Star Wars: Shadow Games – Im Schatten

1996 wurde von Lucasfilm „Shadows of the Empire“ initiiert, ein „Star Wars“-Multimedia-Abenteuer, das zwischen „Das Imperium schlägt zurück“ und „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ angesiedelt war und die Suche nach Han Solo zum Thema hatte. Roman, Comic, Soundtrack, Videospiel, Merchandise: Es sollte eine vollwertige Episode der Saga sein – nur ohne Film. Neben den bekannten Helden wurde Dash Rendar als Solo-Ersatz eingeführt, ein selbstbewusster Top-Pilot, der sich an der Seite von Luke, Leia, Chewie und Lando mit dem Kopf der Verbrecherorganisation Schwarze Sonne, Prinz Xizor, anlegte. In „Shadow Games“ erlebt Dash ein früheres Abenteuer.

von Frank Stein

„Shadow Games“ ist – wenn ich nicht irre – der letzte Band der mittlerweile unter dem „Legends“-Label laufenden Romane des alten Expanded Universe, der seinen Weg nach Deutschland findet. Blanvalet hatte nach „Kenobi“ vor knapp einem Jahr die Reißleine gezogen und es Panini Books überlassen, die noch existierenden Lücken – vor allem die „Coruscant Nights“-Trilogie, aber auch „Aus den Trümmern Dantooines“ – zu schließen. Warum Blanvalet die genannten Romane seinerzeit nicht publiziert hat, kann man nur raten. Vielleicht lag es daran, dass nicht die bekannten Recken im Zentrum stehen, sondern absolute Nebenfiguren der Saga. Bereits in der „Coruscant Nights“-Trilogie hat Autor Michael Reaves eine Vorliebe für „Star Wars“-Geschichten gezeigt, die zwar im Universum verortet sind, sich aber von Luke, Leia und Co fern halten. In „Shadow Games“, das er gemeinsam mit Maya Kaathryn Bohnhoff verfasst hat, bleibt er seiner Linie treu, allerdings mit leichten Zugeständnissen an die Lesererwartung.

„Shadow Games“ ist kurz vor „Episode IV“ angesiedelt und handelt von Dash Rendar, der „Top Gun“-Version von Han Solo – nicht ganz so ein Schurke, aber natürlich ein Piloten-Ass, Blasterheld und Schmuggler. Zu Beginn entgeht Rendar, der in Begleitung eines Nautolaners namens Eaden – ein machtempfänglicher Kampfmeister des Teräs Käsi – und eines erstaunlich sarkastischen Droiden namens Leebo unterwegs ist, nur knapp einer Katastrophe. Auf der Flucht vor den Imperialen ruiniert Rendar sein Schiff, die Outrider – auf Deutsch passend, aber leider etwas doof klingend als Vorreiter übersetzt. Um das Geld für die Reparatur reinzubekommen, nimmt er auf Tatooine einen Job als Leibwächter für den Holo-Star Javul Charn an. Die Sängerin ist auf Tournee und wird dabei, wie sie sagt, von einem fanatischen Fan bedroht. Erst im Laufe der nächsten Tage, während sich Zwischenfall an Zwischenfall reiht, wird Dash Rendar so richtig klar, worauf er sich bei dem Job eingelassen hat.

Sowohl der Titel als auch das Cover von „Shadow Games“ suggerieren ziemlich deutlich eine Agentenstory. Man erwartet als Leser vielleicht eine Infiltration des Imperiums durch einen Rebellenagenten. Diese Erwartung wird über etwa zwei Drittel des Buchs nicht im Geringsten erfüllt. Tatsächlich bewegt sich die Handlung fast überwiegend im durchaus ebenso schattigen Milieu der Unterwelt. Denn – und ich verrate hier nichts, was nicht auch im Klappentext steht – Javul Charns Fan entpuppt sich unerfreulicherweise recht bald als Vigo der Schwarzen Sonne, den Charn vor einiger Zeit ziemlich wütend gemacht hat. Dennoch steckt noch mehr in dem Plot, den Reaves und Bohnhoff wie eine Zwiebel aufgebaut haben. Schicht für Schicht dringt man zur Wahrheit vor, was den Roman spannend hält, auch wenn es mal nicht um die Rettung der Galaxis geht, sondern über eine lange Strecke „nur“ um die Tournee einer Sängerin.

Erneut dürfte Reaves' Roman vor allem Kenner der Materie ansprechen. Es werden viele Bezüge auf das alte Expanded Universe geboten. Natürlich kann man den Roman auch lesen, wenn man nicht weiß, was man sich unter der Kampfschule des Teräs Käsi vorstellen muss, wie es auf Christophsis aussieht und was es mit Bannistar Station, Circarpous, der Kesselroute, Anomiden und Lumpawarrump auf sich hat. Aber mehr Spaß hat man ohne Zweifel, wenn man imstande ist, zumindest die Hälfte der Anspielungen und Querverweise zu erkennen. Immerhin wurde mit Han Solo diesmal ein weithin bekannter Name der Saga als Figur eingebaut, wenngleich Solo ganz deutlich ein Nebendarsteller ist. Der eigentliche Held heißt Dash Rendar.

Die Story verläuft sauber und gradlinig, immer neue Enthüllungen halten den Leser gut bei der Stange. Leicht chaotisch ist allein das Ende. Hier springt der Plot plötzlich von System zu System und immer weht ein Hauch von Endkampf durch die Seiten, ohne dass es wirklich zu einem großen Finale kommen würde. Man hat ein wenig das Gefühl, als wären die Autoren am Ende in Eile gewesen oder hätten das Gefühl gehabt, das noch etwas zum runden Abschluss fehlt, ohne zu wissen, was genau. Aber man kann über diese letzten vierzig Seiten hinwegsehen, das Gesamtpaket wird dadurch kaum geschmälert.

Fazit:
Erneut gelingt es Michael Reaves – diesmal verstärkt durch Maya Kaathryn Bohnhoff –, einen erfreulich abseitigen „Star Wars“-Roman zu schreiben, der vor allem Kenner des Universums erfreuen dürfte. Dass er dabei mit Dash Rendar einem viel zu selten genutzten Helden des Expanded Universe ein kleines Denkmal setzt, ist besonders schön. Einsteiger in die Saga dürfte der Mangel an bekannten Filmrecken stören. Wer jedoch schon gefühlte hundert Abenteuer mit Luke Skywalker, Han Solo und Prinzessin Leia gelesen hat, der wird in diesem Buch angenehme Abwechslung finden.


Star Wars: Shadow Games – Im Schatten
Film/Serien-Roman
Michael Reaves, Maya Kaathryn Bohnhoff
Panini Books 2015
ISBN: 978-3-8332-3158-2
368 S., broschiert, deutsch
Preis: EUR 12,99

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