von Frank Stein
Wer bereits die ersten beiden Bände von Michael Reaves „Coruscant Nights“-Trilogie gelesen hat, der ahnt, wie es mit Band 3 weitergeht. Erneut erzählt Reaves aus dem Leben von Jax Pavan und seinem Gefährten, als da wären: der sullustanische Ex-Reporter Den Dhur, der empfindungsfähige Droide I-5YQ, der früher Pavans Vater gehörte, der ehemalige Adjutant von Darth Vader, Haninum Tyk Rhinann, die Graue Paladin Laranth Tarak und die schwerreiche Zeltronerin Dejah Duare. Dieser bunt zusammengewürfelte Haufen sieht sich diesmal vor gleich zwei Probleme gestellt.
Zum einen taucht ein alter Bekannter von I-5 auf, ein Sakiyaner namens Tuden Sal. Auf den ist I-5 überhaupt nicht gut zu sprechen, denn Sal hat ihm einst den Speicher löschen lassen, statt ihn, wie von Pavans Vater Lorn Pavan seinerzeit gewünscht, mit wichtigen Informationen im Jedi-Tempel abzuliefern. Nur mit Mühe und Dank seiner speziellen Programmierung konnte I-5 seine Vergangenheit wieder herstellen. Entsprechend würde I-5 den Burschen am liebsten umbringen. Der jedoch gibt sich mittlerweile geläutert und will seinerseits den absurden Plan umsetzen, mithilfe von I-5 einen Anschlag auf den Imperator zu verüben, den „eigentlich Bösen“. Dass das nicht funktionieren kann, wissen wir nicht nur aus den Folge-Kinofilmen, sondern es diktiert auch der gesunde Menschenverstand. Palpatine ist schließlich ein Sith-Lord. Dass dennoch seitenlang über diesen Anschlag nachgedacht wird – wobei sich die Gruppe zünftig zerstreitet –, macht diesen Plot etwas anstrengend zu lesen.
Des Weiteren stolpert Jax fast buchstäblich über den jungen Machtbegabten, Kajin Savaros, der über ein enormes instinktives Potenzial in der Macht verfügt, dieses aber überhaupt nicht kontrollieren kann. Jax versucht sich hier als Lehrer und väterlicher Freund gleichermaßen, ist der Junge doch völlig entwurzelt, ohne Heimat und Eltern, auf Coruscant gelandet. Wie schwierig es ist, eine so starke Machtquelle vor den ständig forschenden Sinnen der imperialen Inquisitoren zu verbergen, beschreibt Handlungsbogen zwei.
Zuletzt folgen wir Probus Tesla, einem jungen Inquisitor, der direkt von Darth Vader ausgebildet wird und seinen Meister natürlich stolz machen will. Er ist der Jäger, der hinter Kajin Savaros her ist, und wird im Laufe des Romans mehrere Zusammenstöße mit Pavans Gruppe haben. Nebenbei geht es weiterhin um das Bota, jene mysteriöse Allheilpflanze, die im Besitz von I-5 sein soll und unter anderem die Verbindung zur Macht auf außergewöhnliche Weise stärken soll. Und auf privater Ebene dreht sich viel um Jax Pavans Gefühle für Dejah und Laranth, um Den Dhurs Heimweh und Rhinanns gefährliche Ambitionen.
Das Ganze liest sich erneut ein wenig wie das verschriftlichte Abenteuer einer Rollenspielgruppe, deren Spielleiter Charakterinteraktion vor Handlung stellt. Oder vielleicht wie eine TV-Episode in einer Soap Opera. Anders, als in Band 2, existiert nicht mal mehr eine Mission, etwa die Aufklärung eines Mordfalls, keine wirklich drängende Handlung, an der sich die Protagonisten voranarbeiten würden. Stattdessen wirft Reaves ein paar Probleme in die Gruppe und lotet dann Kapitel für Kapitel aus, wie die Protagonisten damit umgehen. Dabei spricht so ungefähr jeder mal mit jedem unter vier Augen, man hat Geheimnisse voreinander, Bündnisse werden geschmiedet und überhaupt hat man das Gefühl, dass alles viel leichter wäre, wenn sich die Gruppe nicht gegenseitig so furchtbar misstrauen würde (warum sie zusammen bleibt, fragt man sich stellenweise durchaus).
Gut gelingt Reaves die Vernetzung des Romans mit anderen Werken des alten Expanded Universe – die „Coruscant Nights“-Trilogie läuft unter dem „Legends“-Label. Der Tod von Lorn Pavan, um den es immer wieder geht, wie auch der Verrat von Tuden Sal wurden in „Darth Maul – Der Schattenjäger“ (Autor: Reaves) beschrieben. Das Geheimnis des Bota war das Thema des „MedStar“-Zweiteilers (Steve Perry & Michael Reaves). Das Schicksal von Jax Pavan und seinen Freunden wird in „Der letzte Jedi“ weitererzählt (Michael Reaves & Maya Kaathryn Bohnhoff). Man merkt also: Reaves hat sich sein eigenes, kleines Roman-Universum geschaffen, ähnlich wie Timothy Zahn mit den Abenteuern von Mara Jade, Großadmiral Thrawn und Talon Karrde oder Aaron Allston mit den Geschichten um die Piloten der Rebellenallianz/Neuen Republik. Der Unterschied liegt nur darin, dass Reaves konsequenter ganz außen am Rand des Geschehens bleibt. In „Schablonen der Macht“ spielt außer Darth Vader (als überwiegend ferne Bedrohung) kein einziger Filmcharakter eine Rolle.
Fazit: „Schablonen der Macht“ ist in mehrfacher Hinsicht ein ungewöhnlicher „Star Wars“-Roman. Zum einen rückt er das Setting in den Vordergrund und bedient sich dafür nicht der viel bemühten Rebellionshelden, sondern einer Gruppe absoluter Nebendarsteller. Zum anderen hat er keine zwingende Handlung im eigentlichen Sinne, sondern plätschert anhand von zwei Problemkomplexen dahin, wobei der eine (der Anschlag auf den Imperator) von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, der andere (Kajin Savaros) eher ernüchternd aufgelöst ist. Damit steht der Roman einmal mehr voll in der Tradition einer Noir-Geschichte. Große Heldentaten und der Sieg über das Böse gibt es hier nicht. Wenn am Ende des Tages noch alle leben, muss das Gewinn genug sein. Ein unterhaltsamer Roman für Kenner des „Star Wars“-Universums, die viel gelesen haben, sich im Expanded Universe auskennen und gerne tief ins Nachtleben von Coruscant eindringen wollen. Einsteigern in die Materie dürfte der Roman dagegen zu wenig galaktisch in seinem Geschehen, zu weit weg von den klassischen Protagonisten und zu wenig relevant für den (alten) Lit-Kanon sein.
Star Wars: Coruscant Nights 3: Schablonen der Macht
Film/Serien-Roman
Michael Reaves
Panini Books 2015
ISBN: 978-3-8332-2984-8
332 S., broschiert, deutsch
Preis: EUR 12,99
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