The Lord of the Rings – Dice Building Game

Deckbau-Mechanismen in Kartenspielen sind seit ein paar Jahren der große Hit. „Dominion“, „Thunderstone“ oder das „Star Trek – Deck Building Game“ nutzen ihn. Das Prinzip ist simpel: Man startet mit einigen schwachen Karten und kauft im Laufe des Spiels aus einem zentralen Fundus stärkere Karten, mit denen man dann spielen kann. WizKids setzt das Konzept nun mit Würfeln um. Im „The Lord of the Rings – Dice Building Game“, das auf WizKids’ „Quarriors“-System basiert, kämpft sich die Ringgemeinschaft würfelnd bis Mordor durch.

von Frank Stein

Die Box bedient sich der „The Lord of the Rings“-Film-Lizenz, die WizKids schon vor Längerem erworben hat, daher blicken uns die aus Peter Jacksons Filmtrilogie bekannten Gesichter entgegen. Das sorgt gleich für Stimmung. Das Innere der flachen Spielschachtel präsentiert sich aufgeräumt: 97 Symbolwürfel, vier verschiedenfarbige Würfelbeutel, Corruption Marker, Player und Sauron Mats, ein Score Tracker und ein Stapel unterschiedlicher Spielkarten, die im Wesentlichen Helden und Ausrüstungsgegenstände darstellen, die man im Laufe einer Partie in Würfelform erwerben kann, liegen fein aufgeräumt in einer Plastikform mit Deckel. Das ist auch gut so, sonst gäbe es bei den Unmengen an Würfeln ein heilloses Durcheinander.

Die Spielmaterialien sind von ordentlicher Qualität, wobei leider gerade die Würfel etwas billig wirken. Die Symbole, die Einheiten, Monster, Sondereffekte und Fellowship Points (die Spielwährung) darstellen, sind teilweise etwas undeutlich und auch nachlässig weiß lackiert. An die Qualität herkömmlicher Würfel kommen sie nicht heran. Allerdings muss man schon sagen, dass Symbolwürfel immer eine etwas knifflige Angelegenheit sind. Die meisten wirken bei genauem Hinschauen nicht ganz sauber gefertigt. Umso mehr wissen die stimmungsvollen Spielkarten zu gefallen, die mit Bildern aus den Kinoabenteuern geschmückt sind.

Vor dem Spielbeginn steht allerdings die Anleitung wie der Wächter im Wasser vor den Toren von Moria. Und die ursprüngliche Version, die dem Spiel beiliegt, ist leider sehr ungeschickt strukturiert. Da wird man von Vokabeln erschlagen, die Spielmechanismen beschreiben, ohne dass man die Mechanismen zuvor erklärt bekommen hat. Die Spielmaterialien werden nicht hinreichend vorgestellt. Und manche Informationen verbergen sich an völlig unpassenden Stellen. So werden die ersten Partien zur eher zähen Angelegenheit und häufig fragt man sich, wie jetzt was genau gemeint war. Glücklicherweise hat WizKids das mittlerweile eingesehen und eine deutlich erweiterte und komplett neu strukturierte Regelversion online gestellt. Diese kann man auf der Website von WizKids finden: wizkidsgames.com/the-lord-of-the-rings-dice-building-game/

Hat man sich diese Regeln zu Gemüte geführt, geht das Spiel auf einmal erstaunlich leicht von der Hand. Gespielt wird reihum in Zügen. Wenn alle Spieler einmal an der Reihe waren, übernimmt der Startspieler (Ringträger) einen Sauron-Zug, dann gibt er den Ring an seinen Nachbarn zur Linken weiter und die nächste Runde beginnt. Man beginnt klein mit 8 Frodo-Würfeln und 2 Sam-Würfeln an der Shire-Location. Im Laufe des Spiels muss man sich durch acht Locations arbeiten – von Rivendell, durch Moria, bis zur Schlacht von Helm’s Deep und auf dem Pelennor –, um am Ende siegreich den Mount Doom und die Grey Havens zu erreichen. Mit den Rivendell- und Moria-Locations kommen insgesamt zwölf aus 24 möglichen Zusatzkarten auf den Tisch (Ausrüstung, wie Lembas und Anduril, und Verbündete, wie Aragorn, Gandalf und Co). Zu jeder Karte werden vier Symbolwürfel gelegt, die man für erwürfelte Fellowship Points erwerben und dem eigenen Vorrat hinzufügen kann – der klassische Building-Mechanismus eben.

