Thunderstone: Herz der Verdammnis

Das Finale des Deckbauspiels „Thunderstone“. Die vierte kleine Erweiterung führt die Spieler zum Kampf gegen die Verdammnis selbst. Es geht um das Schicksal der Welt. Nicht mehr, nicht weniger. Danach kann nichts mehr kommen und dieses Kapitel wird geschlossen. – Hoffentlich von den erfolgreichen Helden.

von Lars Jeske

Hier sind sie, die letzten Karten, die den Spielern helfen, gegen das Böse zu ziehen und es endlich aus der Welt zu vertreiben. Nach all den Mühen und Gefahren lagern die Helden jetzt am Sumpf des Trauersees, um sich auf die letzte Schlacht vorzubereiten.

So man fleißig alle bisherigen Grundspiele und Erweiterungen gesammelt hat, besitzt man nun quasi sieben Donnersteine. Aber sind das wirklich alle? Es gibt die Legende von einem achten. Das „Herz der Verdammnis“ beschließt für die Welt von „Thunderstone“ den ersten Zyklus. Dabei bringt auch die vierte Erweiterung weitere interessante neue Karten mit ins Spiel, die der Anschaffung lohnen. Es gibt keine neuen Regeln, dennoch ist die 8-seitige Spielanleitung nicht unnütz. Schließlich sind erneut all jene neuen Karten aufgelistet, für die mögliche Regelfragen bestehen. Dazu gibt es ein sehr herausforderndes abschließendes Szenario und einen kurzen Epilog zur bisherigen „Thunderstone“-Geschichte.

In dieser Erweiterung mit über 300 Karten gibt es 7 neue Helden, 13 neue Dorfkarten und zum Abschluss sogar 8 Monster. Aber das ist bei Weitem nicht alles. Hinzu kommen neue Schätze, je 3 weitere Szenarien- & Dungeon-Merkmal-Karten, der siebente und damit (vor)letzte Donnerstein und sogar 3 Wächter. Auf der Box angegeben sind zudem noch 3 Bonuskarten für die vorangegangene Erweiterung „Belagerung von Thornwood“ – um wohl noch einmal für diese zu werben. Es handelt sich dabei um ein Szenario und einen weiteren Wächter. Die dritte Karte ist ein zusätzliches Monster für die Gruppe der Hydra-Drachen.

Exkurs einer Kritik auf hohem Niveau: Wie was Bild der „Apokalyptischen Leere“ erkennen lässt, ist dies das Artcover von der Stand-Alone-Erweiterung „Drachenturm“ und gehört somit zu einem Monster dieser Packung. Hat also gar nichts mit „Thornwood“ zu tun. Ebenso wurde vergessen, das Editionskürzel vom englischen DS für „Dragonspire“ auf das deutsche DT „Drachturm“ zu ändern. Inhaltlich ist das Monster mit seinen 20 Lebenspunkten jedoch eine super Herausforderung und dementsprechend 10 Siegpunkte wert. – Das scheint der Fluch der Spielecover zu sein. Das Monster, welches als Titelbild für „Thornwood“ hergehalten hatte, wurde mit falscher, also schon einmal benutzter Typenbezeichnung gedruckt. Dieses liegt jetzt in korrigierter Form bei. Sehr löblich, wenngleich nicht zwingend notwendig. So ist jedoch weiterhin gewährleistet, dass keine Kartenbezeichung bei den Monsterkategorien doppelt vergeben ist.

Die neuen Helden kann man beinahe als die Glorreichen Sieben bezeichnen, sind sie doch allesamt Unikate und mit Effekten ausgestattet, die es so vorher noch nicht gab. Vor allem Frauenpower. Beispielsweise wird erstmalig explizit auf das Gewicht der Gegenstände Bezug genommen. Die Heldin „Isrier“ wirft quasi diese und ihr Angriff wird um deren Gewicht erhöht. Die „Dunkle“ als Zauberin bekommt in Stufe 2 und 3 magischen Angriffsbonus für die Siegpunkte abgelegter Monster und kann dadurch vor allem gegen Spielende enorm spielstark werden. Die „Kanoniker“ hingegen verteilt bereits erlittene Krankheiten an Mitspieler oder auf Monster, die dann auf dessen nächsten Bekämpfenden übergehen – herrlich fies. (Ob es Zufall ist, dass dieser Held weiblich ist?) Auch die letzte Frau im Bunde intrigiert schön und opfert sich selbst, um einen Schatz eines anderen Mitspielers zu stehlen. Alternativ ist es ihr nach einem Upgrade möglich, Helden sogar im Dungeon zu erwerben und gegebenenfalls sogar auf die Hand zu nehmen. Die Herren der Schöpfung sind dagegen fast schon harmlos; erst in der 3. Stufe sind sie unangenehm für die Gegner. Die Figur vom Cover der Erweiterung ist der „Jondulier“, welcher ab Position 2 alle Lichtabzüge ignoriert.

