Star Wars Marvel Comics-Kollektion 26: Captain Phasma

Mit ihrer chromglänzenden Rüstung, dem auffälligen Mantel und der No-Nonsense-Einstellung schien Captain Phasma in „Episode VII – Das Erwachen der Macht“ die Nachfolge von Boba Fett antreten zu wollen (wenn nicht visuell, dann zumindest vom Typ her). Und genau wie ihm war ihr ein rasches, unwürdiges Ende nach viel zu wenig Screentime beschieden. In „Episode VIII“ aber war sie plötzlich wieder da! Diese Ausgabe 26 der „Star Wars Marvel-Comics-Kollektion“ füllt die Lücke dazwischen.

von Frank Stein

Reden wir nichts schön: Es war schon ein bisschen peinlich, wie sich Phasma einfach vom Sanitärsoldaten Finn mit vorgehaltenem Blaster dazu zwingen ließ, zuerst die Schutzschilde der Starkiller-Basis zu senken und danach in eine Müllpresse zu springen. Es schien auch nicht ganz zu der sonst so harten, kompetenten Soldatin zu passen, aber über Drehbuchschwächen der neuen „Star Wars“-Filme möchte ich hier gar nicht anfangen zu reden. Der Comic, ein 124-seitiger Hardcover-Sammelband, der die US-Hefte „Phasma #1-4“ (September bis Oktober 2017) sowie das „Rogue One: Cassian & K-2SO Special“ (August 2017, das Ding, das ich in „SWMCK 19“ vermisst hatte) umfasst, erspart sich dann auch die Frage, wie Phasma aus der Müllpresse wieder herauskam (vermutlich mit ihrem Kommandocode; die Dinger haben ja Türen unten). Stattdessen widmet er sich, nach einem kurzen, wenig informativen Intro, gleich der Mission, Phasma zu rehabilitieren.

Wobei sich auch dabei kein gutes Bild der Figur entwickelt. Phasma ist – das zeigt sich mehr und mehr – absolut gewissenlos, hinterhältig und nur auf das eigene Wohl bedacht. Unter dem Blickwinkel ergibt es vermutlich sogar Sinn, dass sie ihr Leben nicht für die Erste Ordnung aufs Spiel gesetzt, sondern diese verraten hat, als ihr ein Blaster an den Kopf gehalten wurde. Da natürlich niemand von diesem schwachen Moment erfahren darf, macht sich Phasma in der zeitlich über ein paar Tage erstreckenden Episode daran, alle Spuren zu verwischen. Schwierigkeiten bereitet ihr dabei ein Lieutenant Sol Rivas, der zufällig herausgefunden hat, was sie getan hat und nach der Zerstörung der Starkiller-Basis ins All hinaus flieht. Natürlich heftet sich Phasma an seine Fersen, und tut alles, was nötig ist, um ihr dunkles Geheimnis zu bewahren.

Viel mehr lässt sich zu dem Comic kaum sagen. Es handelt sich um eine gradlinige und sehr finstere Vertuschungsgeschichte, die auch möglicherweise sympathische Nebenfiguren nicht verschont. Autorin Kelly Thompson schreibt Phasma konsequent und ohne Überraschungen, was in diesem Fall gut ist, denn Bösewichte, die unvermittelt ihr Herz finden, gibt es wahrlich genug bei Disney. Wie im Film bleibt Phasma interessanterweise auch hier gesichtslos. Als sie zwischendurch ihre Rüstung ablegen muss, dann tut sie das nur, weil sofort die nächste parat liegt. Und die einzigen drei Panels, die Phasma in einer Rückblende ungerüstet zeigen, setzen die eine Sprechblase so geschickt, dass man als Leser nicht entscheiden kann, ob der Mann oder das Mädchen spricht. Phasma bleibt ein Phantom und entmenschlicht – bis zu dem kurzen Augenblick (buchstäblich) in „Episode VIII“, als Finn ihren schützenden Panzer durchdringt und ihr schwaches Ich enthüllt.

Die Zeichnungen von Marco Checchetto entsprechen dem gehobenen Marvel-Standard, den man heutzutage gewöhnt ist und erwachen insbesondere durch die düstere, konsequent auf schwarz, rot und blau setzende Farbpalette von Andres Mossa zu unheilvollem Leben. Das ist absolut ansehnlich und unterstützt die Geschichte um Verfolgung, Verrat und Vertuschung.

Die 30-seitige Bonusgeschichte, „Cassian & K-2SO“, von Duane Swierczynski schildert im Anschluss daran, wie der Rebellenagent Cassian Andor seinen Roboterkompagnon, einen ehemaligen imperialen Sicherheitsdroiden, kennengelernt hat. Die Handlung spielt auf einem Planeten zwischen Kernwelten und Outer Rim (für Kenner: die Gegend nennt sich „Die Kolonien“) und Cassian ist gemeinsam mit zwei schweigsamen violetthäutigen Datenspezialisten unterwegs, um imperiale Sicherheitsprotokolle zu stehlen. Dabei stößt das Trio auf diverse Hindernisse. Eins davon ist K-2SO.

Es ist eine nette Origin-Story, die allerdings in einem gewissen Widerspruch zum bisherigen Umgang mit Droiden bei „Star Wars“ steht. Die Freundschaft und Loyalität, die etwa R2-D2 oder BB-8 ihren Leuten gegenüber verspüren, schienen immer „angewöhnt“ zu sein. Man hat die Droiden damit praktisch vermenschlicht. K-2SO dagegen wird schlichtweg umprogrammiert. Sein Basis-Impuls ist es, Cassian und die anderen zu verhaften oder zu töten. Nicht irgendwelche äußeren Ereignisse schweißen die späteren Gefährten zusammen, sondern ein drastischer Eingriff in K-2SOs Wesensart. Dieser Zwang zum Dienen, der im Kinofilm „Rogue One“ damals durch flapsige Äußerungen gemildert wurde, schwingt im weiteren Verlauf der Geschichte immer unterschwellig mit und man fragt sich, wie viel eigener Wille ist und wie viel K-2SOs neuen Befehlsparametern geschuldet.

Eine Cover-Galerie rundet den Band ab.

Fazit: „Star Wars Marvel Comics-Kollektion 26: Captain Phasma“ schlägt für die titelgebende Figur erzählerisch die düstere Brücke zwischen „Episode VII“ und „Episode VIII“. Phasma wird als skrupellose und allein ihrem eigenen Wohl dienende Killerin weiter ausgebaut, damit auch bloß niemand Mitleid mit ihr hat, wenn sie letztlich ihr gerechtes Ende in „Die letzten Jedi“ findet. Das Abenteuer ist recht kurz, gradlinig und bietet wenig Überraschungen, ist aber seiner starken Atmosphäre wegen dennoch lesenswert. Die Bonusstory definiert die Beziehung zwischen Cassian Andor und K-2SO auf etwas unangenehme Art und Weise und passt damit ganz gut zum insgesamt düsteren Tonfall des vorliegenden Bandes, wenngleich sie in „SWMCK 19“ nach wie vor besser aufgehoben gewesen wäre.

Star Wars Marvel Comics-Kollektion 26: Captain Phasma
Comic
Kelly Thompson, Duane Swierczynski, u.a.
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-2682-1
124 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 15,99

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