen zwei größere Erweiterungen heraus, die sich je einer der zwei im Grundspiel noch fehlenden Fraktionen widmeten („Der große Verschlinger“/Tyranniden und „Legionen der Toten“/Nekrons). Damit ist dies LCG abgeschlossen. Das hat seine Vor- und Nachteile. Der klare Vorteil: Man kann sich für eine überschaubare Summe alles zusammenkaufen, was an Material existiert und damit echt lange Spaß haben. Der Nachteil: Man sollte nicht zu lange warten, denn sobald die Dinger „out of print“ sind, werden sie – wie alle guten Genre-Spiele – Mondpreise bei Ebay erzielen. Denn es ist kaum damit zu rechnen, dass Games Workshop für Nachdrucke oder überhaupt irgendeinen Nachschub sorgen wird. Insofern ist diese Rezension auch ein Appell an alle, die kompetitive Kartenspiele mit Science-Fiction-Thema mögen: Schlagt jetzt zu! Solange es noch geht. Es lohnt sich.

Warum? Das will ich hier ein wenig darlegen.

„Warhammer 40.000: Conquest“ ist ein Kartenspiel, bei dem zwei Spieler mit mächtigen Armeen gegeneinander antreten. Sie kämpfen um die Herrschaft über den Traxis-Sektor, einen uralten Teil des Weltraums, reich an Ressourcen und vergessener Technologie. Die Spieler müssen sich entscheiden: Schicken sie ihre Truppen an die Front, um ihren Ruhm zu mehren und Territorium zu gewinnen, oder stationieren sie sie auf kommenden Kriegsschauplätzen, um wertvolle Ressourcen zu sammeln und das Geschick des Krieges zu ihren Gunsten zu lenken? [...] Wirst du die Armeen des Imperiums der Menschheit kommandieren, dir die dämonischen Kräfte des Chaos zu Eigen machen oder dich mit den verruchten Xenos verbünden? Das Schicksal liegt in deinen Händen.

So steht es als Stimmungstext auf der Rückseite der mittelgroßen Grundbox des Kartenspiels, die das Schlachtenthema bereits auf dem Cover atmosphärisch mit einem Kampf der brachialen Space Marines gegen die chaotischen Dark Eldar präsentiert. Das Spiel, das von Genre-Profi Eric M. Lang (mit Nate French und Brad Andres) ersonnen wurde, kommt in der Basis-Version mit ganzen sieben Fraktionen daher, die übernommen werden können: Space Marines, Tau, Eldar, Dark Eldar, Chaos, Orks und Astra Militarium. Zu jeder Fraktion gehört ein Kriegsherr (der Avatar des Spielers gewissermaßen), der ein Set aus acht charakteristischen Karten mitbringt, die gut zu ihm passen. Um sich auf eine Partie vorzubereiten, muss jeder Kontrahent einen Kriegsherr auswählen und danach passend zu dessen Fraktion ein Kartendeck aus mindestens 50 Karten erstellen, wobei nicht-charakteristische Karten und neutrale Karten in dreifacher Ausführung verwendet werden dürfen.

Anmerkung 1: Da die meisten Karten im Grundspiel nur einmal vorhanden sind, müsste man sich im Grunde drei Grundsets holen, um alle Karten in voller Stärke nutzen zu können. Das ist aber wirklich nur für Powergamer und Turnierspieler nötig. Im Casual Play reichen ein bis zwei Boxen völlig (plus gegebenenfalls Erweiterungen).

Anmerkung 2:
Im Grundspiel finden sich nicht genug Karten einer Fraktion, um ein 50-Karten-Deck zu bauen, selbst wenn man neutrale Karten reinmischt. Aber „WH4K: Conquest“ bietet hier einen schönen Trick und Mechanismus. Jede Fraktion hat zwei verbündete Fraktionen, deren nicht-charakteristische und nicht-loyale Karten man ins eigene Deck mit hineinmischen darf (loyale Karten sind meist besonders mächtig, die charakteristischen gehören – wie oben erwähnt – zum jeweiligen Kriegsherrn). Die obige Aufzählung stellt auch gleich den Alliiertenkreis dar, das heißt Space Marines dürfen beispielsweise mit Tau und Soldaten des Astra Militarium zusammenarbeiten und Eldar mit Tau und den Dark Eldar. Auf diese Weise sind auch mit einer Box turnierlegale Decks machbar, von den Kombinationsmöglichkeiten der Karten ganz zu schweigen.

Neben den Karten finden sich noch einige Spielmarker in der Box, außerdem die Regeln und ein Referenzhandbuch (man kennt diese Trennung aus nötigem und optionalem Wissen von FFG aus anderen Spielen).