Von den 7 neuen Monstern erschaffen die „Baumgeister“ sogar kurzzeitig weitere Positionen im Dungeon, was auf Dauer lästig wird. Die Spinnen zerstören spätestens als Durchbruch-Effekt wenigstens einen Helden des aktiven Spielers, die Spinnenkönigin sogar zwei vor dem Kampf und den kompletten Heldenstapel des soeben noch am üppigsten gefüllten. Autsch. Die „Basilisken“ bekommen einen Bonus für ausgelegte Karten und zerstören – dem Mythos entsprechend – Karten des Spielers. Die „Untoten Gespenster“ fordern einen Tribut in Form vom Ablegen oder Zerstören bestimmter Karten. Die tollste Idee für eine Monstergruppe sind jedoch die „Doppelgänger“. 10 Dorfkarten aus bekannten Sets, wie der Stadtführer, werden als „Falscher (hier) Stadtführer“ in den Dungeon gelegt und haben jeweils eine zu ihrer Originalfunktion inverse Spezialfähigkeit. Einfach super. Alles in allem eine gute Mischung aus neuen Idee in Form von mehr als harten Gegner für die finale Konfrontation.

Die 13 neuen Dorfkarten sind die übliche Mischung aus Söldnern, Waffen, Gegenständen sowie Zaubersprüchen. Es gibt darunter ein neues Essen, diverse Optionen, Karten zu ziehen, und mit dem „Ritual der Reinigung“ kann man Karten beseitigen (gegebenenfalls auch bei Mitspielern). Das Novum ist ein zweistufiger Held der Klasse „Dieb“ im Dorfkartenset. Sofern Fallen mit in den Dungeonkartenstapel mit eingemischt sind, ist der „Veteran“ die erste Wahl, schließlich lässt dieser einen anderen Spieler die Folgen tragen. Der „Heilige Streitkolben“ ist selbstverständlich in den Händen von Klerikern am effektivsten, während der „Jondulische Bogen“ es einem unter anderem sogar erlaubt, die Positionen der Monster im Dungeon zu tauschen, um eine durchschlagendere Kraft zu entwickeln. Oder um die Gegenspieler noch effizienter zu behindern. Der „Kurzspeer“ zu guter Letzt ist schlechthin die Waffe für Milizen.

„Herz der Verdammnis“ ist somit die volle Packung, wobei nicht nur auf Quantität geachtet wurde, sondern auch die Funktionen der Karten sehr gut und überaus brauchbar sind. Wie auch die 3 neuen Schätze strategisch sehr spielstark sind, kann man durch diese doch im Dungeon spontan eine Karte kaufen (und auf die Hand nehmen) oder einen Helden hochstufen. Generell gibt es jetzt viele Karten, die das Zerstören anderer voraussetzen, um eine Aktion auszuführen. Hierdurch wird ein hoher Durchlauf an Karten gewährleistet und das Deck der Spieler bleibt nunmehr recht klein. Dadurch nerven die Krankheiten noch mehr als sonst, und der Einkauf von Dorfkarten erfordert noch mehr Geschick. Vor allem bei diesem Set merkt man, dass die Karten aufeinander abgestimmt sind und sehr schöne Kombos möglich sind, wenn man die entsprechenden Auswahlkarten zieht. Ebenso gibt es relativ viele Karten, die eine Interaktion mit den anderen Spielern ermöglichen – selbstverständlich zu deren Nachteil.

Als bisheriges Novum in meiner Spielewelt gibt es hier sogar einen Spoiler-Alarm für ein Spiel! Neben den obligaten Szenarien gibt es auch ein übergreifendes Szenario, bei welchem erstmalig alle Donnersteine gebraucht werden. Nach dem Spielsieg hat man jedoch nicht gewonnen, wie einem der Epilog in der Anleitung verrät. Denn das Böse kann man nie besiegen und der Kampf wird in einer anderen Welt fortgesetzt. Richtige Helden haben eben nie Feierabend ...

Fazit: Keine Marker, keine Experiment, eine blanke Kartenerweiterung. „Herz der Verdammnis“ ist ein würdiger Abschluss der 1. Etappe des Spiels „Thunderstone“. Die neuen Gegner und Dorfkarten sorgen für Abwechslung, es gibt starke Helden und ein gelungenes abschließendes Szenario, das quasi alle Erweiterungen voraussetzt. Im Prinzip ein Pflichtkauf für alle Fans und eine interessante Erweiterung für alle anderen, die vermutlich lohnenwert ist. Auch von den Bildern der Karten her eine der besten Erweiterungen für „Thunderstone“.

Gesamtfazit „Thunderstone“: Das Deckbauspiel „Thunderstone“ kommt mit allen 6 Einzelprodukte auf einen Kartenstock von über 2.000 Karten. Aus über 180 Kartensets wählt man die 12 für das Spiel, wodurch es genügend Kombinationsmöglichkeiten gibt. Die Karten passen allesamt gut zusammen und spätere Karten haben keine alten entwertet. Nur noch ohne Hüllen passen alle Karten in eine Grundbox, aber das ist bei Deckbauspielen mit sehr häufigem Mischen nicht ratsam. Im Laufe der Erweiterungen wurde „Thunderstone“ weiterentwickelt und abwechslungsreicher. Durch die bereitgestellten Szenarien und diversen Spielmodifikationen in den Anleitungen kann man das Spiel seinen Wünschen anpassen und vor allem durch die Wächter und Dungeonmerkmale erschweren. Die relativ leichten Regeln und die überschaubare Spielzeit von ca. 1 Stunde sorgen für die 2-5 Spieler für anhaltenden Frohsinn. Immer wieder gern.


Thunderstone: Herz der Verdammnis
Kartenspiel-Erweiterung
Mike Elliot
AEG / Pegasus Spiele 2012
EAN: 4250231752070
316 Karten, 29 Kartentrenner, Regeln / deutsch
Preis: EUR 24,95

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