Wie schreibt man ein Quellenbuch über eine Sphäre, die sich gegen alle Naturgesetze sperrt und in der das Chaos und das pure Böse allgegenwärtig sind? Es geht wohl nicht anders, als in Schlaglichtern darüber zu berichten. Das Elemental Chaos ist, genau wie die Astral Sea, eine der beiden fundamentalen Ebenen der Realität, die den gesamten Kosmos zwischen sich verankern. Ohne sie gäbe es die Wirklichkeit nicht. Das Ausmaß des Elemental Chaos ist dabei nicht zu benennen. Im Grunde ist es ohne Grenzen, allerdings existieren Orte, ja Welten, in dem chaotischen Raum, die durch Abenteurer bereist werden können. Natürlich sind die meisten von ihnen mehr als unschöne Orte!

Das 160-Seiten starke Quellenbuch hat sich zum Ziel gesetzt, Spielleiter und Spielern ein Gefühl für das Elemental Chaos zu geben. Es nimmt uns mit in die Welt der Titanen, der Slaads, der Elementare und Dämonen. Es zeigt uns grauenvoll schöne Wunder wie Gloamnull, die Stadt des Regens, den Pandemonium Stone und das Riverweb. Ein echter Reiseführer kann das Buch natürlich nicht sein. Dazu müsste es praktisch ebenso unendlich umfangreich sein, wie diese Ebene der Realität weitläufig. Doch für einen guten Eindruck (und viele, extrem düstere und gefährliche Abenteuer) reicht das präsentierte Material allemal.

Die ersten 48 Seiten stellen eine Art Überblick über das Reisen und Überleben im Elemental Chaos dar. Man erfährt einiges über die „Naturgesetze“ (beziehungsweise deren „regelhaftes“ Fehlen). Welche Gefahren drohen Reisenden, die dort unterwegs sind? Welchen Schutz gibt es? Und wie reist man überhaupt durch eine Sphäre, in der es kein Oben und Unten gibt und in der die Wirklichkeit einem ständigen Wandel unterworfen ist? Außerdem wird der Umgang mit einigen der Bewohnern dort beschrieben und es werden Vorschläge für Abenteuer gemacht, die man dort erleben kann. Die Vorschläge bleiben jedoch, im Gegensatz zu den sonstigen Infos, sehr oberflächlich. Es handelt sich eher um Adventure Hooks, die für den Spielleiter noch viel Arbeit bedeuten, wenn er auf sie aufbauen möchte. Ein paar nennenswerte Persönlichkeiten, Kulte und Artefakte, um die sich Abenteuer spinnen lassen, runden das Kapitel ab.

Kapitel 2 stellt die Rassen vor, die im Chaos zuhause sind. Unter anderem werden Archons, Efreets, Genasi, Titanen und Slaads vorgestellt. Interessanterweise wird auf Spielwerte völlig verzichtet. Überhaupt besteht das Buch überwiegend aus Informationstext, Regeln werden nur angefügt, wo es unbedingt notwendig ist. So soll das Buch gleich für mehrere Editionen von „Dungeons & Dragons“ seinen Wert haben, wie auch explizit anfangs erwähnt wird. Ganz konsequent sind die Macher allerdings nicht, denn so werden hier zwar nur je ein allgemeiner Überblick über die jeweilige Rasse, Notizen zu Leben und Kultur, zu Aussehen und Charakter und schließlich ein paar namhafte Stätten in wenigen Absätzen vorgestellt, aber die Spielwerte folgen dann doch in Kapitel 5.

Anschließend werden einzelne Orte des Elemental Chaos vorgestellt. Es handelt sich naturgemäß bloß um beispielhafte Örtlichkeiten, keinesfalls eine Landkarte dieser Sphäre, denn das Elemental Chaos ist unendlich und jeder Spielleiter kann dort ansiedeln, was ihm an exotischen und kranken Fantasien in den Kopf kommt. Jede Gegend wird im Überblick vorgestellt, danach werden Bewohner und die vorherrschende Kultur beschrieben. Wichtige Orte und Abenteuerideen schließen die Kurzvorstellung ab. Und mehr als eine Kurzvorstellung ist es wirklich nicht. Knappe 40 Seiten hat das Kapitel, trotzdem werden die meisten Örtlichkeiten, etwa der ebenso schöne wie gefährliche Canaughlin Bog, das ewig düstere Gloamnulloder der von Magie umzuckte, asteroidenartige Pandemonium Stone nur auf zwei Seiten umrissen. Die letzten drei Schauplätze werden durch ein paar Encounter ergänzt, sodass ihnen etwas mehr Raum gegeben wird.

Wenn das Elemental Chaos eine Schauerhaus ist, dann ist die Abyss der Keller. Im 4. Kapitel taucht das Buch in diesen gewaltigen Mahlstrom hinein, der die „unteren“ Regionen des Elemental Chaos verschlingt und zugleich eine ganz eigene, endlos in die Tiefe reichende und von unzähligen Ebenen durchzogene Sphäre darstellt. Hier herrscht das Grauen, und die Helden werden bis aufs Äußerste geprüft. Auch in diesem Kapitel wird eher ein fragmentarisches Gefühl für das Reisen und Überleben geboten, weniger ein umfassender Führer durch den Abgrund. Unter anderem gibt es eine gewaltige Festung, eine pestverseuchte Einöde und eine Rostebene zu erkunden. Das regt die Fantasie zweifellos an, aber es bedarf viel eigener Arbeit, um daraus ein Setting zu machen.

„Creatures of Chaos“ stellt, ganz klassisch, ein paar neue Monster nach „D&D v.4.0“-Regeln vor. Abominations wie der Primeval Ooze oder der Storm That Walks, Iron Archons, Dust Demons, Scorchwind Phantoms und eine Reihe Slaads werden dort geboten. Ein paar neue Endgegner werden im Abschlusskapitel unter dem Titel „Masters of the Elements“ präsentiert. Mein persönlicher Favorit: Ygorl, Lord of Entropy.

Fazit: Viele, viele Informationen und Abenteuerideen warten auf den 160 Seiten von „The Plane Below“ auf neugierige Spielleiter und tapfere Spielercharaktere. Doch die Sphären des Chaos sind nicht leicht zu bewandern. Gefahren, Bewohner und Örtlichkeiten werden zumeist ohne einen zwingenden Zusammenhang präsentiert, und es bedarf der Fantasie und Kombinationsgabe des Spielleiters, um aus den Teilinformationen eine lebendige, wenn auch allen Vorstellungen spottende Welt zu erschaffen. Letzten Endes werfen wir mit diesem Buch zwar einen Blick auf das Chaos, doch im Grunde bleibt es unbegreiflich …