von Simon Ofenloch
In bester „Pegasus-Tradition“ kommt auch dieser Band in edlem Hardcover-Design daher und steht damit den zuletzt erschienen Regel- und Quellenbüchern schon einmal optisch nicht nach.
Auch inhaltlich bleibt man den gehobenen Maßstäben treu. Zahlreiche Aspekte werden behandelt, mit interessanten Details ausgeschmückt und mit passendem Bildmaterial aufgewertet. Bei den Texten handelt es sich sowohl um Übersetzungen aus Veröffentlichungen von Chaosium, die teilweise überarbeitet wurden, wie auch um Beiträge, die vormals in dem mittlerweile vergriffenen Quellenband „Amerika – In Städten und Wäldern“ erschienen, und neue, für diesen Band verfasste Abhandlungen.
Das Buch gliedert sich in sechs Hauptbereiche mit den Überthemen: Das Land, Gesellschaft, Leben in den Vereinigten Staaten, Mythen, Lovecraft Country, Als Spielercharakter in Amerika. Am Ende steht ein hilfreicher Index.
Der erste Hauptbereich liest sich wie ein zeitgenössischer Reiseführer. Er gibt einen geschichtlichen Überblick über die Entstehung der USA und ihren Werdegang bis in die 1920er Jahre. Der Ist-Zustand dieser Zeit wird dann mit ein paar trockenen Fakten umrissen, und anschließend unter den Gesichtspunkten der Außen- und der Innenpolitik der Vereinigten Staaten jeweils etwas näher beschrieben. Es folgen Beschreibungen großer, wichtiger und weniger wichtiger amerikanischer Städte – sowohl historisch als auch geografisch –, die als Schauplätze für eigene Abenteuer genutzt werden können.
Daran anschließend werden gesellschaftliche Handlungen und Wandlungen in den Vereinigten Staaten der 1920er Jahre beleuchtet, das Freizeitverhalten in den „Roaring Twenties“ beschrieben und geschildert, was die Leute seinerzeit bewegte und welche gesellschaftliche Neuerungen stattfanden. Dezidiert behandelt werden die Themen Mode, Musik, Literatur, Radio, Familie und Religion. Gleichzeitig werden die USA als Einwanderungsland beschrieben und der Aspekt der Rassenunruhen vor allem am Beispiel des Ku-Klux-Klans angeschnitten.
In eigenen Unterkapiteln besonders herausgestellt und beschrieben werden die Prohibition (mitsamt dem entstandenen und unterhaltenen Bandenwesen), die Wirtschaftslage, die Filmindustrie, naturwissenschaftliche und technische Fortschritte und medizinische Entwicklungen. Eine zusammenfassende Chronologie präsentiert im direkten Anschluss Schlaglichter und besondere Ereignisse.
Danach geht es um die profanen Lebensumstände. Wie lebt es sich auf dem Land und in den Städten? Wie bewegt man sich fort, und was kostet eine Fahrt mit Schiff, Bus, Taxi oder Fahrrad? Auf diese und ähnliche Fragen finden sich Antworten. Interessant ist auch eine Auflistung von Hochschulen, Museen und Bibliotheken, in denen man vielleicht auch etwas über den Mythos finden kann. Anschließend wird die Rolle der damaligen Presse beschrieben, die Bedeutung von Zeitungen und Zeitschriften und Druckschriften dargelegt.
Es folgen Ausführungen zum Polizei- und Militärwesen, und schließlich detaillierte Beschreibungen von Schusswaffen, die wohl bei jeder Kampagne hilfreich sein können.
Der vierte Hauptbereich des Quellenbuches behandelt amerikanische Mythen und gesteht den Glaubensvorstellungen der indianischen Urbevölkerung viel Raum zu. Daran anschließend werden einige ausgewählte mysteriöse Stätten vorgestellt, reale und fiktive, die sich als Schauplatz eines Abenteuers eignen würden.
Passend dazu wird im anschließenden Hauptbereich das sogenannte „Lovecraft Country“ näher beschrieben. Zunächst gibt es einen Überblick über die in diesem fiktiven Landstrich angesiedelten Mythos-Geschichten, dann werden einzelne Schauplätze vorgestellt: Arkham, Kingsport, Innsmouth, Dunwich und einige kleinere Siedlungen. Karten zu den Städten gibt es keine, nur eine Übersichtskarte zum gesamten Landstrich.
Der letzte Hauptbereich trägt den Titel „Als Spielercharakter in Amerika“ und behandelt einige typische Charakterausformungen, vor allem den Detektiv und den Journalisten. Des Weiteren gibt es Informationen zu Ermittlungsmethoden von Gerichtsmedizinern und Polizisten. Zusätzlich erläutert wird auch der Beruf des Coroners. Das Quellenbuch schließt mit einer Auflistung interessanter Persönlichkeiten, die in den 1920er Jahren in den USA weilten und dementsprechend in Abenteuer integriert werden könnten.
Alles in allem ist der Band eine gelungene Überarbeitung und Erweiterung des frühen Quellenbuches „Amerika – In Städten und Wäldern“. Störend sind nur einige grammatikalische und orthografische Fehler, die dem Lektorat anzulasten sind. Das Buch verfolgt den Anspruch, die ganzen USA abzudecken. Die wichtigsten Aspekte des Landes werden beschrieben und durch zeitgenössisches Foto- und Kartenmaterial illustriert. Ein besonderes Augenmerk fällt nichtsdestoweniger auf den Nordosten, auf die Cthulhu-Kernregion im Cthulhu-Kernland der Vereinigten Staaten von Amerika, auf „Lovecraft Country“. Doch die Ausführungen zu diesem speziellen Gebiet und zum geheimnisvollen Arkham, zum verträumten Kingsport, zum verfluchten Innsmouth und zum unheimlichen Dunwich möchten nur als erste Informationen verstanden werden. Im Vorwort kündigt die Redaktion an, dass eine Reihe von Quellen- und Abenteuerbänden zu einzelnen Orten im Lovecraft Country folgen soll.
Fazit: Das Quellenbuch „USA – Großmacht unterm Sternenbanner“ ist prall gefüllt mit interessanten und nützlichen Informationen. Allen, die Abenteuer in den USA spielen lassen wollen – und wer kommt schon an „Lovecraft Country“ (im engeren und weiteren Sinn) vorbei? –, sei der Quellenband wärmstens empfehlen.
USA – Großmacht unterm Sternenbanner
Quellenbuch
Jan Christoph Steines u. a.
Pegasus Spiele 2008
ISBN 978-3-939794-75-2
280 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 34,95
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