Talisman – Die Frostmark

Das Fantasy-Brettspiel „Talisman“, ein echter Klassiker mittlerweile, lässt sich durch zahlreiche Erweiterungen ergänzen und dadurch auch dauerhaft spannend gestalten. „Die Frostmark“ bringt thematisch den kühlen Hauch der Eiskönigin ins Spiel, punktet aber vor allem als „Mehr von allem“-Erweiterung.

von Frank Stein

Der Fluff-Text auf der Rückseite der kleinformatigen Papp-Box verspricht Unheilvolles: „Die gefrorenen Landmassen der Frostmark, vom eisigen Willen der Eiskönigin über das Nordmeer getrieben, bedrohen das Reich. Ausgestattet mit der Macht der Krone der Herrschaft, plant die Eiskönigin, alles in eine Wüste aus Eis zu verwandeln. Können die Helden die wütenden Stürme und bizarren Kreaturen dieses bitterkalten Landes überwinden oder wird ihr Blut zu Eis erstarren, wenn sie in den Bann der grausamen Eiskönigin geraten?“

Doch auch wenn dieser kurze Text allein zehnmal auf unterkühlte Vokabeln setzt, im Spiel ist das Thema nicht so nachhaltig zu bemerken. 84 neue Abenteuerkarten, 20 Zauberspruchkarten und 4 Charakterkarten samt Spielfiguren aus Plastik enthält die Box unter anderem, davon weisen gerade mal 26 Abenteuerkarten und 3 Zauberspruchkarten eine frostige Thematik auf, etwa indem sie Kreaturen wie den Yeti, den Cryomanten, Eisbären oder Schnee-Goblins auf den Tisch bringen. Die übrigen Karten sorgen natürlich für mehr Abwechslung auf dem Spieltisch, befördern das eigentliche Thema der Erweiterung aber nicht.

Die vier neuen Charaktere wissen zu gefallen. Der Nekromant kann z.B. Geister zu seinen Begleitern machen, die ihm im Kampf helfen. Der brachiale Ogerhäuptling kann analog dazu Monster beherrschen. Der Hexenmeister sammelt Ausrüstung, indem er die Aufgaben seines Kollegen auf dem Spielplan (dem berühmt-berüchtigten Hexenmeister in der einen Ecke der mittleren Region) löst. Und der Leprechaun sammelt nicht nur Gold satt, wenn er durch Wälder schlendert, sondern kann zudem, wenn eine 6 für die Bewegung gewürfelt wird, frei in der aktuellen Region herumteleportieren – eine verdammt nützliche Fähigkeit, die nur durch ihre statistische Hürde gehemmt wird.

Zwei Bestandteile ergänzen das Grundspiel um neue Facetten. Zum einen wären da die 24 Hexenmeisterkarten, Aufgaben, die man vom Hexenmeister auf dem Spielbrett bekommen kann und deren Erfüllung einem den gewünschten Talisman einbringen. Besitzt man zusätzlich die „Katakomben“-Erweiterung, kann man eine Regelvariante spielen, nach der man für jede gelöste Aufgabe eine Schatzkarte bekommt, was die Motivation, diesen Aufgaben nachzugehen, natürlich deutlich steigert. Die meisten sind sehr simpel: Lege X ab, reise nach Y, besiege Z. Natürlich kann man auch Pech haben: Wenn es gilt, 2 Begleiter abzulegen, und man hat gar keine, wird die Aufgabe unvermittelt zur kniffligen Mission. Das Ganze hat übrigens nicht das Geringste mit der Eiskönigin und ihren Machenschaften zu tun.

Das zweite Element sind alternative Siegbedingungen, also Karten, die man in die Mitte des Spielbretts legt und die vorgeben, wie man das Spiel diesmal gewinnt. In der vorliegenden Erweiterung sind 3 vorhanden, wobei eine davon die normale „Krone und Szepter“-Siegbedingung ist. Diese wird wohl nur in der „verdeckten“ Spielweise eingesetzt, bei der man die Siegbedingung erst zu sehen bekommt, wenn man das innerste Feld bereits erreicht hat. Alternativ kommt dann hier die „Eiskönigin“ ins Spiel, die man etwas zeitaufwändig im Stil eines Endbosses bekämpfen muss, um den Spielsieg davonzutragen. Die dritte Alternative nennt sich „Die Aufgaben des Hexenmeisters“ und wird nur „offen“ gespielt, das heißt, sie wird zu Beginn ausgelegt, dann bekommt jeder 4 Aufgaben der Hexenmeisterkarten und wer als erster mit erfüllten Aufgaben das Spielbrettzentrum erreicht, gewinnt.

Fazit: Insgesamt erweckt die Erweiterung den Eindruck, mehr von allem zu sein, aber nicht genug von dem, was sie sein will. Die neuen Abenteuerkarten, Zaubersprüche und Charaktere machen auf jeden Fall Spaß und sorgen für Vielfalt im Spiel. Die Hexenmeisterkarten zünden jedoch erst richtig mit der „Katakomben“-Erweiterung, die Eis-Thematik wirkt etwas verhalten umgesetzt und mit bloß zwei neuen, alternativen Spielzielen (von denen nur eins verdeckt gespielt werden kann), fehlt zumindest der verdeckten Spielweise, die ein geheimnisvolleres Spiel, bei dem das Ende unklar ist, befördern soll, noch der Reiz. Für „Talisman“-Vielspieler natürlich ein netter Abwechslungsschub, wer jedoch nur mit dem Gedanken spielt, sich eine oder zwei Erweiterungen zu kaufen, sollte lieber zu „Der Schnitter“ oder – für etwas mehr Geld – den Großboxen, wie der „Katakomben“-Erweiterung, greifen.


Talisman-Erweiterung: Die Frostmark
Brettspiel-Erweiterung
John Goodenough
Fantasy Flight Games/Heidelberger Spieleverlag/Pegasus Spiele 2010
EAN: 4015566011113
Box mit 4 Charakterkarten, 4 Spielfiguren, 3 Bögen „alternatives Ende“, 128 Spielkarten, Regeln, deutsch
Preis: EUR 19,95

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