Star Trek – Stellar-Kartographie

Eine Weile lang war das Konzept luxuriöser Printprodukte vor allem eine Domäne des „Star Wars“-Franchises, das Fans mit Werken wie den „Star Wars Chroniken“, „The Jedi Path“ oder „Star Wars: Entstehungsgeschichte, Hinter den Kulissen, Blaupausen“ in Begeisterung und Armut gleichermaßen stürzten. Seit Kurzem zieht auch „Star Trek“ nach, wenngleich im preislich etwas günstigerem Segment (siehe: „Star Trek Federation: The First 150 Years“). Das Flaggschiff aktueller Luxusausgaben ist gegenwärtig sicher die „Star Trek – Stellar-Kartographie“.

von Bernd Perplies

Schon im letzten Jahr überraschte Panini, der Verlag, den wir normalerweise mit Superhelden und „Star Wars“-Comics in Verbindung bringen, die „Star Trek“-Fans mit einem tollen Sachbuchprojekt: „Star Trek Archive: 40 Jahre Sci-Fi-Kult“ bot nicht nur kurzweiligen Inhalt, sondern obendrein eine edle Präsentation im Großformat plus Schuber mit zahlreichen Bildern und einem guten Dutzend herausnehmbarer Gimmicks. Jetzt wird das Portfolio um ein prächtiges und auf 2000 Exemplare limitiertes Printprodukt (allerdings ohne Nummerierung) erweitert.

„Star Trek – Stellar-Kartographie – Aus den Sternenflotten-Archiven – Karten aus dem Star-Trek-Universum“ lautet der barocke Titel des etwa 30x24x4 cm messenden Klappschubers aus festem Karton, der auf dem Cover eine im Orbit schwebende Enterprise-D zeigt und mit dem Rückseitentext zehn originale, bislang unveröffentlichte, großformatige Karten aus dem „Star Trek“-Universum verspricht, die von einem illustrierten Buch mit detaillierten Informationen zu Planeten, Systemen und Topografie begleitet werden.

Öffnet man die per Magnetverschluss gehaltene Klappe des Schubers, enthüllt sich ein Triptychon. In der Mitte liegt der 48 Seiten umfassende, blaugoldene Begleitband, der zwar dünn anmutet, aber sehr hochwertig im Hardcover und mit festem Papier (natürlich in Vollfarbe) realisiert wurde. Der Text stammt von Larry Nemecek, Fans als langjähriger Autor und Redakteur von „Star Trek“-Sachbüchern und -Magazinen bekannt (u.a. „Star Trek: The Next Generation Companion“, „Star Trek Fact Files“ und „Star Trek Communicator“). Auf jeweils vier Seiten werden die zehn Posterkarten genauer vorgestellt, wobei jeweils zwei Seiten einen Teil der Karte abbilden – was hübsch aussieht, aber eigentlich nicht nötig gewesen wäre – und zwei Seiten überblicksartige Informationen bieten.

Je nach Karte handelt es sich bei den Infos um eine Art Kunstkritik, historische Anmerkungen oder aktuelle Hinweise zu den abgebildeten Reichen. Detailliert kann man diese Texte sicher nicht nennen, dazu genügt der Platz einfach nicht. Aber sie sind gut geschrieben und bieten einen schönen, allgemeinen Eindruck der galaktopolitischen Situation um 2386. Erstaunlich ist beispielsweise, wie klein das Romulanische Sternenreich geworden ist und wie gewaltig, wenn auch ausgefranst die Föderation wirkt. Auch die vergleichsweise geringe Ausdehnung von bloß 700 Lichtjahren, in denen sich praktisch alles Geschehen abspielt (die Milchstraße selbst hat einen Durchmesser von mehr als 100.000 Lichtjahren!), überrascht. Mir zumindest war nicht klar, wie vergleichsweise „klein“ das „Star Trek“-Universum tatsächlich ist.