Während einer Partie geht es darum, entweder den Kriegsherrn des Gegners umzubringen oder Planeten zu erobern, bis man eins von drei Kategoriensymbolen (Material, Stützpunkt, Technologie) dreimal in seinem Siegstapel hat. Gekämpft wird jeweils in Runden um bis zu sieben (von insgesamt zehn) Welten, wobei anfangs nur fünf aufgedeckt sind. Der Rest folgt in Runde zwei und drei.

Eine Runde ist in vier Phasen unterteilt: Mobilisierung, Kommando, Kampf und Hauptquartier. In der Mobilisierungsphase spielt man abwechselnd Handkarten an beliebige Planeten aus, indem man Ressourcenmarker bezahlt – jeder Spieler erhält ein Startkontingent von beidem und gewisse Effekte beziehungsweise die Hauptquartierphase sorgen für Nachschub. Wenn beide Spieler passen, folgt die Kommandophase, in der die Spieler zunächst geheim festlegen, in welche Schlacht sich ihr Kriegsherr und dessen Gefolge einmischen. Steht das fest, werden nun für alle Planeten Kommandokonflikte ausgetragen, indem Kommandosymbole auf den Einheitenkarten verglichen werden. Der Sieger bekommt jeweils neue Ressourcen und Handkarten gemäß den Symbolen auf der Planetenkarte.

In der Kampfphase wird um den ersten Planeten (den ganz links in der Planetenkartenreihe) sowie um jede Welt gekämpft, auf der sich ein Kriegsherr befindet. Es gibt also bis zu drei Schlachten. Das sollte man immer im Blick behalten. Wie bei Kartenspielen dieser Art üblich, werden Einheiten durch Ausrüstung, Ereigniskarten und Effekte verstärkt, schließlich wird angegriffen, Schaden zugeteilt, Gegner sterben ... Das Ganze ist hier angenehm komplex gelöst, ohne unübersichtlich zu werden. Liebhaber von Trading Card Games oder anderen Living Card Games, die immerhin ein gewisses Auge für den effektiven Einsatz ihrer Karten haben, werden keine nennenswerten Probleme haben. (Was nicht heißt, dass man nicht gelegentlich gehörig reinfallen kann, indem man etwa eine Einheit auf einen Planeten weit rechts in der Reihe setzt, weil man die Ressourcen abgreifen will, nur um dann festzustellen, dass dort kein Kampf stattfindet, woraufhin die Einheit sozusagen am Arsch der Galaxis festsitzt.)

In der Hauptquartierphase findet das typische Aufräumen statt. Karten werden spielbereit gemacht, es gibt Nachschub, der Initiativemarker wird weitergegeben. Dann beginnt die nächste Runde – bis einer weint, pardon, besiegt ist. Der Karton gibt eine Spieldauer von 30 bis 60 Minuten an. Letzteres ist realistischer, aber gerade wenn man seine Decks halbwegs gut kennt und die Mechanismen des Spiels verinnerlicht hat, sind Partien in einer Stunde auch gut zu schaffen.

Ein Wort zum Schluss noch zur Aufmachung. Wer FFG kennt, der weiß, dass Atmosphäre bei ihren Genre-Spielen groß geschrieben wird. Das ist auch hier wieder der Fall. Die Kartenmotive sehen enorm gut aus und machen einen nicht geringen Reiz aus, „WH4K: Conquest“ zu spielen. Egal ob anarchistische Orks, sadistische Chaos-Anhänger oder schwer gepanzerte Space Marines. Die brachiale Stimmung von „Warhammer 40.000“ ist hervorragend getroffen.

Fazit: Wer Spaß an Science Fiction hat und an Kartenspielen mit den für TCGs/LCGs typischen Mechanismen, dem ist „Warhammer 40.000: Conquest“ nur zu empfehlen. Das Spielmaterial sieht super aus, die Atmosphäre am Spieltisch stimmt absolut, ein paar schöne Konzepte laden zum Deckbauen und zum strategischen Tüfteln ein und der Kosteneinsatz ist mit knapp 30 Euro für die Grundbox überschaubar. Wer dann nach mehr giert, der findet in 18 kleinen Zyklen-Erweiterungen und zwei größeren Deluxe-Erweiterungen reichlich Nachschub an Karten. Bloß sollte man nicht zu lange zögern: Nach der Trennung von FFG und Games Workshop hat sowohl in der englischen als auch der deutschen Version der Ausverkauf des Spiels schon langsam begonnen.


Warhammer 40.000: Conquest
Living Card Game für 2 Spieler
Eric M. Lang
Fantasy Flight Games/Heidelberger Spieleverlag
EAN: 4015566021358
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 29,25

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