von Bernd Perplies
Eigentlich wollte er ja alles hinschmeißen, in die Wüste gehen und die nächsten zwanzig Jahre Sandkörner zählen und von Ferne dem kleinen Luke beim Aufwachsen zuschauen. Doch kaum hat sich Obi-Wan Kenobi, der zur Tarnung den Namen Ben Kenobi angenommen hat (wow, fast so gut, wie Supermans Idee, seine Identität hinter einer Hornbrille zu verbergen), in seiner Hütte am Rande der Jundland Wüste häuslich niedergelassen, hört er bei einem Shopping Trip nach Mos Eisley in einer uns wohl bekannten Cantina den Namen Ferus Olin. Ferus Olin? Wer Watsons kleines und dicht verwobenes Jedi-Universum kennt, den wird der Name ebenso aufhorchen lassen, wie den ollen Obi, war Ferus doch in der Reihe „Jedi Quest“ in mehreren Bänden als Schüler von Kenobis heimlicher Liebe Siri Tachi und als Rivale von Klein-Ani mit von der Partie.
Letztendlich verließ er den Orden, weil er glaubte, am Tod der Mit-Jedi Darra Thel-Tanis Schuld zu haben. Er wurde Zivilist, schwor seinen Jedi-Kräften ab und entging so der Säuberungsaktion des Imperiums. Oder wäre entgangen, wenn er nicht eine neue Berufung als Rebell auf dem Planeten Ussa gefunden hätte und jetzt alle planetaren Steckbriefe zieren würde. Old-Obi ist klar: Er muss los, um dem Kameraden aus Jedi-Tagen beizustehen und nachdem auch noch ein geisterhafter Qui-Gon Jinn der Mission seinen Segen gegeben hat, zieht ‚der letzte Jedi‘ los, um nachzuschauen, ob nicht vielleicht ein paar andere seiner Art (okay, abgesehen vom Gnom Yoda, der derweil auf Dagobah Wurzelsuppe kocht) im Schatten des Imperiums ausharren.
„Auf verlorenem Posten“ ist als Einstieg in die Buchreihe eine gradlinige Abenteuergeschichte, die Obi-Wan als einen der letzten verbliebenen Helden der Prequel-Zeit inkognito gegen das Imperium ausziehen sieht, damit sein erzählerisches Potential nicht die nächsten zwanzig Jahre sozusagen versandet. Schauplatz ist Ussa, ein unwichtiger Planet, auf dem imperiale Sturmtruppen unter der Leitung des Inquisitors Malorum (ein invertierter Valorum?) aber schon ein erstklassiges Terrorregime errichtet haben. Auf seiner Suche trifft Obi-Wan auf eine Reihe Einheimische, die aber allesamt ziemlich blass bleiben, mal abgesehen von dem jugendlichen Langfinger Trever, der – man vergesse nie, wir haben es bei Jude Watsons Geschichten immer mit Jugendromanen zu tun – fürderhin Obis mehr oder weniger widerwilliger Sidekick wird.
Zwei Dinge stören die zwar kleine, aber in sich durchaus stimmige Geschichte. Zum einen taucht Young Boba Fett schon wieder auf – offenbar war Jude Watson neidisch auf Elisabeth Hand, die seinerzeit die Abenteuer des kleinen Kopfgeldjägerklons zwischen „Episode II“ und „Episode III“ erzählen durfte, und musste die Figur darum unbedingt in ihre neue Serie reinschreiben. So nervtötend ich die Vorstellung eines 12-jährigen Profi-Jägers damals fand, so unpassend finde ich sein schwungvoller Herumgeballere mit Papas Spielzeugen in diesem Roman. Man kann das Konzept der Prequels, dass Kinder im „Star Wars“-Universum genauso mächtig sind wie Erwachsene, auch irgendwann übertreiben (ich sage nur: ein 9-jähriger Podrennmeister, die 14-jährige Königin eines Planeten, zahlreiche Daumen nuckelnde Jedi-Padawane, die fitter mit dem Lichtschwert sind, als Han Solo mit seinem Blaster).
Zum anderen basiert die ganze Romanreihe auf der Prämisse, dass sich Obi-Wan niemals zu erkennen geben wird, denn laut Kanon soll er ja jahrelang als Eremit in der Wüste gesessen haben. (Ansonsten wäre ja auch Vader rasch auf ihn aufmerksam geworden.) Doch schon im ersten Abenteuer stürmt er Lichtschwert schwingend durch eine imperiale Garnison und wenn ihn auch nur eine Überwachungskamera aufgenommen hat, dürfte es das eigentlich gewesen sein. Ein Glück, dass Überwachungskameras nur auf dem Todesstern installiert sind und der noch nicht fertiggebaut wurde. Doch das Problem bleibt bestehen: Wie auch immer sich die Handlung entwickelt, immer wird sie haarscharf am Rande zum Kanonbruch entlangschrammen. Mal sehen, wie Jude Watson damit umgehen wird...
Fazit: „Auf verlorenem Posten“, der erste Band der neuen Post-„Sith“-Jugendromanreihe „Der letzte Jedi“, ist ein gefälliges, wenn auch mit 145 Seiten (plus 25 Seiten Glossar) sehr kurzes Abenteuer für einen Jedi, der von Lucasfilm Licensing offenbar nicht einfach 20 Jahre in den Ruhestand geschickt werden wollte. Obwohl er einige stimmungsvolle Passagen enthält (etwa zu Beginn auf Tatooine), ist der Roman insgesamt eher schlicht in Handlung und Schreibstil. Junge Fans, Komplettsammler und Leute, die unbedingt wissen wollen, wie es nach „Episode III“ weitergeht, können zuschlagen, alle anderen beißen die Zähne zusammen und warten auf die angekündigte „Star Wars“-TV-Serie, die ja auch den Brückenschlag zwischen Prequels und klassischer Trilogie vollziehen soll.
Star Wars - Der letzte Jedi 1: Auf verlorenem Posten
Film/TV-Roman
Jude Watson
Dino 2005
ISBN: 3-8332-1274-8
171 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 7,95
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