Underwater Cities

Da sich die geopolitischen Probleme auf der Erde nicht von selbst in Luft auflösen und die Besiedlung des Mars noch dauert, sucht die Menschheit nach neuen Wege aus der Krise. Scheinbar befinden sich die Lösungen nun unter Wasser. Denn dort wachsen auf dem Meeresgrund neue Städte mit funktionierenden Lebensbedingungen. Tauchen wir mal einfach ab und schauen uns das Ganze an.

von Oli Clemens

Genau zehn Runden haben wir Zeit, um unter Wasser eine Infrastruktur aus Städten, Tunneln, Farmen, Laboren und Entsalzungsanlagen aufzubauen, damit wir am Schluss die meisten Siegpunkte anhäufen können. Pro Runde können wir drei Arbeiter einsetzen, um Aktionen auszuführen. Das macht in der Summe 30 einzelne Handlungsschritte, wovon jeder bis in die kleinste Auswirkung durchdacht werden will. Doch bevor der erste Arbeiter eingesetzt werden kann, brauchen wir ein bisschen Zeit für den Aufbau.

Zwischen den Spielern wird ein Spielplan ausgelegt, der von einer Punkteleiste gesäumt ist und auf dem die einzelnen Aktionsfelder in drei farbige Kategorien eingeteilt sind: grün, rot und orange. Außerdem befinden sich dort auch eine Kartenauslage, ein Nachziehstapel für sogenannte Spezialkarten und drei Regierungsaufträge. Daneben liegen allerhand Marker und Plättchen, welche die unterschiedlichen Ressourcen repräsentieren, dazu drei Kartenstapel mit römischen Ziffern. Vom Stapel ‚I‘ erhalten alle sechs Karten, von denen sie drei behalten dürfen. Am besten achtet man darauf, dass jede der drei Farben der Einsetzfelder vertreten sein wird. Das macht den Einstieg leichter.



Außerdem erhalten alle ein eigenes Spielertableau, das quasi eine Blaupause für die eigene zukünftige Stadt ist. Darauf sehen wir angedeutete Bauplätze für neue Städte und Gebäude und den Verlauf von Verbindungstunnels. Bis auf eine weiße Startstadt im unteren rechten und drei zufällige platzierte Metropolenplättchen für individuelle Boni und Punkte zur Abschlusswertung in den anderen Ecken ist noch alles unbebaut. Die Städte werden durch weiße und rote Kunststoffkuppeln dargestellt. Sie sind schon kleine Hingucker und unterscheiden sich nicht nur farblich, sondern auch in den Rohstoffen, die zum Bau benötigt werden und wie viele Siegpunkte sie abwerfen werden. Weil ja unter der Wasseroberfläche eine funktionierende Infrastruktur entstehen soll, benötigen wir für jedes zukünftige Bauwerk entsprechende Ressourcen. Im Spiel sind das Tang, Biomasse, Stahlplastik oder Credits. Als kleine Anschubhilfe erhält man zum Spielstart eine überschaubare Auswahl davon. Damit ist klar, dass man vorher an mehr Ressourcen kommen muss, bevor gebaut werden kann.



Wer an der Reihe ist, legt einen seiner drei Arbeiter, die durch farbige Plättchen dargestellt werden, auf eines der Einsatzfelder. Einige liefern neue Rohstoffe, andere ermöglichen den Bau von Strukturen auf dem eigenen Spielertableau, die meisten davon bieten auch gleich eine Auswahl oder sogar Doppel-Aktionen an. Beispielsweise können auf einem der grünen Felder entweder zwei Tang-Anlagen oder Labore gebaut werden, auf einem anderen erhält man entweder einen Tang oder baut eine Stadt. Die Spieler haben die Qual der Wahl. Und wie in anderen Workerplacement-Spielen gilt auch in „Underwater Cities“: Ist ein Feld bereits besetzt, kann niemand anderes es benutzen. Alle Einsetzfelder, egal ob sie das Organisieren von neuen Ressourcen oder das Errichten von Strukturen auslösen, dürfen aber nur genutzt werden, wenn die Aktionen auch ausgeführt werden können – zumindest teilweise. Ein unfaires Blockieren der anderen ist also nicht möglich. Verpflichtend ist zusätzlich zum Einsetzen eines Arbeiters, dass ein Spieler immer eine seiner drei Handkarte dazu ausspielen muss.

