Tribunal 1920

Ben Matlock, Ally McBeal, Saul Goodman – die Liste bekannter amerikanischer TV-Rechtsanwälte ist lang. In „Tribunal 1920“ schlüpfen nun die beiden Spieler ebenfalls in die Rollen hochkarätiger Anwälte, um sich im Gerichtssaal um Gerechtigkeit zu kämpfen – oder einfach nur gut zu bluffen.

von Oli Clemens

„Tribunal 1920“ ist ein 2-Personen-Spiel in einer kleinen Schachtel. Darin befinden sich 20 Karten, 25 Spielfiguren aus Holz, 1 Spielplan und die notwenige Anleitung. Dabei ist alles thematisch auf einen Gerichtssaal in New York vor etwa 100 Jahren ausgerichtet.

Die Karten heißen Beweise, die Spielsteine teilen sich – gelb und blau – in Ermittler, Plädoyer- und Anhörungssteine auf, und sogar einen schwarzen Bestechungsstein gibt es. Der Spielplan zeigt einen Gerichtssaal, und eine einzelne Spielrunde heißt Anhörung. Ja, das ist thematisch dicht. Der Spielplan sieht übrigens einem 3x3-Felder großen „Tic-Tac-Toe“-Spielfeld sehr ähnlich. Kein Zufall, denn wer zuerst drei Steine der eigenen Farbe in einer Reihe, Spalte oder Diagonale hat, gewinnt.

„Tribunal 1920“ ist superschnell vorbereitet. Der Spielplan kommt in die Mitte, das Spielmaterial wird farblich getrennt und verteilt, der schwarze Stein liegt erst einmal auf der Seite, die Karten werden gemischt und jedem wird eine zum Start in die Hand gegeben. Schon kann’s losgehen.

Wer an der Reihe ist, zieht eine Karte vom Stapel. Diese haben zwei Informationen für uns. Zum einen zeigen sie jeweils eins der vier Beweis-Symbole „Pistole“, „Auge“, „Gesetzbuch“ oder „Fingerabdruck“. Die braucht man, wenn man im Gerichtssaal erfolgreich sein will. Zusätzlich tragen sie aber auch eine Buchstabenkombination, die auf einen der fünf Bezirke von New York verweist: Manhattan, Brooklyn, Queens, die Bronx und Staten Island.

Nach dem Ziehen will man einen seiner Plädoyersteine loswerden. Dazu zeigt man auf eins der Felder im Gerichtssaal oder in den Bezirken. Damit drückt man aus, dass man die notwendigen Symbole oder Buchstabenkombinationen auf der Hand hat, um das Feld in Anspruch zu nehmen. Aber es darf auch nach Herzenslust dabei geblufft werden. Vor Gericht kommt es also nicht auf die Wahrheit an, sondern auf die beste Überzeugungskraft.

Dein Gegenüber ist nun im Entscheidungszwang. Entweder heißt es OK, und du darfst deinen Spielstein genau dort einsetzen, wo du angedeutet hast, oder es hagelt einen Einspruch! Dann muss gecheckt werden, ob du die notwendigen Symbole oder Buchstabenkombinationen auch auf der Hand hast. Hast du die Wahrheit gesagt, zeigst du entsprechenden Karten vor, wirfst sie anschließend ab und darfst deinen Spielstein auf ein beliebiges freies Feld einsetzen. Hast du aber geblufft, musst du dies zugeben, und dein Gegenüber darf einen Stein beliebig einsetzen.

Mit den Feldern im „Tic-Tac-Toe“-Gerichtssaal willst du die Drei-Gewinnt-Situation herstellen. Mit den Feldern in den Bezirken kannst du aber ein bisschen die Gerechtigkeit austricksen. Zum einen sind die Felder übereinander angeordnet. Bei einem Unentschieden, was durchaus in der Natur des Spiels liegt, würde dann doch die Person gewinnen, deren Spielstein am weitesten oben liegt. Ansonsten kann man durch die Soforteffekte auch eingesetzte Spielsteine verschieben oder entfernen oder ein Feld blocken. Die Justiz ist ein Haifischbecken.

Wer zuerst drei Runden gewonnen hat, entscheidet „Tribunal 1920“ für sich. Das dauert knappe 20 Minuten, gerne auch weniger, wenn man eingespielt ist. Damit eignet sich das Spiel sehr gut als schnelle Nummer für Zwischendurch oder um auszuspielen, wer eine ungeliebte Aufgabe im Haushalt übernehmen muss. Abendfüllend ist es sicher nicht, will es aber auch nicht sein.

Die Anleitung ist schlank und liest sich flüssig. Wenn man es schafft, die thematischen Begriffe wieder runter zu brechen, auf das was es ist, nämlich Karten und Steine, kommt man auch schnell ins Spiel rein.

Fazit: „Tribunal 1920“ als ein thematisch-aufgeblasenes „Tic-Tac-Toe“ zu bezeichnen, wäre nicht angemessen. Vielmehr ist es ein cleveres „Taktik-Toe“, bei dem das Bluffen eine wichtige Rolle spielt. Dreist kommt weiter, aber zu dreist fällt auf die Nase. Insofern kann da ein Spiel im Spiel mit deinem Gegenspieler entstehen. Die kurze Spielzeit und die einfachen Regeln ordnen „Tribunal 1920“ eindeutig im Familienspielniveau ein.

Tribunal 1920
Brettspiel für 2 Spieler ab 8 Jahren
Grégory Grard
Corax Games 2023
EAN: 7421098106192
Sprache: Deutsch
Preis: 20,00 EUR

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