von Andreas Rauscher
Die Entwicklung neuer „Star Wars“-Plots changiert im Comic-Bereich zwischen der Anspielung auf die Geschichte des eigenen Serienkosmos und der Integration anderer bekannter film- und comichistorischer Vorbilder. Die Abenteuer des linkischen Jedi-Schülers Zayne, der von seinen militanten Meistern als Sündenbock für ein brutales Massaker an seinen Padawan-Kollegen missbraucht wurde, entsprach in ihrer Grundidee der Handlung der Kultserie „The Fugitive“. Über mehrere Staffeln befand sich ein unschuldig des Mordes an seiner Frau verdächtigter Arzt auf der Flucht und versuchte Beweise für seine Unschuld zu sammeln.
In den frühen 1990er Jahren wurde der Stoff mit Harrison Ford in einem aufwändigen Kinofilm neu adaptiert, und „Knights of the Old Republic“ erweckt gelegentlich den Eindruck, als hätte man anstelle des prominenten Han-Solo-Darstellers für die Rolle Mark Hamill verpflichtet. Zayne benötigt eine ganze Weile, bis er sich die Souveränität und das Geschick seines Kollegen Dr. Kimble aneignet. Zu Beginn seiner Reise erregte seine ungebremste Naivität meistens Mitleid, vier Bände später hat er sich zu einem klassischen Helden undercover entwickelt. Wie die Piraten der Hollywood-Abenteuerfilme aus den 1930er Jahren, die sich meistens am Ende des Films als Adlige inkognito erwiesen, besteht kein Zweifel, dass er sich auf der richtigen Seite befindet, selbst wenn er sich in die korrupte Unterwelt des „Star Wars“-Universums begibt.
Zugleich präsentieren die mit ironischen Untertönen garnierten Erlebnisse Zaynes und seiner aus dem Schmuggler-Milieu stammenden Gefährten eine amüsante Umkehrung der Skywalkerschen Heldenreise. Statt von einem weisen alten Mentor in die Wege der Macht eingeführt zu werden, wächst Zayne durch die Verschmitztheit seines außerirdischen Begleiters Gryph über sich hinaus. In „Wiedergutmachung“ wird dieser Aspekt noch einmal besonders deutlich, da sich die Welt der eigenwilligen, aber letztendlich doch loyalen Teilzeit-Halunken als eine sympathische Alternative zum Puritanismus der orthodoxen Jedi-Fraktion erweist. In ihrem rigorosen Sendungsbewusstsein und ihren fanatischen Moralvorstellungen zeigt sich die gegen Zayne operierende Geheimloge nicht nur dazu bereit, über Leichen zu gehen, sondern lässt auch jene eindimensionalen Freund-Feind-Schemata in einem kritischen Licht erscheinen, die einige Kritiker in den ursprünglichen „Star Wars“-Filmen zu entdecken glaubten.
Der erste abgeschlossene Story-Arc der „Knights of the Old Republic“-Comics leistet wie die meisten gelungenen Genre-Variationen daher auch eine Reflexion der vertrauten eigenen Standards. Im Unterschied zur dramatischen Erzählhaltung der Prequel-Filme, die ebenfalls in Episode 2 und 3 versuchen, die klassischen Fronten zu Gunsten einer neuen Ambivalenz aufzuweichen, erfolgen die Akzentverschiebungen in „Knights of the Old Republic“ jedoch mit einer gewissen Leichtigkeit und einem Sinn für Humor, der in den letzten „Star Wars“-Filmen deutlich fehlte. Im Showdown auf Coruscant tritt schließlich der Drahtzieher des Intrigenspiels in Erscheinung, doch im Vergleich zu anderen Sith-Biographien erscheint seine Parade der gekränkten Eitelkeiten nicht als Drama, sondern als tragikomische Groteske.
Stilistisch bleibt der Band dem effektvollen Retro-Charme der Reihe verpflichtet. Während „Legacy“ eine Future-Noir-Variante des „Star Wars“-Universums entwirft und die neueren Romane sich größtenteils wie Historienwälzer über weit verzweigte Jedi-Sippschaften lesen, zeichnet sich „Knights of the Old Republic“ durch den geradlinigen Stil eines klassischen Genre-Abenteuers aus. Im besten postmodernen Sinn wird wie in den ersten drei Filmen mit einem gewissen Augenzwinkern signalisiert, dass man das zwischen Splash Panels und dem übertrieben fiesen Blick größenwahnsinniger Sith-Rekruten dargebotene Comic der Attraktionen nicht allzu ernst nehmen und stattdessen die Show genießen sollte.
Fazit: Ein gelungener Abschluss des ersten „Knights of the Old Republic“-Story Arcs, die dem ironischen Retro-Stil der Reihe verpflichtet bleibt und zugleich eine unangestrengte Relativierung der epischen Gefechte zwischen Sith und Jedi realisiert.
Star Wars Sonderband 49: Knights of the Old Republic V: Wiedergutmachung
Comic
John Jackson Miller, Bong Dazo, Brian Ching u.a.
Panini Comics 2009
ISBN: 978-3-86607-797-3
172 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,95
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