Star Wars: Coruscant Nights 2: Straße der Schatten

„Star Wars“ war schon immer mehr als bloß die Abenteuer von Luke Skywalker, Han Solo und Prinzessin Leia. Es war ein ganzes Universum voller Geschichten – in Comics, Büchern und Videospielen. Manche Nebenfigur wurde hier zum Hauptdarsteller, mancher neu erfundene Charakter hat heute Kult-Status. Ein Paradebeispiel, wie weit sich Autoren von den ursprünglichen Filmen entfernen können, ohne dass das typische „Star Wars“-Gefühl verloren geht, ist die „Coruscant Nights“-Trilogie von Michael Reaves.

von Frank Stein

Mit „Straße der Schatten“ legt Michael Reaves seinen zweiten Band der „Coruscant Nights“-Trilogie vor. Unverändert dreht sich die Geschichte um den Ex-Jedi und Privatermittler Jax Pavan, der zusammen mit einem bunten Haufen von Außenseitern in den Tiefen der imperialen Hauptwelt Coruscant lebt und dort irgendwie über die Runden zu kommen versucht. Der Idealismus lässt die kleine Gruppe mit der Untergrundorganisation „Die Peitsche“ zusammenarbeiten, die vom Imperium Verfolgte vom Planeten schmuggelt. Die Geldnot macht es indes notwendig, immer wieder Aufträge als private Schnüffler anzunehmen, damit wenigstens ein einfaches Leben möglich ist.

So kommt es in bester Film-Noir-Manier zu Beginn von „Straße der Schatten“ dazu, dass eine betörende Femme Fatale in Gestalt der aufregenden Zeltronerin Dejah bei Jax anklopft und ihn bittet, den Mord an ihrem Geliebten, einem berühmten Lichtskulpturenkünstler namens Vos Volette, aufzuklären. Die Ermittlungsarbeit führt Jax, den sullustanischen Reporter Den Dhur, den „freien“ Droiden I-5, den Elomin-Datenspezialisten und ehemaligen Adjutanten Darth Vaders Hanimum Tyk Rhinann und die „graue“ Twi'lek-Jedi Laranth einmal mehr in den Untergrund von Coruscant, diesen lichtlosen Ort in den Straßenschluchten des Stadtplaneten, an dem sich der gesamte Abschaum der Galaxis versammelt hat.

In den zwei Parallelplots, die Reaves in den Roman eingeflochten hat, geht es ebenfalls um die Suche auf den Straßen von Coruscant. Auf der einen Seite ist da Captain Typho, den wir als Leibwächter von Senatorin Amidala in „Episode III“ kennengelernt haben. Dieser will den Mord an seiner heimlich Angebeteten rächen und daher ist er nach Coruscant gereist, um herauszufinden, was auf Mustafar damals wirklich passiert ist. Auf der anderen Seite streift die Kopfgeldjägerin Aurra Sing (berühmt für ihren Sekundenauftritt während des Podrennens in „Episode 1“) durch den Untergrund, bezahlt von Darth Vader persönlich, um einen der letzten Jedi – Jax Pavan – aufzuspüren. Aller Wege werden sich natürlich kreuzen, doch bis dahin gilt es einige schäbige Bars und andere obskure Orte aufzusuchen.

Man merkt rasch: In Band 2 setzt Michael Reaves das Erfolgsrezept von Band 1 fort. Er verzichtet (Vader ausgenommen) konsequent auf die Hauptriege der cineastischen „Star Wars“-Saga und stellt stattdessen Nebenfiguren in den Vordergrund, um mit ihnen durch eine Szenerie zu streifen, wie man sie womöglich erleben würde, wenn man ein Abenteuer eines „Star Wars“-Rollenspiels erleben würde. Überhaupt hat der Roman – neben seinen deutlichen Film-Noir-Anleihen – viel von einem verschriftlichten Rollenspiel-Abenteuer. Wir haben eine sehr bunte Heldentruppe, die etwas konfus durch die Handlung streift, während sie versucht, einen Mordfall zu lösen und dabei kleine Begegnungen mit „Star Wars“-Film-Figuren der dritten Reihe hat.

Dramaturgisch ist das ein bisschen wackelig. Wir haben viele Einzelszenen, die aber nicht zwangsläufig jeweils zueinander führen. Gerade die Mordermittlung läuft lange Zeit ins Leere, nur um am Ende unvermittelt und ohne viel Zutun der Helden aufgelöst zu werden. Auch in Typhos und Aurra Sings Handlung finden sich erzählerische Lücken, die vielsagend demonstrieren, wie schwierig es tatsächlich ist, auf einem Stadtplaneten wie Coruscant überhaupt jemanden zu finden. Dazu kommt, dass die Beziehung zwischen den Protagonisten etwas seltsam anmutet. Sie leben und arbeiten zusammen – aber Freundschaft sieht irgendwie anders aus.

Doch man kann über all das hinwegsehen. Denn im Kern macht das Ganze einfach Spaß. Gerade „Star Wars“-Fans, die das Universum als solches lieben, freuen sich über die Abenteuer von Randfiguren und sie freuen sich über die wirklich üppigen Verweise auf andere „Star Wars“-Werke, sei es in Form von Orten, Aliens, Kreaturen usw. Hier lebt das „Star Wars“-Universum, statt nur Kulisse zu sein.

Ein Wermutstropfen für Kanon-Fanatiker: Der Roman läuft – wie Band 1 und Band 3 auch – mittlerweile unter dem Legends-Label, das heißt nichts von dem hier Erzählten hat irgendeine Relevanz für das aktuelle „Star Wars“-Universum von Disney. (Andererseits bleibt Reaves mit seiner Handlung so weit von jeder Haupterzählung entfernt, dass sich die Romane vermutlich problemlos in den neuen Kanon einfügen würden.)

Fazit: Im Grunde könnte ich mein Fazit von Band 1 einfach wiederholen. „Coruscant Nights 2: Straße der Schatten“ ist im Guten wie im Schlechten eine perfekte Fortsetzung seines Vorgängerbands. Kenner, die einfach gerne durch die Galaxis weit weit entfernt streunern, freuen sich über diesen verweisreichen Film-Noir-Ausflug jenseits der großen Saga-Konflikte. Freunde dramatischer Raumschlachten, epischer Abenteuer oder außergewöhnlicher Charakterentwicklungen werden das Ganze dagegen eher als etwas langweilig wahrnehmen, denn im Grunde folgt Michael Reaves auf schlanken 315 Seiten nur dem unbedeutenden Schicksal kleiner Leute, die auf einem Welt-Moloch ein bisschen Glück zu finden versuchen.


Star Wars: Coruscant Nights 2: Straße der Schatten
Film/Serien-Roman
Michael Reaves
Panini Books 2015
ISBN: 978-3-8332-2983-1
315 S., broschiert, deutsch
Preis: EUR 12,99

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