Und übrigens noch was …

Beginnen wir mit drei kleinen Hinweisen: 1. Du sollst nicht fortsetzen eines anderen Meisterwerk. 2. Du sollst nicht fortsetzen eines anderen Meisterwerk. 3. Du sollst nicht fortsetzen eines anderen Meisterwerk. Uns ist bewusst, dass es sich dabei um die immer gleiche Aussage handelt, aber in einem Bücherherbst der zumindest verwunderlichen Fortsetzungen zu Romanen verstorbener Kult-Autoren (zu dessen Auswüchsen auch David Benedictus’ „Rückkehr in den Hundertsechzig-Morgen-Wald“ gehört) kann man diese vermutlich nicht oft genug wiederholen. Umso erstaunlicher, dass Eoin Colfer mit „Und übrigens noch was …“ ein durchaus unterhaltsames Buch gelungen ist.

von Christian Humberg

Eoin Colfer, bekannt als Autor der „Artemis Fowl“-Bücher, ist nicht zu beneiden. Sein jüngster Roman setzt die fünfbändige „Per Anhalter durch die Galaxis“-Trilogie von Douglas Adams inhaltlich – und gewissermaßen sogar stilistisch – fort und seinen Autor somit dem Zorn einer vielleicht überkritischen weltweiten Fangemeinde aus. Adams’ Romane – deren Wendungen die Fans aus dem Effeff herunterbeten und dessen Gags sie dank vielfacher Lektüre im Schlaf wiederholen können – nehmen einen Stellenwert ein, der sie über die meisten Werke humoristischer britischer Literatur erhebt. Sie sind Kult. Auch dieser Rezensent zählt sich zur Gruppe der Kultisten und besitzt noch heute die zerlesenen Zweitausendeins-Taschenbuchausgaben der ersten drei Bände, mit dem – für ihn – vor Jahrzehnten alles anfing. Bücher, die Leser prägen konnten.

Wer sich an ein solches Erbe wagt – und der Vergleich mit Regisseur J. J. Abrams’ „Star Trek“-Reboot aus dem Mai 2009 bietet sich an –, muss behutsam vorgehen. Respektvoll. Und er muss wissen, dass er – egal, was er tut – immer einige Altfans verprellen wird. Glaubt man den Aussagen, die Colfer in Interviews zum Buch gemacht hat, wusste er dies sehr wohl. Doch er wusste auch, dass Adams’ Erben und Verleger mit ihrem Angebot, eine offizielle Fortsetzung des „Anhalters“ zu schreiben und das Franchise dadurch ein wenig wiederzubeleben, einfach zum nächsten Autor weitergezogen wären, wenn er, Colfer, es abgelehnt hätte. Als Fan des Originals, so Colfer werbewirksam, habe er es einfach annehmen müssen. Schon allein, damit es niemand anderes schlechter macht.

Und schlecht ist das, was Colfer hier abliefert, keineswegs. Mit der nötigen Bescheidenheit – so beschreibt er den Roman im Buch selbst nicht als Fortsetzung, sondern als Lektüre der Marke „Wenn ihnen Buch X gefallen hat, könnte ihnen auch Buch Y gefallen“ – und einem erstaunlich originalgetreuen Wortwitz stürzt sich Colfer auf die Quadratur des Kreises – und Adams’, pardon, seine Figuren in ein brandneues, von Unlogik und Wahnsinn nur so strotzendes Abenteuer. In einem eigenständigen Werk gäbe es an seinen Einfällen wenig auszusetzen.

Kann man machen, muss man nicht


„Und übrigens noch was …“ schließt inhaltlich direkt an den Vorgängerroman an und beweist schon auf den ersten Seiten, dass Colfer seine Hausaufgaben gemacht und die Kernqualitäten der Serie erkannt hat. Mit wenigen narrativen Handgriffen führt er die Stammfiguren der Saga – den letzten Erdling Arthur Dent, den hippen Ford Prefect, die Journalistin Tricia McMillan und den selbstverliebt-wahnsinnigen galaktischen Präsidenten Zaphod Beeblebrox wieder zusammen und an Bord der Herz aus Gold, Beeblebrox’ Superraumschiff. Und dann fangen die Probleme erst richtig an. Probleme, die von alten Schulden, unsterblichen Sehnsüchten und – ganz im Stile Douglas Adams’ – nordischen Gottheiten handeln.

Colfer vermischt gekonnt Motive und Elemente der Romanvorgänger mit eigenen Ideen, die meist funktionieren. Stellvertretend sei hier die herrlich alberne Szene genannt, in der Cthulhu ein Bewerbungsgespräch um die Stelle als Gott einer gottlosen Zivilisation führt. Auch stilistisch scheint sich Colfer dem ironischen Tonfall der Adams-Prosa angenähert zu haben.

Trotzdem haftet dem ganzen Unterfangen ein Hauch von „Kann man machen, muss man aber nicht“ an, das auch zwischen den Zeilen spürbar wird. Dabei ist der Roman nicht schlecht. Er ist einfach … nun ja … größtenteils harmlos. Colfer selbst hat, obwohl er das Buch mit dem Verweis auf weitere Abenteuer enden lässt, längst erklärt, für einen zweiten Ausflug mit Arthur und der Gang nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Auch er dürfte sich obiger drei Hinweise bewusst geworden sein.

Fazit: Natürlich hat die Welt dieses Buch nicht gebraucht. Und natürlich wird es Leser geben, die schon allein seine Existenz als kleines Sakrileg und Adams’ Fußstapfen als zu groß für Eoin Colfer erachten. In beidem haben sie sicher nicht ganz unrecht. Dennoch weiß „Und übrigens noch was …“ einiges zu bieten. Zwar wünscht man sich bei der Lektüre so manches Mal, Colfer möge seinen Plot stringenter vorantreiben und vor allem mit den – dennoch überwiegend sehr witzigen – Zwischenbemerkungen sparsamer umgehen, denn richtige Spannung vermag hier nicht aufzukommen. Aber wegen der Spannung hat wohl noch niemand zu einem „Anhalter“-Roman gegriffen. Wer also Spaß sucht, und das unverhoffte Wiedersehen mit ein paar alten Bekannten, wird in „Und übrigens noch was …“ sehr schnell und ausgiebig fündig.


Und übrigens noch was …
Science-Fiction-Roman
Eoin Colfer
Heyne 2009
ISBN: 978-3-4532664-07
416 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 19,95

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