von Bernd Perplies
0-0-0 Coruscant
Darman, Niner, Fi und Atin – so heißen die vier Kommandosoldaten vom Omega Squad. In „Feindkontakt“, dem ersten, sehr lose auf dem Computer-Taktikshooter „Republic Commando“ basierenden Roman aus der Feder der selbsternannten Klonkriegerspezialistin Karen Traviss, waren sie als bunter Haufen vom Schicksal zusammengewürfelt worden und mussten sich, unerfahren und uneingespielt, wie sie zu Beginn der Klonkriege waren, bei einer Geheimoperation auf dem Planeten Qillura zusammenraufen. Ein Jahr nach Geonosis bilden die vier Klone nun eine schlagkräftige Truppe, die den Separatisten immer wieder schmerzhafte Nadelstiche zufügt.
Doch auch die Seps wissen, wie man außerhalb der regulären Schlachtfelder kämpft. Als sie beginnen, auf Coruscant Sprengstoffanschläge zu verüben, trommelt Sergeant Kal Skirata, ein mandalorianischer Söldner, der bereits auf Kamino für die Ausbildung der Klontruppen verantwortlich war und sich auch heute noch um „seine Jungs“ sorgt, eine gefährliche Truppe zusammen, um den Terroristen auf die Schliche zu kommen: Nicht nur Omega Squad und Skiratas „Adjutant“ Null ARC-Trooper Captain Ordo, sondern auch Boss, Scorch, Fixer und Zev vom Delta Squad (die Protagonisten des Computerspiels) sind mit von der Partie. Dazu stoßen ein weiterer Mandalorianer, der berüchtigte Sergeant Walon Vau, sowie die beiden unangepassten Jedi Bardan Jusik und Etain Tur-Mukan.
Gemeinsam begibt man sich auf ein Schlachtfeld, das den Klonen erschreckend fremd ist – auf die Straßen von Coruscant –, um herauszufinden, wer hinter dem Terror-Netzwerk steckt, das sich auf der Hauptwelt der Republik eingenistet hat. Dafür gilt es, zeitweise unsichtbar zu werden, damit man alle Mittel, die notwendig sind, um den Feind zu stoppen, einsetzen kann – denn was die Regierung nicht weiß, macht sie nicht heiß (und es lässt sich besser abstreiten...) Eine schmutzige Jagd nimmt ihren Anfang.
Von Freud und Leid des kleinen Soldaten
Früher waren Sturmtruppler vor allem eines: gesichtslose, weiß gepanzerte Schergen des Bösen, die unglaublich schlecht schossen, sich von Jedi-Gedankentricks verwirren ließen und in Scharen dem Blasterfeuer aufrechter Hippies... äh Rebellen... zum Opfer fielen. Das höchste der Gefühle in Sachen persönlicher Charakterisierung war die kurze Szene in „Episode IV“, die uns zeigte, wie sich zwei Jungs in Weiß auf Wache über schnelle Flitzer unterhalten. Ansonsten waren sie Kanonenfutter.
Kanonenfutter sind auch die Klone in den Klonkriegen. Doch weil wir im Jahre 200X political correctness groß schreiben (entgegen gängiger englischer Rechtschreibregeln) und weil seit 911 in Amerika Krieg und Terror sowieso in völlig neuem Lichte betrachtet werden, dürfen die Vorläufer der Sturmtruppler, die Klonsoldaten, nicht einfach nur Schießbudenfiguren im Dienste der Galaktischen Republik sein. Nein, zunächst einmal mussten sie viel cooler sein. Klonsoldaten schießen wie die Hölle, sind knallharte Burschen, die sich von Jedis nur deshalb was sagen lassen, weil die Lichtschwertschwinger zufällig die Generäle der Großen Armee der Republik sind, und bei nur einer Million Mann für einen Konflikt, der die halbe Galaxis umspannt, ist zudem jedes Leben kostbar.
Karen Traviss geht nun noch einen Schritt weiter. Sie gibt jedem Soldaten ein zwar physisch fast identisches, aber vom Charakter her doch sehr eigenes Gesicht. Sie macht aus den Klonsoldaten verletzliche Jungs, die zwar im Kampf gedrillte Tötungsmaschinen sind, aber in ihrer Freizeit Fruchtsaft trinken, mandalorianische Tänze vorführen und sich leicht hilflos, aber doch fasziniert dem Phänomen namens Frau annähern. Die Sergeants dieser Burschen, allen voran der besorgte Übervater Kal Skirata, betrachten derweil voller Zorn und Zynismus die Verheizung ihrer „Söhne“ an zahllosen Fronten und sie würden alles tun, um jene zu schützen. So kämpfen die mandalorianischen Söldner nicht auf der Seite der Republik, weil sie diese für die richtige Seite halten, sondern weil sie ihre Trooper vor zuviel Missbrauch und Schaden bewahren wollen. Bei allen lobenswerten Bestrebungen von Traviss, uns Einblick in die Kultur und Lebensart der Klonsoldaten zu gewähren, diese Opferrolle, in die sie jene drängt, öffnet Tür und Tor für einige recht fragwürdige Szenen.
Ist im Krieg (und in der Liebe) alles erlaubt?
