von Frank Stein
Es ist ein seltenes Phänomen, dass Geschichten, die in einer Reihe erscheinen, immer besser werden. Für gewöhnlich verhält es sich eher umgekehrt. Im Fall der Comic-Reihe „Star Wars – The Old Republic“ ist es aber wirklich so. Band 1 konnte durch seine Sprunghaftigkeit leider gar nicht überzeugen, Band 2 erzählte bereits eine kleine, feine Rache-und-Initiationsgeschichte, die allerdings diverse Fragen offen ließ. In Band 3 nun, der wie seine Vorgänger völlig eigenständig angelegt ist und daher auch gut einzeln gelesen werden kann, liegt ein richtig klassisches „Star Wars“-Abenteuer vor, an dem es fast nichts zu kritisieren gibt.
Im Mittelpunkt steht der Elite-Spion Theron Shan, der Sohn der Jedi-Großmeisterin Satele Shan, der von seinem Boss losgeschickt wird, um seinen ehemaligen Lehrer, den eigenwilligen Jedi Ngani Zho, zu finden. Dieser galt jahrelang als verschollen und ist jetzt plötzlich in der Nähe des Vesla-Systems aufgetaucht, das von der Republik nach dem Friedensschluss mit dem Sith-Imperium vor etwa zehn Jahren zusammen mit sechs anderen abgetreten werden musste. Seitdem sind diese sieben Systeme den sieben Sith-Lords des Rats direkt unterstellt und völlig abgeriegelt. Da Zho behauptet, aus dem Vesla-System zu kommen, ist die Republik natürlich höchst interessiert an seinen Erkenntnissen. Zusammen mit der Twi’lek Teff’ith, die ihn eher unfreiwillig begleitet, seit er sie bei der Sprengung eines Sklavenhändlerrings festgenommen hat, begibt sich Theron ins Herz des Imperiums, wo er eine furchtbare Entdeckung macht, die den fragilen Frieden in der Galaxis zerstören mag.
Ich schrieb es schon eingangs und wiederhole mich gerne wieder: Der Comic macht wirklich fast nichts falsch. Mit Elite-Spion Theron Shan wird ein interessanter neuer Charakter eingeführt, der ausnahmsweise mal kein Lichtschwertschwinger ist. Mit einem Astromechdroiden und einer Twi’lek-Schurkin wird er von zwei netten, wenn auch recht oft gesehenen Nebenfiguren begleitet. Die Geschichte samt Prolog, James-Bond-artigem Vorspiel, Hauptabenteuer und Epilog ist tadellos aufgezogen. Und die Bedrohung ist Star-Wars-typisch ziemlich überlebensgroß – aber das geht in Ordnung. Neben reichlich Action bleibt auch Zeit für Rückblicke in die Vergangenheit der Charaktere, und ein Hauch von Gefühl findet sich obendrein. Das sind, wenn man so will, alles recht klassische Zutaten für ein „Star Wars“-Abenteuer, aber trotzdem – oder gerade deswegen – schmeckt das Ergebnis ziemlich gut. Visuell herrscht leichte Uneinheitlichkeit vor, da hier mehrere Illustratoren am Werk waren, wobei die Figuren am Anfang ein bisschen grob wirken. Im Mittelteil gefallen sie mir besser.
Ein paar Kritikpunkte gibt es dennoch, wenngleich diese vor allem handwerklicher Natur sind. So spricht die Übersetzung von Panini mal vom Strategischen Informationsdienst (SID), mal vom Strategischen Nachrichtendienst (SND), wobei letzter Begriff offenbar falsch ist. Einige grafische Eigenwilligkeiten fallen zudem auf, etwa wenn direkt auf Seite 2 ein Mann in einer Schneelandschaft praktisch nackt kämpft, weil der Illustrator ein paar Striche vergessen hat, die ihm Hemd und Hose verpasst hätten. Später sieht man auch mal die Twi’lek ihren Blaster abfeuern, doch sie hält nichts in der Hand. Der Finger ist um einen Stück leere Luft gekrümmt, und der Blasterstrahl kommt aus dem Nichts. Mal hat Ngani Zho Vampirzähne, mal hat Teff’ith echt absurd große Ohrmuscheln, mal fehlt Theron Shan bei einer Flucht vor Sith-Zombies ein Bein (während er das andere bis in Kopfhöhe in die Luft wirft). Solche deutlichen Flüchtigkeitsfehler vermögen den guten Gesamteindruck nicht zu zerstören, aber sie sind schade, weil unnötig.
Fazit: Wer noch keinen „Star Wars – The Old Republic“-Comic gelesen hat und mit dem Gedanken spielt, das zu tun, sollte auf jeden Fall mit diesem hier anfangen. Die Reihenfolge ist wirklich gleichgültig, aber „Verlorene Sonnen“ macht alles besser als Band 1 der Reihe und noch ein paar Dinge besser als Band 2. Hier liegt ein wirklich gutes und unterhaltsames „Star Wars“-Abenteuer vor, das in sich abgeschlossen ist und dennoch Raum für mehr bietet. Und in der Tat wird man schon bald ein neues Abenteuer von Theron Shan und Teff’ith lesen können. Im November 2012 erscheint auf Englisch der vierte Roman zu „The Old Republic“, aus der Feder von „Sith-Meister“ Drew Karpyshyn. Dieser gilt als unmittelbare Fortsetzung des vorliegenden Comics und soll sich um eine der Superwaffen, die hier vorgestellt werden, drehen.
Star Wars – The Old Republic 3: Verlorene Sonnen
Comic
Alexander Freed, Dave Ross, George Freeman, David Daza
Panini Comics 2012
ISBN: 978-3-86201-318-0
124 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95
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