von Michael Wilhelm
Als Fan der „Star Wars“-Saga und des großartigen „Star Wars CCG“ von Decipher war ich sofort Feuer und Flamme für eine Rückkehr ins Reich der sammelbaren Kartenspiele. Auch wenn das Geschäftsmodell eines sammelbaren Spieles, bei dem man nicht weiß, welche Karten man für sein Geld bekommt und ob es überhaupt welche sind, mit denen man was anfangen kann, nach wie vor umstritten ist, muss ich gestehen, dass FFG, und in der deutschen Übersetzung die Heidelberger, absolut meinen Nerv treffen. Zwar gibt es mit dem Living Card Game seit 5 Jahren und zahlreichen großen und kleinen Erweiterungen jede Menge Karten-Material über das „Star Wars“-Universum, aber der zusätzliche Kick des Sammelns und Boosteröffnens war uns dabei verwehrt.
Umso mehr konnte man sich über die Ankündigung freuen, dass seit Ende des letzten Jahres mit „Star Wars: Destiny“ spannende und kurzweilige Gefechte zwischen unseren liebsten Helden und Schurken, in abenteuerlichsten und unmöglichsten Paarungen, möglich sein sollten. Die Neuerscheinung deckt dabei eine ganz andere Sparte ab als das deutlich komplexere und umfangreichere LCG. Vielmehr legt „Star Wars: Destiny“ den Fokus auf den Kampf bis zum Tod zwischen zwei Teams. Das Spiel ist auch deutlich kürzer und dank des innovativen Rundenablaufs wechselt die Action ständig zwischen den Kontrahenten hin und her.
Erhältlich ist „Star Wars: Destiny“ in zwei vorgefertigten Startern mit jeweils 24 Karten und 9 Würfeln, denn beileibe handelt es sich um ein reines Kartenspiel, sondern das zweite innovative Konzept verkörpert sich in den immer bestimmten Karten zugeordneten Spezial-Würfeln.
Der „Kylo Ren Starter“ hat als zweiten Charakter einen Sturmtruppler der ersten Ordnung. Der „Rey Starter“ wird verstärkt durch Finn. Somit kämpfen hier die Helden aus „Episode 7“ gegen die Erste Ordnung. Prinzipiell kann bei „Star Wars: Destiny“ aber jeder gegen jeden kämpfen. Rebellion gegen Imperium, Widerstand gegen Gangster, sogar Jedi gegen Jedi sind mögliche Kombinationen.
In den Startern haben wir also jeweils zwei Charaktere (mit Würfeln), die restlichen Karten sind Verstärkungen (die an Charaktere angelegt werden), Unterstützungen (die wie Charaktere in den Spielbereich gelegt werden und einen dauerhaften Effekt haben) und Ereignisse (mit einem einmaligen Effekt).
Bei den Charakteren wird zwischen einzigartigen Charakteren (wie Rey oder Kylo Ren) und nicht-einzigartigen (wie dem Sturmtruppler) unterschieden. Die nicht-einzigartigen Charaktere haben immer nur einen zugeordneten Würfel, die einzigartigen gibt es in der Standard-Version mit einem Würfel und der teureren Elite-Version mit zwei Würfeln. Im Starter sind Rey und Kylo Ren als Elite-Version, Finn und natürlich der Sturmtruppler mit nur einem Würfel. Für die Starter ist das eine ausgewogene Paarung. Im Standard-Spiel werden Teams mit 30 Punkten gebildet, wobei ein Sturmtruppler 7 kostet, Luke Skywalker in der Elite-Version 20. Solange man beachtet, dass ein Team nur aus Helden oder Schurken besteht, sind aber auch wieder hier der Fantasie und Kombinationsfreude keine Grenzen gesetzt. Hat man sein Team gewählt, benötigt man noch ein Deck von 30 Karten. Auch im Deck finden sich Karten mit zugehörigen Würfeln: Aufwertungen und Unterstützungen.
