von Frank Stein
Ich muss vorab sagen, dass ich weder die „Das Verhängnis der Jedi-Ritter“-Reihe noch die Kurzgeschichtensammlung „Star Wars: Der Vergessene Stamm der Sith – Storys“ gelesen habe. Ich erinnere mich nur noch daran, dass ich während der Lektüre der „Wächter der Macht“-Romane sehr überrascht über diesen Planeten war, auf dem irgendwelche lange vergessenen Sith-Lords sitzen sollten.
Die 124-Seiten umfassende Comic-Story, auch aus der Feder von John Jackson Miller, der in letzter Zeit überall in der „Star Wars“-Timeline noch neue Fässer aufzumachen scheint, führt uns weit in die Vergangenheit. Etwa 3000 Jahre vor der Schlacht von Yavin (und etwa ein Jahr nach der Abschlusskurzgeschichte der eBook-Reihe) angesiedelt, dreht sich die Handlung um den rebellischen Sith Parlan „Death“ Spinner, der mit der gegenwärtigen Ordnung unter dem Stamm der Sith unzufrieden ist und sich dagegen auflehnt. Zur Strafe darf er sich auf eine Seefahrt begeben, die vorgeblich nach Alanciar, dem neu entdeckten Kontinent von Kesh, führt, in Wahrheit aber den Südpol erforschen soll. Mit an Bord ist auch Sith-Prinzessin Takara Hilts, die Tochter des amtierenden Großlords, die auf Abenteuer aus ist. Natürlich können sich der Schurke und die Prinzessin nicht ausstehen – aber wir wissen ja, wie das mit Schurken und Prinzessinnen im „Star Wars“-Universum ist.
Am Ziel angekommen, entdecken sie einen noch vergesseneren Stamm von Jedi und Dunklen Jedi, die nochmal 4000 Jahre früher auf Kesh eintrafen und sich nach einigem Zwist schließlich auf einen dauerhaften Frieden im Exil einigten. Ihre größte Waffe sperrten sie weg, eine Info, die sie dem opportunistischen Parlan Spinner lieber nicht gegeben hätten. Darauf erpicht, sich zum Größten der Sith aufzuschwingen, bringt er die Waffe in seinen Besitz – und erlebt eine riesige Überraschung!
Der Comic macht es einem als unbeleckten Leser nicht leicht. Zum einen spielt er weit in der Vergangenheit, zum anderen an einem isolierten Ort, an dem es – außer ein paar Lichtschwertern und Leuten, die sich Sith nennen – wenig Bezüge zum „Star Wars“-Universum gibt. Zudem muss sehr viel erklärt werden, damit man die Geschehnisse mehrfach vom Himmel gefallener Machtnutzer und ihrer Folgen für Kesh versteht, wodurch die Erzählung ein wenig sperrig wirkt. Schlecht ist die Handlung dabei nicht. Es gibt viel Action und Intrigen, Bündnisse werden geschlossen und brechen. Aber gerade Letzteres sorgt auch dafür, dass einem die Figuren, die allesamt bis kurz vor Schluss im Wesentlichen Egoisten sind, fremd bleiben. Und wenn die Protagonisten Schwerter tragen würden, könnte es sich auch um einen beliebigen Fantasy-Comic um rivalisieren Magier handeln.
Visuell bietet „Der Vergessene Stamm der Sith I – Teufelsspirale“ gute Durchschnittskost. Die meisten Figuren sind gut zu erkennen, die Dynamik stimmt, an Proportionen und Detailfreude ist nur in einzelnen Panels was auszusetzen. Dennoch fühlt man sich von der Optik nun auch nicht völlig hingerissen. Dafür fehlt den Illustrationen zu sehr der eigene Stil. Man ärgert sich nicht, die Bilder unterstützen die Geschichte ganz gut – viel mehr bekommt man auf dem Massenmarkt der Comic-Hefte ohnehin selten geboten.
Fazit: Eigentlich macht der Comic nicht viel falsch. Er kommt optisch ansprechend daher und erzählt eine wendungsreiche, wenngleich in ihrem Hintergrund vielleicht etwas komplizierte Geschichte. Bloß das „Star Wars“-Feeling will leider kaum aufkommen. Ein paar Lichtschwerter allein reichen halt nicht aus, um aus einer Story, die sich wie eine kleine, im Wesentlichen isolierte Fantasy-Erzählung liest, einen bedeutenden Teil des „Expanded Universe“ zu machen. (Vielleicht auch aus dem Grund wurde die Reihe bei Dark Horse bereits wieder eingestellt. Band I wird, so wie es aussieht, der einzige Band bleiben.)
Star Wars: Der Vergessene Stamm der Sith I – Teufelsspirale
Comic
John Jackson Miller, Andrea Muti
Panini Comics 2013
ISBN: 978-3-86201-565-8
124 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95
bei amazon.de bestellen
