Tribun – Die Brutier Erweiterung

Die Zeiten ändern sich, und die Allmacht des römischen Senats bröckelt. Eine neue Ordnung entsteht, und jetzt ist es an den nunmehr bis zu sechs Spielern, ihre Stellung im zukünftigen Machtgefüge zu bestimmen. Einer aus ihrer Mitte, womöglich ein Brutier, wird zum Imperator. – Mit „Die Brutier“ bekommt „Tribun“ eine beachtenswerte Erweiterung.

von Lars Jeske

 

Die Römische Republik liegt am Boden, und eine neue Ordnung muss her. – In „Die Brutier-Erweiterung“ entsendet uns Karl-Heinz Schmiel erneut in das antike Rom. Mittlerweile schwindet der Einfluss des Senats, und das Ende der Republik naht, sodass es wichtiger denn je ist, entscheidend Einfluss auf die verschiedenen Fraktionen zu erlangen. Am grundlegenden Spielprinzip von „Tribun“ wurde glücklicherweise nichts geändert. Die Erweiterung besteht aus zwei unterschiedlichen Komponenten. Zum einen aus zusätzlichem Material für die bisherigen fünf Spieler und nunmehr auch der Möglichkeit, als fünfter oder sogar sechster Spieler am Tisch die Familie der Brutier zu übernehmen. Diese spielt sich komplett anders.

Das Übliche an einer Erweiterung

Jetzt gibt es einen kleinen zusätzlichen Spielplan (1/4 vom Originalbrett), der als neue Phase in jeder Runde erst unmittelbar vor der Ersteigerung des Streitwagens ausgewertet wird. Ansonsten hält sich der Überraschungseffekt der Neuerungen dieser Komponenten in Grenzen. Neben einer nicht zwingend notwendigen Ablage für die Legion-Marker und einen Stellplatz für den Streitwagen, gibt es drei neue Orte, um seine Spielfiguren zu platzieren. Dabei kann man: sich im Capitoleum ein Amt sichern, welches so lange Vorteile bringt, wie man es inne hat, die Gunst des Imperators in der Basilica erlangen und im Refugium die ebenfalls neuen Sklavenkarten gewinnbringend einsetzen. Jeder Mitspieler kann somit aus noch mehr Möglichkeiten wählen, wohin er seine Figuren setzt, wodurch das Spiel mit Dauergrüblern zu einer echten Geduldsprobe wird.

Das zusätzliche Material hierfür besteht aus weiteren Münzmarker, Plättchen für fünf verschiedene Ämter und als Spielkarten werden 15 Sklaven (Nubier, Germanen, Griechen) und drei Attentäter mit in die Fraktionskarten gemischt. Als Plättchen die man erringen kann, kommen das für die „Gunst des Imperators“ und das des „Patron“ für den Freikauf der Sklaven hinzu. Somit braucht es neue Siegbedingungen (Szenariokarten), von denen jedoch lediglich zwei verschiedene beiliegen. Hier kann man sich jedoch selber leicht ein paar Alternativen ausdenken, so diese nicht ausreichen. Auf den neuen Szenariokarten entfällt die immer sehr leicht erreichbare Siegbedingung der Sesterzen, sodass die Ziele gleichwertiger werden und man jetzt immer aus sieben Teilaufgaben wählen kann.

Auch bei einer größeren Spieleranzahl sind nun die Konsequenzen von Spielfehlern nicht mehr so dramatisch. Zudem ist es jetzt einfacher, Legionen zu bekommen (über die Sklavenkarten), und durch die wählbaren Ämter ergeben sich zusätzlich diverse Erleichterungen seine Pläne in die Tat umzusetzen. Der offensichtliche Vorteil hierdurch ist, dass die bisherige Spielzeit dadurch nicht großartig verlängert wird. Als Nachteil muss man jedoch in Kauf nehmen, dass das Spiel etwas entschärft wird, somit taktisch geringere Ansprüche an den zukünftigen Weltenlenker gestellt werden.