Aufwertungen wie Waffen, Ausrüstungsgegenstände oder Fähigkeiten werden an Charaktere angelegt. Unterstützungen gibt es mit oder ohne Würfel, darunter z.B. Fahrzeuge wie den Millenium Falcon oder AT-ST, aber auch Orte oder Objekte. Diese werden in den Spielbereich gelegt und sind dauerhaft im Einsatz.
Außer der Unterteilung in Helden und Schurken gibt es drei Farben: rot steht für das Militär, gelb für Schmuggler, Gauner und Spione, blau für Machtnutzer, grau für den Rest. Das heißt, Jabba ist ein gelber Schurke, Rey eine blaue Heldin und General Veers eine roter Schurke. In einem Deck können sich nur Karten befinden, deren Farben mit den Farben der Charaktere zusammenpassen. Da meist 2 oder 3 Charaktere ein Team bilden, gibt es aber eine große Zahl an Kombinationsmöglichkeiten. Nur eben Helden und Schurken dürfen nicht gemischt werden. Zuletzt kommt noch ein Schlachtfeld dazu, um dessen Verwendung zu Spielbeginn gewürfelt wird.
Hat jeder Spieler ein Team gewählt, werden die zugehörigen Würfel gewürfelt. Der Spieler mit der höheren Summe wählt das in dieser Partie genutzte Schlachtfeld und hat den ersten Zug. Der Gegner legt zwei Schildmarker (die später einen Schaden verhindern) auf seine Charaktere. Vom Deck werden 5 Karten auf die Hand genommen und der Rest bildet den Nachziehstapel. Auch die Würfel für die im Deck befindlichen Aufwertungen und Unterstützungen werden bereitgelegt. Das Spannende und Innovative ist, dass nun die Spieler abwechselnd einzelne Aktionen abhandeln, bis beide passen und die Runde endet.
Aktionen sind das Ausspielen von Karten aus der Hand, das Aktivieren eines Charakters (d.h. der oder die Würfel werden gewürfelt), das Abhandeln eines oder mehrerer gleicher Würfel oder eine Aktion auf einer Karte. Einzelne Aktionen dauern meist nur zwischen 5 und 30 Sekunden, sodass das Spiel sich wirklich wie ein rasanter Schlagabtausch anfühlt. Auch bekommt das Kartenspiel durch die Würfel eine schöne körperliche Komponente und zur durch Kartenziehen bedingten Zufälligkeit kommt die noch größere Unwägbarkeit des Würfelwurfes hinzu. Allerdings gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, bereits geworfene Würfel neu zu werfen, auf bestimmte Seiten zu drehen oder zu entfernen, ohne ihren Effekt abzuhandeln. Jeder Würfel ist dabei einzigartig und zeigt neben meist einer Leerseite (sozusagen einer Niete) Symbole wie Schild, Nahkampf- oder Fernkampfschaden, Ressourcen, Störung (zerstört eine Ressource des Gegners), Ablegen (der Gegner legt eine zufällige Karte ab) oder eine einzigartige Spezialfähigkeit. Die Symbole haben Werte von 1 bis 3, manchmal auch mit einem „+“, was bedeutet, dass der Würfel nur mit einem gleichen Symbol ohne „+“ abgehandelt werden kann.
Das Kampfgeschehen geht hin und her, bis beide Spieler passen, was meist bedeutet, dass alle Charaktere aktiviert, ihre Würfel abgehandelt oder entfernt, Ressourcen ausgegeben und Handkarten gespielt wurden. Schön ist auch, dass keine Karte gänzlich nutzlos ist. Denn jederzeit kann eine Karte von der Hand abgeworfen werden, um eine beliebige Anzahl eigener Würfel neu zu werfen. Zu oft sollte das aber nicht gemacht werden, da neben dem Ableben des eigenen Teams auch der Verlust aller Karten aus Deck und Hand zur Niederlage führt.
Natürlich unterscheiden sich die Charaktere nicht nur durch ihre Würfel und Kosten, sondern auch ihre Lebenspunkte, die von 7 (bei manchen nicht-einzigartigen) bis 13 (bei Darth Vader) reichen. Neben den zur Verfügung stehenden Würfeln sollte bei der Zusammenstellung des Teams auch die Widerstandskraft beachtet werden. Da sind manchmal drei kleine oder mittelschwere Charaktere mit weniger starken Würfeln besser, als ein großer mit zwei mächtigen Würfeln.
