Star Wars Sonderband 54: Knights of the Old Republic VII: Geheimnis vergangener Tage

Nachdem Zayne Carrick erfolgreich alle Intrigen innerhalb des Jedi-Rates aufgedeckt hat, widmet sich der nächste Story Arc der viertausend Jahre vor den „Star Wars“-Filmen angesiedelten Comic-Serie der Hintergrundgeschichte der Schmugglerin Jarael. Mit dem siebten Band der „Knights of the Old Republic“-Reihe baut John Jackson Miller seine eigene verspielte, an die Hochphase der Pulp-Serials angelehnte Variante der weit, weit entfernten Galaxis weiter aus.

von Andreas Rauscher

 

 

Wer sich die vorhersehbare Enttäuschung, „The Phantom Menace“ in 3D anzusehen, ersparen will, kann das Eintrittsgeld auch in einen Comic oder Roman von John Jackson Miller investieren. Während der „Schöpfer“ George Lucas, dem die kreative Kontrolle über sein Kunstwerk in den letzten Jahren produktiverweise immer weiter entglitten ist, sich nicht zwischen einem Zehnjährige nach wie vor begeisternden Kinderfilm und einer Rückkehr zu den Antihelden des New Hollywood entscheiden konnte, konzentriert sich der Comic-Autor, Schriftsteller und Gamedesigner Miller einfach auf jene verspielten Pulp-Qualitäten, die den Charme der ersten Trilogie ausmachten. An jeder Ecke finden sich bei Bedarf ausbaufähige Hintergrundgeschichten, egal ob es sich um die Abenteuer eines Schmuggler-Duos oder die Biographie des vierten Ungeheuers von links hinten aus der Cantina von Mos Eisley handelt. In der Roman- und Comic-Reihe „Knight Errant“ erkundet Miller die unbekannten Weiten des Sith-Imperiums in einer amüsanten Mischung aus Agenten-Thriller und Abenteuergeschichte, und in den „Knights of the Old Republic“-Comics entsteht häufig der Eindruck, dass man das gleiche Skript mit einigen kleinen Änderungen auch als Serial aus der Zeit des Classical Hollywood umsetzen könnte.

Die Schauplätze bilden auch in „Geheimnis vergangener Tage“ eine wüste Mischung aus den unterschiedlichsten Genres, von einer fliegenden Mine, in die wie in „Indiana Jones and the Temple of Doom“ unschuldige Sklaven verschleppt werden, bis hin zu einer Arena, die aus dem ursprünglichen Videospiel „Knights of the Old Republic“ übernommen wurde und im Comic nicht zur Verbesserung der Kampftalente dient, sondern zum Ort der unangenehmen melodramatischen Erkenntnis wird.

Miller und sein Team von Dark Horse Comics nutzen das Setting der Videospiel-Reihe als Kulisse für ihre eigenen Erzählungen. Das 2003 von dem Kultlabel Bioware („Dragon Age“, „Mass Effect“) produzierte PC-Rollenspiel hat für diese Comic-Reihe und eine Vielzahl an Romanen und Spin-Off-Videospielen wie dem aktuellen MMORPG „The Old Republic“ den gleichen Effekt, den „A New Hope“ und „The Empire Strikes Back“ für die damaligen Comics und Bücher hatten. Die Kernerzählung dient als Ausgangspunkt für ein medienübergreifendes Netzwerk aus Geschichten, die zunehmend an Eigenständigkeit gewinnen. Der zu Beginn dieser Ausgabe stattfindende Auftritt des zukünftigen Sith-Lords Darth Malak, im Videospiel einer der zentralen Gegenspieler, erscheint weitaus weniger interessant als die Hintergrundgeschichte der in den vorangegangenen Bänden als Nebenfigur eingeführten Jarael. Ganz den dramaturgischen Konventionen eines ebenso dynamischen wie dramatischen Pulp-Epos entsprechend stellt sich heraus, dass sie eine zweifelhafte Vergangenheit in den Fängen eines Sklavenhändlerrings verbirgt, der seine Opfer zu Tätern werden ließ. Mit Unterstützung des im Vorruhestand befindlichen Twentysomething-Jedis Zayne Carrick beginnt sie Recherchen zur Vergangenheitsbewältigung, die eine Vielzahl an Cliffhanger-Situationen hervorbringen.

Der stilisiert atemlose Rhythmus von Pulp-Serials wird optisch im Wechselspiel zwischen enger Panel-Kadrierung und akzentuierten großformatigen Panels aufgegriffen. Die späteren Arena-Duelle erinnern in ihren Speed-Lines hingegen entfernt an Manga-Ästhetik.  

Erschütternde Offenbarungen vollziehen sich natürlich im strömenden Regen und triftige Entscheidungen gestalten sich angesichts des seriellen Charakters nicht so folgenschwer wie ihre ästhetische Umsetzung vermuten lässt. Miller und die Zeichner um Brian Ching haben sich im Unterschied zu George Lucas eindeutig für die spielerische Pulp-Variante des „Star Wars“-Universums entschieden, die zwar durchaus mit dramatischen Motiven operiert, durch die ironische Stilisierung aber gar nicht erst Gefahr läuft, auf die unfreiwillige Komik eines herzergreifenden „Nooooooo!“ zurückgreifen zu müssen.

Die im letzten Drittel des Comics eingeführte Bandenchefin Chantique, die höchstwahrscheinlich noch weitere, auf die nächsten Folgen verschobene Geheimnisse vergangener Tage mit Jarael teilt, lassen ein Genre-Crossover in Richtung Spionageabenteuer erwarten.

Fazit: „Geheimnis vergangener Tage“ ist eine produktiv nostalgische Abenteuergeschichte mit melodramatischen Elementen, die sich der undurchsichtigen Vergangenheit der Schmugglerin Jarael widmet. Wie zu erwarten, bieten ihre Verstrickungen mit einem Sklavenhändlerring eine ausbaufähige Grundlage für einen neuen Story Arc und zukünftige Genrevariationen zwischen Gangstergeschichte und Spionageabenteuer. Absolut lesenswert!


Star Wars Sonderband 54: Knights of the Old Republic VII: Geheimnis vergangener Tage
Comic
John Jackson Miller, Brian Ching u.a.
Panini Comics 2010
ISBN: 978-3-86607-968-7
128 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95

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