Zwischenfazit: Optisch überzeugt dieses Spielmaterial. Obwohl es jetzt noch mehr Spielkomponenten gibt, wird das Spiel prinzipiell sogar leichter. Trotz der neuen Ideen und Orte auf dem zusätzlichen Spielplan, ist dieser Teil der Erweiterung jedoch nur ein nettes Gimmick und kein Must-Have.

Die anspruchsvollen Brutier

Der Clou dieser gesamten Erweiterung steckt, nomen est omen, in den Spielmöglichkeiten desjenigen, der die Geschicke der Familie der Brutier lenkt. Leider ist dies erst bei mindestens vier anderen Mitspielern möglich, aber aufgrund der neuartigen taktischen Möglichkeiten ist diese Spieloption überaus empfehlenswert. Der optionale Brutier-Spieler bekommt nämlich nicht wie die Konkurrenten Figuren zum Platzieren auf den Spielbrettern, sondern agiert im Hintergrund. Dieses passt wunderbar zur Legende der geschichtlich geächteten Familie (die Älteren unter uns erinnern sich sicherlich, dass ein gewisser Brutus, der Mörder Cäsars, diesem Geschlecht entstammt).

Während reihum die Mitspieler wie üblich ihre Figuren setzen, dreht der Brutier zufällig eine seiner sechs Aktionsscheiben um. Im günstigsten Fall hat er somit drei Aktionen pro Runde, da ihn die übrigen Marker aussetzen lassen. Dafür steht es ihm dann jedoch frei, beliebig eine seiner spielstarken Aktionskarten aufzudecken, um durch diese an entsprechender Stelle signifikant in das Geschehen einzugreifen.

Spätestens hier muss auf die hervorragende Qualität des Spielmaterials eingegangen werden. Die neuen Plättchen sind ebenfalls sehr stabil, sowie leicht und sauber aus dem Stanzbogen zu lösen. Dies ist vor allem darum wichtig, da insgesamt 16 Plättchen bezüglich der Rückseite ununterscheidbar bleiben müssen (10x „Gunst des Imperators“, 6x Aktionsscheiben Brutier). Vor allem bei einer möglichen Unterscheidung der Plättchen des Brutier-Spielers würde dessen Aktionsprinzip anderenfalls ad absurdum geführt werden.

Vor allem diese Möglichkeit, als einziger Spieler anders agieren zu können und mit viel mehr Strategie handeln zu müssen, weiß zu faszinieren. Eine erstklassige Idee, welche die Anschaffung dieser Erweiterung rechtfertigt (so man oft in großer Besetzung „Tribun“ spielt). Hier zeigt sich, ob man die Feinheiten des Spiels verstanden hat und es einem auch unter schwierigeren Voraussetzungen gelingt, den anderen Spielern ein Schippchen zu schlagen und sich zum Imperator aufzuspielen.

Fazit: Ohne extra eine geschichtliche Ausschmückung mit einzuflechten bringt „Die Brutier-Erweiterung“ interessante neue Komponenten in „Tribun“ ein. Für das typische Spiel sind nette Spielereien mit dabei, die das Spielgeschehen etwas verändern, zumeist jedoch zu Vereinfachungen beim Umsetzen der eigenen Pläne führen. Den weitaus interessanteren Teil stellt jedoch die Brutier-Option da, die eine ganz andere Spielweise verlangt und eine echte Herausforderung ist. Mit dieser kann man „Tribun“ komplett neu erleben, was für eine Erweiterung eine echte Seltenheit ist. Leider müssen dafür mindestens fünf Spieler versammelt sein. Wäre der Preis nicht so hoch, sollte man sofort zugreifen, denn qualitativ und vor allem inhaltlich überzeugt das neue Spielmaterial.


Tribun – Die Brutier-Erweiterung
Brettspiel 2 bis 6 Spieler
Karl-Heinz Schmiel
Moskito Spiele / Heidelberger Spieleverlag 2009
EAN: 4015566000209
Box mit Spielregeln, zusätzlicher Spielplan, neue Marker, 30 neue Karten, 2 neue Szenarien, 1 Spielerbogen, deutsch
Preis: EUR 24,95

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