Das Kampfgeschehen schwingt rasant hin und her. Timing ist von größter Bedeutung. Natürlich gehört auch mehr als nur eine kleine Portion Glück zum Spiel dazu, doch dank der ausgewogenen und schon im Basis-Set vielseitigen Kartenauswahl sind mehrere zum Sieg führende Strategien möglich, unter anderem gibt es auch einige Karten, die den Gegner der Niederlage durch Kartenverlust näherbringen.
Beim Deckbau gibt es eine große Auswahl an Kombinationsmöglichkeiten. Sowohl einfarbige Decks sind möglich, als auch Decks mit allen drei Farben. Und das gleiche Deck spielt sich völlig unterschiedlich, wenn ein anderes Startteam gewählt wird.
Ein großes Lob kann für die Qualität des Spielmaterials ausgesprochen werden. Die gemalten Illustrationen auf den Karten sind wirklich schön, das Layout übersichtlich und praktisch und die Würfel sind einfach nur toll. Natürlich ist durch die drei kräftigen Kartenfarben das Design weitaus bunter als zum Beispiel beim „Star Wars LCG“. Das schränkt aber den Spielspaß in keinster Weise ein. Verglichen mit dem „Star Wars LCG“ ist „Star Wars: Destiny“ zwar ein reines Kampfspiel, spielt sich aber auch weitaus schneller und leichter als das deutlich komplexere LCG.
Neben den Startern mit 24 Karten und 9 Würfeln ist „Star Wars: Destiny“ auch in Boostern mit 5 Karten und einem Würfel erhältlich. Kylo Ren, Rey und Finn, sowie einzelne andere Karten (wie die Lichtschwerter) gibt es nur in den Startern. Auch Basis-Karten, die in kaum einem Deck fehlen sollten, wie Ausweichen (Fernkampf-Würfel des Gegners entfernen) oder Parieren (Nahkampf-Würfel entfernen) bekommt man nur im Starter. In den Boostern gibt es dann eine seltene oder legendäre Karte mit Würfel (im Verhältnis 6:1), eine ungewöhnliche und 3 häufige Karten.
Schon die Starter reichen aus für mehrere Stunden Spielspaß, da die Decks sehr gut balanciert sind. Auch können problemlos alle Spielmechanismen verinnerlicht werden. Wer sich mehr Abwechslung wünscht, sollte aber überlegen, sich ein Display (mit 36 Boostern) oder zumindest eine gewisse Zahl Booster zu kaufen, um noch mehr Charaktere zur Verfügung zu haben und auch mehrere Decks zur Auswahl zu haben. Leider reicht aber auch ein Display nicht annähernd aus, um ein vollständiges Set der 174 Karten, geschweige denn 2 Würfel aller einzigartiger Charaktere zu bekommen.
Fazit: Natürlich sind sammelbare Kartenspiele nicht für jeden etwas. Ist aber diese Hürde genommen, weiß „Star Wars: Destiny“ gänzlich zu überzeugen. Das innovative Spieldesign und das rasante, actionreiche Spielgeschehen machen großen Spaß. Auch das Spielmaterial, insbesondere die schönen Würfel, ist eine wahre Pracht. Und dank der großen Kombinationsmöglichkeiten in Teamzusammenstellung und Deckbau ist für anhaltendes Vergnügen gesorgt. Ich freue mich jedenfalls auf die bereits angekündigte Erweiterung „Geist der Rebellion“.
Star Wars: Destiny
Sammelbares Karten- und Würfelspiel
Lukas Litzsinger, Corey Konieczka
Heidelberger Spieleverlag 2016
EAN: 4015566024274 (Kylo Ren-Starter) / 4015566024281 (Rey-Starter)
Deutsch, 174 Karten, 67 Würfel
Preis: Starter ca. EUR 17,99 / Booster ca. EUR 4,99
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