von Bernd Perplies
"Im Netz des Bösen" ist der fünfte Roman der fortlaufenden Jugendbuchreihe von Jude Watson, die seit Beginn der Prequels nicht nur Stammautorin für "Star Wars" ist, sondern praktisch im Alleingang die Jugendbuchsparte bestritten hat. In rund zwei Dutzend Büchern von "Jedi-Padawan" über "Jedi Quest" bis nun zu "Der letzte Jedi" hat sie das Leben und Sterben, das Lieben und Hassen der Machtanwender (zumeist aus der Sicht ihrer Schüler) dokumentiert und dabei ihren eigenen Mikrokosmos an Figuren und Beziehungsgeflechten geschaffen (ähnlich wie es die Dark-Horse-Redaktion mit ihren Comics um den Jedi Quinlan Vos getan hat), die nicht nur über einzelne Romane, sondern sogar über einzelne Reihen hinausragen.
Der fünfte Band der "Ferus Olin Saga" führt den Ex-Padawan, der langsam für sich zur Macht findet, auf die Dunkle Seite. Der Imperator lädt ihn nach Coruscant ein und verlangt von Ferus, dass er für ihn nach Samaria fliegen soll, um dort seine Fähigkeiten als Sicherheitsspezialist zum Einsatz zu bringen und einen Computerwurm, der alle Elektronik lahm legt und somit das öffentliche Leben ins Chaos stürzt, auszumerzen. Als Druckmittel dienen sein Freund Roan Lands und dessen Bekannte Dona Telamark, die vom Imperium in ihrem Versteck auf dem Planeten Belassa gefunden und verhaftet wurden. Ihnen droht die Hinrichtung, wenn sich Ferus nicht beugt. Während der Ex-Padawan also nach Samaria fliegt und sich dem dortigen Rätsel stellt, machen sich seine Kameraden – Trever, Clive, Solace, Oryon, Keets und Curran – daran, Roan und Dona in einer dreisten Aktion zu befreien.
Wie bereits erwähnt, behandelt Jude Watson ihre Romanreihen als eine große Chronik, die über die Jahrzehnte hinweg dem Schicksal der Jedi anhand einer Reihe Protagonisten folgt. Kenner der Reihen "Jedi-Padawan" und "Jedi Quest" werden dementsprechend einige der neuen Protagonisten durchaus wiedererkennen. So ist Bog Dinivan, der ehemalige Senator von Nuralee, nun Imperialer Berater auf Samaria. Seine Frau Astri Oddo lebt ebenfalls dort mit ihrem Sohn – beide sind allerdings vor dem Imperium auf der Flucht. Dinivans Verbindungsmann auf Coruscant schließlich ist Senator Sano Sauro, ein ehemaliger Gegner des Jedi-Ordens und nun ein Speichellecker des Imperators, der es wagt, sogar gegen Darth Vader Intrigen zu schmieden. Sie alle hatten auf die eine oder andere Weise schon Auftritte als Freunde oder Feinde von Obi-Wan Kenobi und/oder dem jungen Anakin Skywalker.
Dessen ungeachtet lässt sich "Im Netz des Bösen" natürlich auch ohne derlei Vorkenntnisse lesen. Die Verbindungen zu früheren Geschehnissen werden eher in Nebensätzen offenbar. Tatsächlich stellt dieser Band sogar eine Art kleiner Zäsur innerhalb der Reihe "Der letzte Jedi" dar, denn ab jetzt ist die reine Flucht von Ferus vorüber und er arbeitet stattdessen in einer Art 180-Grad-Wende als Doppelagent scheinbar für das Imperium. Im Gegensatz zum letzten Buch hat die Handlung auch keinen expliziten Cliffhanger, sondern ist mehr oder minder in sich abgeschlossen. Insofern kann man dieses kurze Abenteuer auf Samaria sogar als Einzelroman genießen, auch wenn das Vergnügen natürlich proportional mit den eigenen Vorkenntnissen des Universums der Autorin zunimmt.
Ist die Geschichte an sich guter Durchschnitt – ein Standardabenteuer aus dem "Star Wars"-Universum, wie man es immer wieder im Comic oder auch dem einen oder anderen Roman (nur hier auf mehr Seiten ausgeführt) zu lesen bekommt –, so erscheint mir allerdings die vorgetäuschte Gerichtsverhandlung an Bord des geheimen Gefängnisschiffes zum Zwecke der Befreiung von Roan und Dona recht absurd. Es ist ja schön und gut, dass das Imperium ständig der Dumme ist (gerade in Jugendromanen noch mehr als sonstwo), aber wie bescheuert muss die Besatzung sein, um die Scharade von Solace, Trever und Oryon nicht zu bemerken? Ein Zwischenspiel, das eher unfreiwillig für Lacher sorgt.
Fazit: "Im Netz des Bösen" ist eine gefällige, kleine Fortsetzung der Jugendroman-Reihe "Der letzte Jedi", die Fans von Jude Watson vor allem durch den Auftritt mehrerer alter Bekannter erfreuen dürfte. Mit Senator Sano Sauro tritt zudem ein netter neuer Strippenzieher des Bösen ins Rampenlicht, der sich zur Freude des Lesers sogar mit Darth Vader anlegen will. Das Einzige, was ich mir wünschen würde, wäre, dass sich Jude Watson mal traut, ihre mittlerweile ausufend große Protagonistenriege durch ein paar tragische Todesfälle auszudünnen – das würde den Abenteuern obendrein ein wenig an Gewicht verleihen. Aber vermutlich ist so etwas als "nicht zielgruppengerecht" verboten…
Oh, ganz nebenbei: Ich finde 8 Euro für ein Buch dieser Dicke eigentlich unverschämt teuer. Wenigstens 1 Euro billiger könnten sie schon sein. Das wollte ich schon lange mal schreiben…
Star Wars – Der letzte Jedi 5: Im Netz des Bösen
Film/Serien-Roman
Jude Watson
Dino 2006
ISBN: 3-8332-1365-5
155 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 7,95
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