Star Wars – Die Hohe Republik: Abenteuer 1

„Schatten des Imperiums“, „Das Erbe der Jedi-Ritter“ und natürlich die Klonkriege: Die Macher von „Star Wars“ waren schon immer begeistert von der Idee, einen Konflikt auf multimediale Weise zu erzählen, also Romane, Comics und Spielzeug miteinander zu verweben. Das neuste Großprojekt heißt „Die Hohe Republik“ und ist 200 Jahre vor der Prequel-Trilogie angesiedelt. Es ist eine Ära des Friedens … doch ein neuer Feind lässt nicht lange auf sich warten.

von Frank Stein

„Die Hohe Republik“ (engl.: „The High Republic“) ist ein verlagsübergreifendes Literaturprogramm, das im Januar 2021 startete und eine jahrelange Laufzeit haben soll. Verschiedene Romane und Comics werden hier miteinander verknüpft, wobei – sehr technisch – in jeder „Welle“ ein Erwachsenenroman, ein Young-Adult-Roman, ein Jugendroman und ein Kinderbuch erscheinen, dazu mindestens zwei Comic-Mehrteiler und ein paar Kurzgeschichten für Magazine. Aktuell befinden wir uns in der dritten und letzten Welle der „Phase 1: Light of the Jedi“ (man kennt derlei Handlungsunterteilungen vom Marvel Cinematic Universe im Kino).

Der vorliegende Comic gehört noch zur ersten Welle und versammelt die fünf US-Einzelausgaben „Star Wars: The High Republic Adventures #1-5“, die von Februar bis Juni 2021 erschienen sind. Ende Oktober 2021 kam dann bei Panini dieser Sammelband heraus. Die Geschichte trägt im Rolltext zu Beginn den Titel „Kollisionskurs“, das entspricht dem US-Titel des ersten Comic-Hefts. Die Folgetitel der vier anderen Hefte wurden nicht übernommen, auch wenn der Band – und das rechne ich ihm hoch an – bei jedem „Heftwechsel“ eine Trennseite eingefügt hat, die das jeweilige Cover zeigt. So bekommt man ein gutes Gefühl für den ursprünglichen Rhythmus der Geschichte – und alle Artworks (na ja, abgesehen von den zig Variant Covers, wobei immerhin 5 am Ende in einer Covergalerie angehängt wurden).

Gleich der Einstieg in den Comic ist ziemlich unverständlich, wenn man den Roman „Das Licht der Jedi“, mit dem das ganze Literaturprogramm startete, nicht kennt. Aus dem Hyperraum treten Trümmerteile über dem Planeten Trymant IV aus. Diese drohen die Hauptstadt zu treffen. Eine Katastrophe. Ein in der Nähe befindlicher Schulungkreuzer der Jedi, der voll mit Padawanen unter der Aufsicht von Yoda ist (ja, den gab es damals auch schon!), eilt zur Hilfe. Bei der Einsatzbesprechung an Bord wird lapidar eingeworfen, dass es sich offenbar um eine weitere Folge der Hyperraum-Katastrophe von Hetzal handelt. Für die soll, das verrät zuvor das Vorwort des Comics, Marchian Ro, der Chef der Piratenbande der Nihil, verantwortlich sein. Mehr Informationen bekommt man als Leser nicht.

Inmitten des Chaos, das für reichlich Action sorgen wird, taucht ein „Spinnenkreuzer“ (hässliches Biest) der Nihil auf, wobei die Piraten anscheinend nur eins im Sinn haben: den Stadtältesten zu entführen. Angeführt werden sie von einem unheimlichen Typen mit einem Helm, auf dem ein cthuloid anmutendes Auge glüht. Einen Namen bekommt man als Leser nicht. Irgendwann landet man auf einem Schiff namens Gaze Electric (was nicht der Spinnenkreuzer sein soll, das kann man falsch verstehen, weil man keine Außenansicht der Gaze Electric bekommt), dem Flaggschiff der Nihil. Und im Internet findet man auch heraus, dass der Kerl wohl besagter Anführer Marchian Ro ist. Warum solche zum Verständnis wirklich nicht unwichtigen Informationen nicht gleich rausgerückt werden, erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht.

Vielleicht liegt es daran, dass es in dem Comic gar nicht wirklich um die Erwachsenen geht. Im Fokus stehen vielmehr drei Kinder: Padawan Lula Talisola, ein Alien-Mädchen namens Zeen Mrala und ein menschlicher Junge mit Namen Krix. Die beiden letzten sind beste Freunde und leben bis zu der Katastrophe auf Trymant IV. Der nachfolgende Kampf wird sie trennen und ihre Wege in unterschiedliche Richtungen lenken. Während Zeen unerwartet Machtkräfte entwickelt (die Macht ist auf Trymant IV extrem verpönt) und von den Jedi mitgenommen wird, gelangt Krix an der Seite des Stadtältesten auf die Gaze Electric, wo er sich unter den Piraten durchschlagen muss. Zwei unzertrennliche Freunde, deren Schicksal sich gabelt und sie auf zwei Wege zu unterschiedlichen Seiten führt – das kennt man ähnlich bereits aus der Prequel-Trilogie oder dem Roman „Verlorene Welten“ von Claudia Gray. Was kein Grund sein soll, diese tragische Figurenkonstellation nicht erneut zu nutzen.

Der Comic erreicht am Ende kein Ziel, höchstens ein Etappenziel. Sowohl Zeen als auch Krix, die über lange Seiten der Geschichte mit sich hadern und sich fragen, wer sie sind und was sie sein wollen, scheinen am Ende einen Entschluss getroffen zu haben. Wo das hinführt, glaubt man sich ausmalen zu können. Aber vielleicht werden wir ja noch überrascht.

Die Illustrationen sind sehr bunt und die Panelstruktur wirkt lebendig, wobei die Panels mitunter bis zur Unkenntlichkeit überfüllt sind. Gerade auf dem Schrottplaneten am Ende wird es hier und da etwas unübersichtlich. Schön anzusehen sind vor allem einige „Großaufnahmen“ von Yoda und Zeen. Auch die anderen Figuren sind überwiegend gut getroffen. Bei der Technik bleiben die Illustratoren vage. Die Vektor-Jäger der Jedi werden in wenigen Strichen dargeboten, oft überlagert von actionbetonten Speedlines. Da hat man schon schönere Raumschiffe gesehen. Insgesamt wird eine solide Optik geboten, wenngleich sie nicht herausragt.

Fazit: Neueinsteigern in „Die Hohe Republik“ macht es der vorliegende Comic nicht leicht. Es fehlt an wichtigen Hintergrundinformationen, etwa zur Katastrophe von Hetzal sowie den Nihil und ihren Zielen. Dass nicht mal der Oberbösewicht namentlich genannt wird, irritiert tatsächlich. Schön gelungen ist dagegen die oft parallel erzählte Handlung um die Kinder Lula, Zeen und Krix, die alle ihren Weg finden müssen und dabei auch mal auf den falschen Pfad gelangen. Die Optik ist solide, reißt aber nicht unbedingt mit. Ein offenes Ende weckt Neugierde darauf, wie es mit den Kindern weitergeht.

Star Wars – Die Hohe Republik: Abenteuer 1
Comic
Daniel José Older, Harvey Tolibao u.a.
Panini Comics 2021
ISBN: 978-3-7416-2281-6
120 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 15,00

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