von Andreas Rauscher
Der vorübergehende Abschluss einer Comic-Serie ähnelt dem Finale einer TV-Serie. Noch unmittelbar offene Handlungsfäden werden zum Ende gebracht, die dunkelsten Geheimnisse der Protagonisten gelöst, die eine oder andere Lektion aus den Geschehnissen gezogen und weitere Anschlussmöglichkeiten für zukünftige Spin-Offs angedeutet. Je nachdem, wie viele offene Fäden noch aufzugreifen sind, gestaltet sich die Folge entweder als entspannter Epilog oder wird zum überladenen und hektischen Pflichtprogramm.
„Knights of the Old Republic“ befindet sich genau im Mittelfeld dieser beiden Varianten. Entsprechend gestaltet sich der achte und vorerst letzte Band „Dämon“ als solide, wenn auch nicht allzu überwältigende Abschiedsvorstellung. Autor John Jackson Miller braucht sich nicht auf einen pompösen Schlussakkord einzurichten, da die Charaktere um Zayne Carrick jederzeit in weiteren Serien reaktiviert werden können. Ganz den Strategien des World-Building entsprechend hat sich die „Old Republic“ viertausend Jahre vor der Schlacht um Yavin zu einem eigenen historischen Setting des „Star Wars“-Universums entwickelt, in der sich parallel zum aktuellen MMORPG noch zahlreiche weitere Erzählungen unterbringen lassen.
„Dämon“ beschränkt sich darauf, die noch nicht ganz geklärten Fragen der Comic-Reihe abzudecken, ohne gleich wie „Return of the Jedi“ oder Timothy Zahns „Vision of the Future“ eine ganze Epoche abzuschließen. Morgen ist auch noch ein Tag in der weit entfernten Galaxis. Die vorläufige Abrundung der Comic-Reihe gestaltet sich als letztes Kapitel einer Coming-of-Age-Geschichte: Jarael stellt sich ihrer dunklen Vergangenheit. Zayne richtet eine Hilfsorganisation für unschuldig Verfolgte ein und Gryph erweist sich als Inhaber eines eigenen Restaurant-Franchise.
Leider erscheint der Einstieg in die Handlung im Vergleich zu den vorangegangenen Bänden unnötig schwerfällig. Statt einer weiteren, mit Zitaten um sich werfenden Pulp-Achterbahnfahrt erfolgt eine ausgedehnte nachgereichte Exposition um den mandalorianischen Rebellen Rohlan. Die amüsanteste Pointe des ersten Kapitels besteht in der Erkenntnis, dass Gryph sich nicht nur erfolgreich als Gastronomie-Betreiber in interplanetarischen Konflikten bewährt hat, sondern auch in einer Weise daraus Kapital schlägt, die sich mit jedem Blockbuster-Merchandise messen könnte. Die zweite Hälfte des Comics konzentriert sich schließlich ganz auf Jaraels entscheidende Begegnung mit ihrer verdrängten Vergangenheit. Im Unterschied zum epischen Familiendrama der Skywalkers erinnert das Duell zwischen Jarael und der Dominatrix Chantique stärker an Exploitation-Filme der 1970er Jahre, wie sie Quentin Tarantino in „Kill Bill“ (2003) gewürdigt hat, als an ein bedeutungsschweres Melodram. In diesem Bereich wäre noch ein völlig neues Spielfeld für die Abenteuer in einer weit entfernten Galaxis zu entdecken.
Auch wenn sich die Auflösung auf die gekonnte Umsetzung von Standardsituationen ohne spektakulären Neuigkeitswert beschränkt: „Knights of the Old Republic“ lieferte als Comic-Reihe eine äußerst willkommene Abwechslung zum für Videospiele durch die spielerische Herausforderung vergnüglichen, in narrativer Form auf Dauer jedoch ermüdenden Jedi-vs.-Sith-Gerangel. John Jackson Miller erweiterte die vertrauten Konflikte aus einer weit entfernten Galaxis um spielfreudige Reminiszenzen an die unterschiedlichsten Traditionen des Pulp. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Ansatz in der einen oder anderen Form seine Fortsetzung findet.
Fazit: Ein solider und unterhaltsamer, wenn auch nicht gänzlich gelungener Abschluss einer spielfreudigen Comic-Reihe, die die „Old Republic“ erfolgreich zum Setting für klassische Pulp-Variationen ausgebaut hat. Die erste Hälfte des Bandes hält sich zwar zu lange mit erläuternden Rückblenden auf, der darauf folgende Showdown gleicht dieses Missverhältnis jedoch als würdiger vorläufiger Abschluss der Abenteuer von Zayne Carrick durch Dynamik und Atmosphäre wieder aus.
Star Wars Sonderband 57: Knights of the Old Republic Band VIII: Dämon
Comic
John Jackson Miller, Brian Ching u.a.
Panini Comics 2010
ISBN: 978-3-86607-971-7
100 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95
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