von Andreas Rauscher
Der spielerische und gelassene Umgang mit Genreformen, der die bisherige Comic-Reihe und insbesondere den letzten „Knights of the Old Republic“-Band maßgeblich prägte, setzt sich in den weiteren Abenteuern des ehemaligen Jedi-Padawans Zayne Carrick nahtlos fort. Nachdem die ausgedehnte Flucht des Nachwuchs-Abenteurers vor den falschen Anschuldigungen seiner Ausbilder ein glückliches Ende genommen hat, können sich die Autoren und Zeichner in aller Ruhe der Etablierung einer neuen Sektion des „Star Wars“-Franchise widmen, die mit dem MMORPG „The Old Republic“ demnächst zur Online-Spielwelt ausgebaut wird.
Die Welten der „Knights of the Old Republic“-Galaxis ähneln den Schauplätzen aus der Frühzeit des Expanded Universe in den 1980er Jahren, in der Han Solo und Lando Calrissian Entdeckungsreisen zu exotischen Welten im Kommerz-Sektor unternahmen und in der die Marvel-Comics vor keiner noch so absurden Genre-Mixtur zurückschreckten. Anstelle von diffizilen politischen Bündnissen, die in ihrer Komplexität zunehmend stärker an „Dune“ als an „Star Wars“ erinnern, steht in der „Knights of the Old Republic“-Reihe wieder eine auf Dynamik und ständige Cliffhanger-Situationen ausgelegte Dramaturgie im Mittelpunkt.
Nachdem Zayne Carrick die Jedi-Robe an den Nagel gehängt hat und, wie er es selbst ausdrückt, in Frührente gegangen ist, zieht er mit seinen Schmuggler-Freunden Gryph und Jarael, sowie dem mandalorianischen Deserteur Rohlan durch die Weiten der Galaxis. Mehr denn je ähneln diese einer Science-Fiction-Variante der Schauplätze des Abenteuerfilms im Classical Hollywood beziehungsweise sind irgendwo zwischen Joss Whedons Western-Sci-Fi-Crossover „Firefly“ und den ein wenig in Vergessenheit geratenen Seitenarmen der eigenen „Star Wars“-Historie angesiedelt. Nicht von ungefähr erinnern die Protagonisten an die Helden des klassischen Piratenfilms, die ihre Raubzüge auf Ausbeuter und Unterdrücker konzentrieren, ohne deshalb gleich den ungebrochenen Idealismus eines Luke Skywalker an den Tag zu legen.
In der ersten Geschichte überlistet die Crew ein Gangster-Syndikat, das in einem entlegenen Raumhafen fragwürdige Versteigerungen betreibt. Das Ambiente erscheint wie eine Mischung aus den Mafia-Casinos von Las Vegas und dem Piratennest Tortuga, das durch Filme wie „Pirates of the Caribbean“ sich neuer Beliebtheit erfreut. Im Unterschied zu den ambivalenten Antihelden der „Legacy“-Reihe funktioniert „Knights of the Old Republic“ weitaus stärker über das Spiel mit Standardsituationen und visuelle Einfälle als über die relativ geradlinig agierenden Charaktere.
Die zweite Episode spielt mit traditionellen Elementen des Horrorfilms. Auf einem seit Jahren verschollenen Geisterschiff begegnen Zayne und Co einem merkwürdigen Überlebenden, der ihnen offensichtlich entscheidende Informationen über die wahren Begebenheiten an Bord vorenthält. Zusätzlich verstärkt werden die Assoziationen an die Geisterhäuser des Gothic-Horrors durch den aquarellartigen, ungewöhnlich dunklen Zeichenstil.
Die letzte Episode führt hingegen in die glamouröse, aber auch reichlich korrupte Welt der professionellen Swoop-Rennen. Die Vorkommnisse um einen Rennfahrer, der zu Zaynes Kindheitsidolen zählt, knüpfen auf amüsante Weise an die Mini-Games der „Knights of the Old Republic“-Videospiele an und integrieren gleichzeitig diverse Standardsituationen des Rennfahrer-Films. Wie die beiden anderen Geschichten, verdeutlicht auch diese Episode, dass der vorläufige Verzicht auf einen durchgehenden Handlungsverlauf produktiv für einen Karneval der Genres genutzt werden kann, der die weit, weit entfernte Galaxis von einer Bühne für intergalaktische Tragödien wieder in einen Abenteuer-Spielplatz verwandelt.
Fazit: Ein unterhaltsames Spiel mit dem Ambiente und den Motiven verschiedener Genres, vom Piratenabenteuer über Gangsterintrige und Horror bis hin zum Rennfahrer-Drama. In den aktuellen Folgen der „Knights of the Old Republic“-Reihe entdeckt das Team um Autor John Jackson Miller eine Leichtigkeit wieder, die dem „Star Wars“-Universum in den letzten Jahren zunehmend zu Gunsten elaborierterer Konflikte verloren gegangen war.
Star Wars Sonderband 51: Knights of the Old Republic VI: Ein neuer Feind
Comic
John Jackson Miller, Brian Ching u.a.
Panini Comics 2009
ISBN: 978-3-86607-865-9
144 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95
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