Gleichzeitig tauchen auch die ersten Gegner auf der Sauron Mat auf, die mehr werden, wenn man Zusatzwürfel kauft (für jeden gekauften Würfel kommt ein Gegner dazu). Um von einer Location zur nächsten wechseln zu können, müssen alle Monster getötet werden. Deren Würfel kommen in den Destroyed-Bereich der Sauron-Mat und werden dann nach dem Ortswechsel wieder aktiv. Der Mechanismus sorgt dafür, dass von Location zu Location mehr Gegner den Spielern entgegenstehen, was sehr schön zur Geschichte von „The Lord of the Rings“ passt. Monster werden mit den eigenen erwürfelten Einheiten bezwungen, die sowohl Angriffs- als auch Verteidigungswerte haben. Letztere brauchen sie, um den Gegenschlag von Sauron im Sauron-Zug zu überstehen. Außerdem weisen Einheiten Glory Points auf, die gewertet werden, wenn sie bis zum nächsten Zug des jeweiligen Spielers überleben.

Glory Points (Siegpunkte) sorgen für eine leicht kompetitive Note im Spiel, denn auch wenn die Spieler nur gemeinsam Sauron bezwingen können, gibt es doch am Ende einen „größten Helden von Mittelerde“. Gleichzeitig kann der Ringträger mit seinen Glory Points jeweils Saurons Corruption Points kontern, die dieser zu unterschiedlichen Anlässen bekommt (vor allem für seine überlebenden Monster) und die er dazu einsetzt, um Ausrüstung und Einheiten zu korrumpieren, indem er die entsprechende Spielkarte markiert, wodurch alle zugehörigen Würfel nutzlos werden, bis die Karte mit Fellowship Points freigekauft wurde.

Bei Testspielen hat sich gezeigt, dass man den Schwierigkeitsgrad ganz gut selbst steuern kann. Je kompetitiver man spielt, desto kniffliger wird es. Kooperative Runden werden Sauron eigentlich immer bezwingen, die Frage lautet höchstens, wie lange es dauert und mit wie vielen Glory Points man am Ende dasteht. Zudem wird das Spiel leichter, wenn man einfach eine der drei Kartenreihen, in denen Ausrüstung und Einheiten ausliegen, ignoriert, denn dann bleiben alle Monster dort ungenutzt – es sind jeweils 3 Monsterwürfel mit jeder Viererreihe Karten assoziiert, die durch die ersten drei gekauften Zusatzwürfel für Sauron ins Spiel gebracht werden.

Fazit: Abgesehen davon, dass man sich wirklich die zweite Version der Regeln aus dem Netz laden sollte, bevor man sich ans Spielen macht, ist den Wizkids mit dem „The Lord of the Rings – Dice Building Game“ ein kurzweiliges und nicht zu schweres Würfelspiel gelungen, das sich gut auch für Familienrunden eignet (sofern ein Spieler die englisch erklärten Sonderfähigkeiten der Würfel im Blick behält). Der Schwierigkeitsgrad hängt vom Kooperationswillen der Spieler ab; der Glücksfaktor hält sich durch die Menge der Würfel und den Umstand, dass es eigentlich keine nutzlosen Ergebnisse gibt, erfreulich in Grenzen. Einen Abzug in der B-Note bekommt das Spiel für seinen Preis hier in Deutschland. Während man in den USA Angebote um die 20 Dollar sieht, werden hierzulande heftige 50 EUR für ein neues Exemplar verlangt.


The Lord of the Rings – Dice Building Game
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler
Jeph Stahl, Brett Myers
WizKids Games 2013
EAN: 634482706930
Sprache: Englisch
Preis: $ 49,99

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