Ich habe nicht ohne Grund weiter oben den 11. September erwähnt. Seit diesem Datum scheint die amerikanische Kulturindustrie geradezu besessen zu sein vom harten, aber gerechten Kampf der Regierung und der Militärs gegen zwielichte Fanatiker und Terroristen. Schon große Teile der dritten Staffel von „Star Trek: Enterprise“ ließen sich als Parabel der Befindlichkeit nach dem fatalen Datum deuten. Und auch durch die Klonkriege von „Star Wars“ zieht sich das Thema wie ein subtiler roter Faden. „Triple Zero“ treibt dies auf die Spitze. Um die Story unter diesem Gesichtspunkt noch einmal zusammenzufassen:
Nach einem Bombenanschlag auf Coruscant werden Spezialtruppen der Armee eingeflogen. In Hinterzimmer- Rücksprache mit den Obrigkeiten gehen diese daraufhin undercover, um durch Infiltration, Sabotage, Überwachung, Folter und gezielten Mord das terroristische Netzwerk auszuheben. Am Ende steht der Zugriff, es werden keine Gefangenen gemacht! Neben diesen an sich bereits fragwürdigen Methoden ist es jedoch vor allem die Geisteshaltung, aus der sie erwachsen, die mit das „Wars“ in „Star Wars“ in Karen Traviss‘ Roman gründlich verleidet. Die Klonsoldaten mögen einmal außen vor bleiben – sie sind tatsächlich in erster Linie Soldaten, die mit ihrem Gegner auf ungefähr gleicher Augenhöhe kämpfen. Es sind die zynischen beiden mandalorianischen Söldner, von denen Traviss den einen – Skirata – auch noch als zentrale Vater- und Vorbildfigur zu etablieren versucht, die ohne jeden Skrupel alle Regeln brechen, um ihre Ziele zu erreichen. Dabei werden sie nicht einmal von dem Bedürfnis, die Ideale der Republik hochzuhalten, getrieben, sondern davon, ihre Jungs, ihre Soldaten, vor Terrorakten zu bewahren. Auf Generäle, Senatoren und Jedi-Meister scheißen sie.
Karen Traviss muss sich dabei vorwerfen lassen, all diese Dinge unhinterfragt und ohne Opposition durchgehen zu lassen. Die beiden anwesenden Jedi, Bardan Jusik und Etain Tur-Mukan, erwecken den Eindruck von Schoßhündchen, die eifrig um die Gunst der Mandalorianer buhlen und daher scheinbar jedes Menschen verachtende Verhalten abnicken. In Skiratas Augen sind sie „ordentliche“ Exemplare ihrer Profession, eben weil sie auf Seiten der Militärs stehen und kaum noch erkennbar den edlen Prinzipien ihres Ordens folgen (übel in diesem Zusammenhang ist die Interpretation von Etain Tur-Mukan, dass Mord nur dann zur Dunklen Seite der Macht führt, wenn er im Zorn vollzogen wird, derweil kaltblütiges Töten okay zu sein scheint, wenn man mit sich selbst im Reinen ist).
Über die Motivationen der anderen Seite wird übrigens kein einziges Wort verloren. Okay, das wäre vielleicht zu viel verlangt – die Separatisten kommen ja insgesamt eher selten dazu, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Doch gerade in einem Buch wie diesen, das das alte „Star Wars“-Gefühl von High Adventure zugunsten grimmiger und der heutigen Erfahrungswirklichkeit sehr naher Ereignisse vermissen lässt, hätte eine zweite, andere Perspektive auf die dringend nötigen moralischen Schranken verwiesen. So erscheint „Triple Zero“ streckenweise vor allem als eines: eine Rechtfertigung unrechtmäßiger Vorgehensweisen zum Zwecke der eigenen Sicherheit im neuen, sehr stark irdischen Vorbildern entlehnten Krieg der Sterne.
Fazit: „Triple Zero“ ist ein Buch, das die Gemüter spalten wird. Auf der einen Seite gelingt es Karen Traviss, den Klonkriegern durch die Kultur der Mandalorianer eine eigene Identität zu geben, und Fans werden sich freuen, einiges über den Alltag und die Lebenseinstellung der Jungs in Weiß zu erfahren. Auf der anderen Seite zeichnet die Autorin ein Bild der Vorgehensweisen republikanischer Militärs, die – man kann es kaum überlesen – mitunter sehr an US-amerikanische Methoden der jüngeren Vergangenheit im Kampf gegen der Terror gemahnen. Fragwürdig ist dies deshalb, weil sie dem keinerlei moralische Opposition entgegenstellt, man also das Gefühl hat, sie billige Mord und Folter im Namen der Sicherheit der eigenen Leute. Derartige politische Statements im Umfeld des in seinem Idealzustand pulpig-mythologischen „Star Wars“-Universums schmecken, mir zumindest, nicht wirklich.
PS: Die Kurzgeschichte „Omega Squad: In der Schusslinie“, die zuvor nur im „Offiziellen Star Wars Magazin“ erhältlich war, ist als Bonusmaterial dem eigentlichen Roman angehängt. Sehr schön!
Republic Commandos: Triple Zero
Film/TV-Roman
Karen Traviss
Dino 2006
ISBN: 3-8332-1366-3
443 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,95
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