Hat diese die gleiche Farbe wie das gewählte Aktionsfeld, darf der Spieler zusätzlich zur Aktion des gewählten Feldes auch noch die Aktion der Karte nutzen. Was genau die Karte ermöglicht, ist gut verständlich entweder an den Symbolen oben auf der Karte zu erkennen oder in einem Erklärtext unten auf der Karte abzulesen. Dabei ist die Reihenfolge, wie man die Aktionen einsetzt, beliebig. Und genau darin liegen wichtige Synergien, um einen Zug effektiv zu gestalten. Einige Karten aktivieren einmalige Soforteffekte, einige liefern dauerhafte Effekte für den Rest des Spiels und einige werden zu persönlichen Assistenten mit individuellen Aktionen, die nur diesem Spieler zu Verfügung stehen. Passt die Karte farblich nicht dazu, verpufft ihr Effekt. So beginnt das Spiel für alle mit den genau gleichen Voraussetzungen, wird aber allmählich asynchron, was sehr individuelle Strategien ermöglicht.



Haben alle Spieler ihre drei Arbeiter eingesetzt, endet eine Runde. Langsam entstehen so durch geschicktes Organisieren und Einsetzen von Ressourcen Tangfarmen, Entsalzungsanlagen, Labore und neue Städte. Alles muss natürlich durch ein Streckennetz an Tunnels miteinander verbunden sein, um effektive Erträge zu liefern. Gebäude können sogar aufgewertet werden. Dann werden sie effektiver, was sich bei „Underwater Cities“ in Ressourcen und Siegpunkten niederschlägt.

Nach vier gespielten Runden endet die erste Ära und es erfolgt die erste von drei Zwischenwertungen. Dann produzieren die Gebäude neue Ressourcen und Credits, aber auch schon die ersten Siegpunkte. Jede gebaute Stadt muss anschließend aber mit Nahrung versorgt werden. Also muss man entsprechend die eigene Tang-Produktion im Auge halten. Kann man die Städte nicht ausreichend ernähren, kostet das Punkte. Im Anschluss werden die Karten mit ‚I‘ durch die Epochenkarten mit der Ziffer ‚II‘ ersetzt. Diese ermöglichen im direkten Vergleich stärkere Zusatzaktionen. Jetzt kommt richtig Fahrt beim Bauen und Optimieren auf. Insgesamt werden zehn Runden in drei unterschiedlichen Epochen gespielt, bis es zur Abschlusswertung kommt. Dann werden angeschlossene Metropolenplättchen gewertet, gesammelte Spezialkarten schütten ihre Punkte aus, die technologische Diversität der entstandenen Städte wird belohnt und übrig gebliebene Ressourcen und Credits werden noch in Siegpunkte umgerechnet. Wer jetzt auf der Siegpunktleiste ganz vorne ist, gewinnt.



Kritik


„Underwater Cities“ ist ein Expertenspiel der Superlative! Am besten ist das Unterwasserstadtbauerlebnis zu zweit. Je mehr Personen mitspielen, desto höher kann sich die Wartezeit zwischen Zügen entwickeln. Schon zu zweit ist man locker 90 Minuten mit einer Partie beschäftigt. Jeder Zug fordert die volle Konzentration, damit das Einsatzfeld und der Karteneffekt optimal miteinander harmonieren können. Das kann Zeit kosten. Bauchspieler lösen das zwar schneller, aber sicher nicht effektiver. Je mehr Spieler am Zug sind, desto länger wird das Spiel dauern. Zu viert kann „Underwater Cities“ auf jeden Fall gespielt werden, das kann dann aber je nach Zusammensetzung schon ein echt abendfüllendes und herausforderndes Unternehmen werden.

Der Spielekarton ist prall gefüllt mit Material. Über 200 Karten, 70 Plättchen, 100 Gebäudemarker und 30 Kunststoffkuppeln liegen spielbereit darin. In der Pegasus-Ausgabe steckt zusätzlich sogar noch eine Mini-Erweiterung. Das Material ist wertig, nur die Spielertableaus vielleicht ein bisschen zu glatt. Da kann es schon mal passieren, dass die gebauten Strukturen verrutschen. Sicher kein Drama, aber durch mehrlagige Spieletableaus ließe sich das sicher besser lösen. Wie gut, dass diese in der Erweiterung „Neue Entdeckungen“ stecken, über die wir natürlich auch berichten werden.



Die Anleitung zum Spiel ist mit 20 Seiten sicher fortgeschritten umfangreich und es hagelt tonnenweise Informationen, aber sie ist ebenso sehr gut strukturiert und hilfreich bebildert. Die Aktionssymbole sind genau beschrieben, es gibt Hinweise zu Karteneffekten, die vielleicht Probleme beim Verständnis machen können, und es wird sogar auf häufig übersehene Spielregeln hingewiesen. Wenn nur die Anleitung eines jeden Expertenspiels so wäre.

Fazit: Wer auf gut verzahnte Mechaniken, Handkartenmanagement und abwechslungsreiche Spielerlebnisse steht, sollte unbedingt abtauchen und mit „Underwater Cities“ das Erlebnis unter Wasser suchen.

Underwater Cities
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Vladimír Suchý
Pegasus Spiele 2021
EAN: 4250231729232
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 49,95

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