Systemausfall (4.01D)

Inzwischen sind einige Monate ins Land gezogen, in denen die „Shadowrun“-Gemeinde sich an das neue 4.0er Spielsystem gewöhnen konnte. Es gab viele Schelten wegen der Übersetzung und den groben Schnitzern (fehlender Index, unvollständige Tabellen) im Grundregelwerk, aber auch großes Lob für die Regeln, die das Spiel durchsichtiger und dynamischer machen. Nun gibt es mit „Systemausfall“ das erste Quellenbuch der neuen Edition, das anhand von drei Handlungssträngen den Matrixcrash beleuchtet und somit den Übergang von der 3.0er zur 4.0er Edition vollzieht.

von nemo

 

Nach einer kurzen Vorwarnung, in der man erfährt, wie die Ereignisse langsam ihren Lauf nehmen und welche Vorzeichen sie aussenden, wird dem Leser im zweiten Kapitel namens „Schwerer Ausnahmenfehler“ der Matrixcrash des Jahres 2064 auf erzählerische Weise nähergebracht. Abschließend gibt es noch zwei Zeittafeln, die dem Spielleiter helfen sollen, die Übersicht über die Geschehnisse zu behalten, die sich zwischen 2061 und 2064 abspielen.

„Novatech geht an die Börse“ ist das erste Kapitel, das auf einen der drei besagten Handlungsstränge eingeht. Dabei wird erst einmal erklärt, wie ein Börsengang überhaupt funktioniert und wessen Zweck er erfüllen soll. Das Ganze wird auch für kaufmännisch völlig unbegabte Leser verständlich und nachvollziehbar dargeboten.

Der zweite Strang wird in „Singularität“ aufgegriffen, wo uns ein alter Bekannter über den Weg läuft. Deus, die KI, die der eine oder andere Spieler sicherlich schon einmal näher kennen gelernt haben sollte. Diesmal interssiert sie sich für Novatechs Börsengang, um dank eines perfiden Plans einen gottesgleichen Status in der Matrix zu erlangen. Doch auch Deus‘ Konflikte mit anderen KIs und der Versuch, seine Pläne zum scheitern zu bringen, werden hier beschrieben.

In „Winternights Fall“ wird der dritte Handlungsstrang vorgestellt, in dem die Winternight-Gruppierung sich mit einer Otakusekte namens PAX verbündet, um die Matrix zu zerstören. Dabei greifen sie auf einen Dissonanz-Wurm zurück, der die Matrix verformen soll. Doch Winternight verlässt sich nicht nur auf diesen Plan und geht mit einigen EMP-Nuklearwaffen auf Nummer sicher, die sie an wichtigen Matrixknoten detonieren lassen.

Im Kapitel „Crash 2.0“ wird auf die Konsequenzen des Crashs eingegangen und es wird darüber berichtet, was mit einigen Usern passiert ist, die während des Crash online waren. Abschließend wird noch der heroische Kampf des berühmten Captain Chaos gegen den Otaku-Wurm geschildert.

Wie man sicherlich bisher gemerkt hat, steht der Matrixcrash im Mittelpunkt von „Systemausfall“, doch auch die Ereignisse nach dem Crash, also die Jahre 2064 bis 2070, werden hier behandelt und zwar in dem Kapitel „Nachbeben“. Natürlich wird hier nicht jede Kleinigkeit besprochen und schon gar nicht jeder offene Handlungsstrang des „Shadowrun“-Settings zu einem Schluss gebracht, doch man bekommt einen guten Eindruck davon, wie sich die Sechste Welt in diesen Jahren verändert hat.

In „Matrix 2.0“ wird die Struktur des neuen Matrixnetzes vorgestellt, allerdings ohne dabei groß in die Materie einzutauchen.

Ein besonderes Bonbon für die deutschen „Shadowrun“-Fans ist der Kapitel „Vom Netz“, in dem die Auswirkungen dieser globalen Katastrophe auf die ADL besprochen werden.

An dem Lektorat gibt es bei „Systemausfall“ – bis auf ein paar übersehbare Kleinigkeiten – nichts zu mäkeln. Die Übersetzung ist sehr ordentlich, was bei den vielen Erzähltexten in dem Band auch nicht unwichtig ist. Selten habe ich einen Quellenband in den Händen gehalten, der aus so einer guten Mischung aus Erzähltexten (also Texten, in denen betroffene Personen von den Ereignissen erzählen) und nützlichen Spielleiterhilfen (wie Abenteuerideen) bestand. Gerade die vielen Zeugenberichte lassen die Geschehnisse echter wirken, als wenn man sie einfach beschreibend aufs Papier gebracht hätte.

Positiv aufgefallen sind mir auch die Illustrationen, die mir – im Gegensatz zu denen im Grundregelwerk – größtenteils gefallen haben, bis auf ein paar wenige Ausnahmen. Auch das „neue“ Layout, das ja gar nicht so sehr vom alten differiert, ist ansprechend und vor allem übersichtlich.

Fazit: Wer mit seiner Gruppe plant, den Matrixcrash zu spielen und so den Übergang gen 2070 mitzunehmen, wird an „Systemausfall“ wohl nicht vorbeikommen. Auch am Metaplot interessierte Spieler und Spielleiter können bedenkenlos zuschlagen. Wer aber gar nicht erst mit dem Gedanken spielt, seine Gruppe auf Shadowrun 4.0 umzubauen, oder bereits im Jahre 2070 zockt, wird das Buch nicht unbedingt benötigen – im letzteren Falle bietet es aber zumindest nettes Hintergrundwissen.

Mit freundlicher Unterstützung von Fantasy Productions GmbH, www.fanpro.com und www.f-shop.de

Dieser Artikel erschien usprünglich auf www.x-zine.de.


Systemausfall
Quellenbuch
Drew Curtis, Jason Levine, Lars Blumenstein u. a.
Fantasy Productions 2006
ISBN: 3-89064-774-X
152 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 23,00

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