von Frank Stein
Der 146-seitige Hardcoverband umfasst die US-Ausgaben „Rogue One #1-#6“, die als eigenständige Mini-Serie ursprünglich zwischen April und September 2017 erschienen sind. Geschrieben wurde der Comic von Jody Houser, die Illustrationen stammen von Emilio Laiso, Paolo Villanelli und Jan Bazaldua. Auf Deutsch ist er zuvor in Form eines Softcover-Sammelbandes sowie einer limitierten Hardcover-Ausgabe im Dezember 2017 bei Panini herausgekommen. Im Vergleich zu diesen Ausgaben wurde bei der vorliegenden auf die Bonusgeschichte „Cassian & K-2SO“ (engl. „Rogue One: Cassian & K-2SO Special“) verzichtet. In dieser 30-seitigen Vorgeschichte wird geschildert, wie der Rebellenagent Cassian Andor seinen Roboterkompagnon, einen ehemaligen imperialen Sicherheitsdroiden, kennengelernt hat. Diese Auslassung ist sehr bedauerlich, stellte die Bonusgeschichte doch ein wichtiges Kaufargument dar.
Aber blicken wir auf das, was noch da ist, die eigentliche Geschichte von „Rogue One“: Für Nicht-Kenner vielleicht ein paar Sätze, worum es eigentlich geht. Die Kleinkriminelle Jyn Erso wird von der Rebellenallianz aus einem Arbeitslager befreit, weil sie zufällig auch die Tochter von Galen Erso, des imperialen Leiters eines Waffenforschungsprojekts, und das Mündel des besonders radikalen Rebellen Saw Gerrara ist (letzterer bereits bekannt aus „Star Wars: The Clone Wars“). Gemeinsam mit Cassian Andor und seinem Droiden K-2SO soll sie losziehen, um einen imperialen Piloten zu befragen, der sich in Gerraras Gefangenschaft auf dem Planeten Jedha befindet und behauptet, dass das Imperium heimlich eine Kampfstation von ungeahnter Schlagkraft baut. Auf Jedha fangen die Probleme dann erst so richtig an und das Ganze mündet schließlich im Diebstahl der Baupläne des Todessterns, was „Rogue One“ zum unmittelbaren Prequel von „Episode IV: Eine neue Hoffnung“ macht.
Man merkt, dass sich die Autorin Mühe gegeben hat, mehr als eine bloße Nacherzählung der Filmhandlung zu bieten. Das zeigt sich gleich von Anfang an. Da werden Szenen, die aus dem Film bekannt sind, auf das erzählerisch Nötigste gestrafft, um Platz für Momente zu haben, die – wie das Vorwort verrät – aus der ursprünglichen Story-Idee und dem Drehbuch stammten, es aber nicht auf die Leinwand geschafft haben. So erlebt man beispielsweise in einer kurzen Szene, wie Galen Erso den Piloten Bodhi Rook vom Planeten Eadu losschickt und wie Jyn Erso im imperialen Arbeitslager auf Wobani landet. In einer Rückblende erlebt man, wie Saw Gerrara Jyn verlässt. Und Bail Organa hat einen Extra-Auftritt in der Rebellenbasis auf Yavin IV. Es sind kleine Momente, aber sie verleihen dem Comic Eigenständigkeit, sodass es sich nur ganz selten so anfühlt, als würde man eine Abfolge von Standbildern aus dem Film durchblättern.
Das wird auch durch die teilweise sehr elegante Erzählweise von Jody Houser unterstützt, die sich kurze Szenen des Films komplett spart und sie stattdessen in Form von Erinnerungspanels in die laufende Handlung einflicht. Im Film wäre das so nicht möglich gewesen beziehungsweise es hätte etwas gekünstelt gewirkt und den natürlichen Erzählfluss gestört. Hier präsentiert der Comic die Stärken seines eigenen Mediums.
Nur am Ende schlingert er dann allerdings doch ein wenig. Als es beim Diebstahl der Todessternpläne auf Scarif actionreich zur Sache geht und vieles parallel passiert, wirkt das in den Comic-Panels etwas arg hektisch, ja teilweise abgehackt. Außerdem wird zwangsläufig sehr panellastig erzählt. Statt fünf bis sechs Panels hat man auf einmal acht bis zehn und mehr pro Seite, was zu sehr kleinen Bildausschnitten führt. Gerade das Schlachtengetümmel im All kommt so nicht richtig zur Geltung. Hier scheint der Autorin der Platz ausgegangen zu sein.
Visuell gehört der Comic zur gehobenen Mittelklasse. Die Farbstimmung ist sehr gelungen, viele Panels wirken dynamisch und auch die Figuren sind überwiegend gut getroffen. Ich sage „überwiegend“, weil manche Gesichtsausdrücke auch echte Rohrkrepierer sind. Leider merkt man zudem, dass gleich drei Illustratoren für den Inhalt der Hauptgeschichte verantwortlich sind, was immer wieder zum leichten Stilwechsel führt.
Das Drumherum entspricht der „Star Wars Marvel Comics Kollektion“. Im Vorwort wird diesmal eine nette Einordnung des Films „Rogue One“ vorgenommen. Zur Bebilderung dient diesmal ein „Princess Leia #1 Variant Cover“. Optisch hübsch, aber eins aus „Rogue One“ wäre passender gewesen. Eine erfreulich komplette Covergalerie rundet den Band ab.
Fazit: Obwohl es sich um die Comic-Adaption eines Films handelt, besitzt „Rogue One – A Star Wars Story“ genug Eigenes, um das Werk auch für Kenner interessant zu machen. Vielleicht sogar für Kenner mehr als für Laien, denn die an manchen Stellen vorgenommene Verkürzung der Filmhandlung könnte ohne Vorkenntnis des Films zu leichten Verständnisschwierigkeiten führen. Allerdings darf man sich auch nicht täuschen: Am Ende ist es doch eine Adaption und gerade im letzten Teil der Handlung ist der Neuheitenwert eher gering. Außerdem wurde in dieser „Comic-Kollektion“-Ausgabe leider die Bonusgeschichte eingespart, was ein großes Manko darstellt. Wer nicht die Kollektion sammelt und nur an dem Comic interessiert ist, sollte daher zur älteren Ausgabe von 2017 greifen, die nach wie vor erhältlich ist, allerdings auch 4 Euro teurer und bloß ein Softcover-Band.
Star Wars Marvel Comics-Kollektion 19: Rogue One – A Star Wars Story
Comic
Jody Houser, Emilio Laiso u. a.
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-2675-3
146 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 15,99
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