von Daniel Pabst
„The Spider King“ ist ein Comic, der im Jahre 2022 bei Cross-Cult erschienen ist. Bis es dazu kommen konnte, waren viele Jahre des Kreativprozesses nötig. Denn Josh Vann (Autor) und Simone D’Armini (Zeichnungen) starteten ihren Comic auf der Crowdfunding-Plattform „Kickstarter“ bereits im Jahre 2013.
Die deutsche Hardcover-Edition beinhaltet insgesamt 151 Seiten, von denen rund zwei Drittel der Seiten die Hauptgeschichte einnehmen. Darauf folgen mehrere Kurzgeschichten, Cover und Skizzen. Neben diesem umfangreichen Bonus fällt sehr positiv auf, dass der Comic in einem großen Format von 21,5 cm x 32,8 cm abgedruckt wurde. Die deutsche Übersetzung stammt von Andreas Kasprzak.
Direkt zu Beginn wird man in eine alternative Wikingerwelt hineingeworfen, in der ein Krieg zwischen den Stämmen herrscht. Auslöser für den Krieg ist, dass der Anführer Aarek versucht, sein Territorium zu erweitern. Dagegen stellt sich der Protagonist und König wider Willen: Hrolf. Als wäre diese Invasion nicht erschreckend und grausam genug, durchzucken den Nachthimmel urplötzlich grüne Blitze.
Schnell wird klar, dass es sich bei diesen nicht um die berühmten Polarlichter handelt. Auch sind es keine Sternschnuppen gewesen. Es war der Beginn einer außerirdischen Bedrohung! In diesem krassen Genre-Mix à la „Cowboys & Aliens“ (Comic von Scott Mitchell Rosenberg) muss sich Hrolf fortan mit seinen „Gefährten“ im Kampf gegen monströse Kreaturen beweisen.
Ein fiktiver Konflikt gegen außerirdische Wesen ist keine Neuheit – erst Recht nicht in der Comicwelt. Was also könnte ins Feld geführt werden, um mehr als nur einen kurzen Blick in die Leseprobe zu werfen?
Neben Hrolf wird uns Sigrid vorgestellt, die sich als Prinzessin auf eigene Faust aus der Burg hinausschleicht, um etwas gegen den Meuchelmörder Aarek zu unternehmen. Doch bevor es zu ihrem Duell gegen Aarek kommen kann, sieht auch sie über sich das grüne Leuchten, welches die ganze (Wikinger-)Welt verändern wird.
Was die Lesenden mit „The Spider King“ erhalten, ist jede Menge unerwartete Ereignisse. Egal, ob die Geschehnisse aus der Perspektive von Hrolf oder aus der Perspektive von Sigrid erzählt werden, stets fragt man sich: „Was passiert hier?“. Denn die Logik wurde frühzeitig über Bord geworfen. Inmitten der Kämpfe tritt der titelgebende „Spinnenkönig“ auf. Mit diesem wird der Fantasy- und Science-Fiction-Mix mit Horror ergänzt.
Ob man sich für den Comic begeistern kann oder zu einem anderen Comic greift, hängt am Stärksten davon ab, ob man mit dem Zeichenstil und den Farben (Adrian Bloch) warm wird. Denn die Charaktere leben nicht nur in einer dunklen und frostigen Welt, die von Schnee, Blut und Alien-Schleim bedeckt ist, sondern sind vom Leben „gezeichnet“. So ist Hrolf kein Held wie er im Buche steht. Er hat schiefe Zähne, ein breites Kinn und eine gebrochene Narbe. Sigrid ist taff, verzichtet auf Kleid und Schminke, hat Sommersprossen und eine große Nase.
Statt eines traditionellen Prinzessinnen-Bildes (wie etwa aus alten „Disney“-Filmen), wartet Sigrid also nicht in ihrem hohen Turm auf einen Retter. Auch die anderen Gefährten nehmen die Dinge lieber selbst in die Hand und verzagen nicht im Angesicht des Todes. So kämpft Hrolfs wilder Onkel Mhord nach dem Verlust seines Armes weiter und „näht“ sich kurzerhand einen Alien-Arm an. Die kleine Helga ist ein Bauernmädchen aus dem verfeindeten Stamm, die es mit ihrem Charme und ihrer Dreistigkeit schafft, den eigentlichen Titelfiguren das Rampenlicht zu stehlen. Dazu tritt ein sonderbares Baby-Alien, welches die Menschen nicht so ganz versteht …
Der Zeichner Simone D’Armini hat es in der Kombination mit den kräftigen Farben von Adrian Bloch geschafft, „The Spider King“ zu deutlich mehr als einem 08/15-Fantasy- und Science-Fiction-Comic zu machen. Gerade die – im Laufe des Comics zunehmenden – Elemente des Horror-Genres tragen dazu bei, dass die Geschichte einen nicht mehr loslässt. Dann und wann bricht Simone D’Armini sogar mit seinem Stil und malt beinahe sakrale Comic-Panels, die gotischen Bleiglasfenstern ähneln und den nackten Aarek zeigen.
Überraschend wie die Hauptgeschichte des Comics, ist dann auch die erste Kurzgeschichte. Diese hat nämlich allein Adrian Bloch gezeichnet und koloriert. Darin gibt es zum Beispiel ein Panel, auf welchem ein „Junger Hrolf, männlich, LV: 5“ gegen „Großer Bär, männlich, LV: 36“ kämpft, was an ein „Game Boy“-Spiel erinnert. Ob das einem gefällt, ist eindeutig Geschmacksache. Sehenswert ist es!
Neben der deutschen Leseprobe bei Cross Cult, wird daher ein Blick auf die ehemalige Kickstarter-Seite von „The Spider King“ empfohlen. Dort gibt es auch den Prolog von „Flauschi der Barbar“ kostenlos auf Englisch zu lesen (mit dem englischen Titel „Fluffy the Barbarian“: www.kickstarter.com/projects/joshvann/the-spider-king-graphic-novel).
Leseprobe
Fazit: „The Spider King“ ist nicht ohne Einschränkung zu empfehlen. Einerseits schafft es Josh Vann eine kreative Geschichte zu erzählen, die von Simone D’Armin sehr passend umgesetzt wurde. Andererseits braucht es seine Zeit, bis die Charaktere und die Welt einem ans Herz wachsen. Brutale Action bietet dieser Comic allemal. Mehr Tiefgang der Geschichte wäre wünschenswert gewesen. Nicht schlecht, aber noch nicht phantastisch gut.
The Spider King
Comic
Josh Vann, Simone D’Armini
Cross Cult 2022
ISBN: 978-3-96658-837-9
151 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 35,00
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