Star Wars Marvel Comics-Kollektion 66: Doktor Aphra – Glück und Schicksal

War ja klar, dass Doktor Aphra, die galaktische Archäologin mit fragwürdiger Moral, nicht einfach zu den Sternen fliegen und fortan die Füße stillhalten würde. Schon kurz nach der Schlacht um Hoth ist sie wieder da, um gemeinsam mit einer neuen Crew Schätzen nachzujagen und absurde Risiken einzugehen – meist auf Kosten anderer. Ihre neuen Freunde und Feinde lernt man in diesem Auftaktband zur Serie „Doktor Aphra (2020)“ kennen.

von Frank Stein

Das Letzte, was man von Doktor Aphra gesehen hatte, war, wie sie einen langen, reumütigen Monolog aufnehmend mit den Überresten des sadistischen Droidengespanns 0-0-0 und BT-1 in den Tiefen des Alls entschwand. Das war – in der US-Originalausgabe – im Dezember 2019. Fünf Monate später, im April 2020, war Aphra dann schon wieder da, in ihrer zweiten Serie, „Doktor Aphra (2020), die erneut von 1 an gezählt wurde. Als neue Autorin wurde Alyssa Wong verpflichtet, die mit der Serie ihr „Star Wars“-Debüt gab.

Der vorliegende Band versammelt nun die US-Comic-Hefte „Star Wars: Doctor Aphra (2020) #1-5“, die zwischen Mai 2020 und Oktober 2020 erschienen sind und eine fortlaufende Handlung erzählen, die nur im Deutschen zum Fünfteiler „Glück und Schicksal“ zusammengefasst wurde. Im Englischen haben die fünf Hefte fünf eigenständige Titel. Trotzdem ist das Abenteuer recht gut einzeln lesbar und hat einen soliden Schlusspunkt. Auf Deutsch ist die Sammlung bei Panini bereits im März 2021 als Softcover- und limitierter Hardcover-Sonderband herausgekommen.

Das Abenteuer beginnt mit einem kleinen Raubzug in der verlassenen Rebellenbasis auf Hoth, der aber nicht mehr als die typische James-Bond-Pre-Title-Sequence ist. Als Aphra ihre Funde dann an der Schattenuniversität losschlägt, beginnt die eigentliche Geschichte, denn sie trifft auf die Studentin Detta Yao, die sich als Riesenfan von Aphra ausgibt und diese dazu überreden will, ihr bei der Suche nach den sagenumwobenen Ringen von Vaale zu helfen. Sie selbst will ihre Dissertation darüber schreiben, Aphra soll den Lohn einheimsen, ein Angebot, das die gierige Archäologin nach nur wenig Bedenkzeit annimmt.

Zusammen mit Detta und ihrer aktuellen Crew – bestehend aus dem bekannten Wookiee-Söldner Black Krrsantan, der unter Autorin Wong erstaunlich verträglich wirkt, und einem Scharfschützen mit dem vielsagenden Namen Just Lucky –  zieht Aphra los, um die Ringe zu suchen. Zunächst muss eine weitere Spezialistin für die Ringe engagiert werden, Professorin Eustacia Okka, natürlich eine Ex-Kommilitonin von Aphra – und eine Ex-Geliebte. Neben dieser alten Bekannten zeigt sich noch ein neuer Feind, Ronen Tagge, seines Zeichens dekadenter Spross der ebenso reichen wie berühmten Tagge-Familie (Kenner erinnern sich an einen General Tagge im Beratungsstab von Gouverneur Tarkin im Film „Star Wars – Episode IV“).

In dieser Konstellation geht es dann auf Schatzjagd, was sich leider nur als mäßig herausfordernd erweist. Wongs Interesse liegt eindeutig nicht bei Rätseln und Hinweissucherei, sondern – wie bei ihren Vorgängern – bei den Figuren, und hier vor allem Aphras Beziehungen. Dennoch gefällt mir dieser Neustart, denn immerhin geht es mal wieder um Archäologie, statt nur darum, wie Aphra von einem psychologischen Jammertal zum nächsten kriecht. Auch ist der Tonfall wieder etwas leichter, wenn man auch sagen muss, dass Aphra aus der Vergangenheit nur mäßig dazugelernt zu haben scheint. Mit den Gesetzen nimmt sie es nach wie vor nicht so genau, und sie riskiert auch durchaus mal das Leben von Freunden für ihre Zwecke, wenngleich nicht mehr ganz so rücksichtslos wie zuvor.

Zur besseren Verdaulichkeit des Comics trägt sicher auch bei, dass Wong sich ohne Erklärung von 0-0-0 und BT-1 verabschiedet hat. Mir persönlich gefällt das sehr gut, denn so reizvoll das Konzept dieser dunklen Spiegelbilder von C-3PO und R2-D2 anfangs waren, irgendwann hatte sich ihr Unterhaltungswert, der allein in Gewalt, Zynismus und Zerstörung bestand, doch abgenutzt. Ich habe sie hier nicht vermisst und hoffe, Wong widersteht der Versuchung, sie zeitnah wieder ins Spiel zu bringen.

Für die optische Umsetzung waren Marika Cresta (Illustrationen) und Rachelle Rosenberg (Farben) zuständig. Dabei gefällt vor allem die Rückkehr zur visuellen Konstanz, anders als in den Sammelbänden zuvor, in denen eine nicht immer gelungene optische Vielfalt herrschte. Die beiden liefern rundum solide Arbeit ab, wobei mir die Farben, die auf viele Erdtöne setzen, noch mehr zusagen als die Zeichnungen, die zwar ihren Zweck erfüllen, aber gerade was die Gesichtszüge angeht, nicht unbedingt begeistern. Herausragend darf man dagegen die Cover von Valentina Remenar nennen!

Das Drumherum entspricht der „Star Wars Marvel Comics Kollektion“. Das Vorwort führt in die neue Serie ein, um den Einstieg in diesen hier zu erleichtern. Begleitet wird der Text von einem Cover von „Doctor Aphra (2020) #3“. Die Cover-Galerie am Ende bietet alle fünf Cover von Remenar auf je einer ganzen Seite, was für einen abschließenden Augenschmaus sorgt. Bitte immer so! Und noch ein paar Variant Cover dazu!

Fazit: Mit „Glück und Schicksal“ kehrt Doktor Aphra in einer zweiten Comic-Staffel zurück. Autorin Alyssa Wong nimmt das Skrupellose in Aphras Wesen ein wenig zurück und rückt inhaltlich die Archäologie wieder etwas in den Vordergrund – beides sehr willkommene Korrekturen. Dass Black Krrsantan nun wieder zum Kernteam gehört, aber dafür die zwei Killerdroiden 0-0-0 und BT-1 geschasst wurden, bekommt von mir auch zwei Daumen hoch. Die Story selbst hätte noch ein oder zwei inhaltliche Schlenker vertragen; so bleibt die Suche nach den Ringen von Vaale eher simpel. Dennoch möchte ich den Neustart gelungen nennen. Zumindest bei mir ist die Lust wieder geweckt, der Schurkin Aphra weiter zu folgen.

Star Wars Marvel Comics-Kollektion 66: Doktor Aphra (2020) – Glück und Schicksal
Comic
Alyssa Wong, Marika Cresta, Rachelle Rosenberg
Panini Comics 2023
ISBN: 978-3-7416-3577-9
114 S., Hardcover, deutsch
Preis: 16,99 EUR

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