In den beiden Flügeln des Triptychons finden sich dann jeweils fünf gefaltete Posterkarten im Format 60x90 cm. Diese bestechen durch ihre feine Optik, sind allerdings von unterschiedlichem Nutzen für den Fan. Ich folge hier mal grob dem Inhaltsverzeichnis des Begleitbuchs, um zu jeder Karte zwei Sätze zu sagen. „Bekannter Raum“ ist das Werk einer andorianischen Künstlerin und bildet alle großen Reiche als Farbkleckse ab, allerdings ohne nennenswerte Beschriftung. Nett anzusehen, aber wenig ergiebig. „Alpha-Quadrant“ ist eine der richtig guten Karten, denn gemeinsam mit dem gleichartigen „Beta-Quadrant“-Pendant bekommt man hier einen großartigen Überblick der Lage aller bekannten „Star Trek“-Welten – mit Ausnahme derer im Gamma- und Delta-Quadranten, die in der Sammlung überhaupt nur nebenbei berücksichtigt werden, was aber aufgrund der geringen Erforschung dieser Quadranten verständlich ist (eine Posterkarte der Reiseroute der U.S.S. Voyager hätte einfach wenig hergegeben).

Die drei Karten „Cardassianische Union“, „Klingonisches Reich“ und „Romulanisches Sternenimperium“ bilden die Territorien der drei großen Fraktionen neben der Vereinigten Föderation der Planeten ab. Dabei fällt auf, dass der Großteil des romulanischen Raums einfach leer zu sein scheint. Unverständlich, warum die Romulaner nicht ein paar mehr Welten besiedelt haben sollten. Im Vergleich zur Föderation wirken die Romulaner auf jeden Fall eher wie ein Lokalmatador als ein Global Player. Bei der Karte „Klingonisches Reich“ ist entweder ein Layout-Patzer unterlaufen oder die Macher haben einen schrägen Sinn für Humor, denn die Beschriftung aller Welten liegt nur auf Klingonisch vor. Sprich: Der nette Fan von Nebenan hat keine Ahnung, um welche Welten es sich dabei handelt. Auch bei den Cardassianern und Romulanern existieren Beschriftungen im eigenen Alphabet, allerdings mit irdischen Übersetzungen in Klammern darunter.

Eine weitere Karte der Kategorie „Kunstwerk“ stellt das „Vulkanische Sternensystem, 4. Jahrhundert“ dar, eine feurig-esoterisch anmutende Posterkarte, die zwar durchaus die Planeten des 40-Eridani-A-Systems (alias Vulkan) wiedergibt, aber doch sehr speziell ist und außerhalb der Kabine eines Live-Rollenspiel-Vulkaniers wohl kaum Verwendung finden dürfte. Die beiden Karten „Romulanischer Krieg“ (korrekter: Irdisch-Romulanischer Krieg) und „Dominion-Krieg“ versuchen die großen Konflikte in der Föderationsgeschichte abzubilden, bleiben in meinen Augen allerdings deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück. Gerade mal drei Konflikte werden, etwas schwer nachzuvollziehen, auf der Karte „Romulanischer Krieg“ präsentiert. Von den umkämpften Welten, die in dem Roman „The Romulan War“ von Michael A. Martin beschrieben werden, ist so gut wie nichts zu sehen. Vermutlich hielt man sich hier an die neuere und deutlich abweichende Darstellung des Konflikts in „Star Trek Federation: The First 150 Years“. Die „Dominion-Krieg“-Karte ist etwas ausführlicher, was zweifellos an der besseren Materiallage an Kanon-Informationen liegt. Doch auch hier beschränkt sich das Ganze auf drei kleine Schlachtenüberblicke und einen Weltraumausschnitt, der umkämpfte Planeten zeigt. Hier merkt man deutlich, dass „Star Trek“ kein Military-SF-Universum wie beispielsweise „BattleTech“ ist, wo sich auch komplexe Kriege detailliert auf Sternenkarten nachvollziehen lassen. Bei „Star Trek“ wurde halt mal hier, mal da gekämpft – und am Ende hat die Föderation gewonnen.

Die letzte Karte, „Höhepunkte in der Geschichte der Föderation“, ist dagegen einmal mehr ein echter Volltreffer, denn sie bildet nicht nur einmal komplett den gesamten „lokalen Raum“ ab, sie bietet in einem Kasten auch Informationen zum Gamma- und Delta-Quadranten, stellt die Gründungsmitglieder der Föderation in kleinen Datenblöcken vor und markiert historische Ereignisse (vor allem Schiffsreisen und Schiffsverluste) während der jahrhundertelangen Erforschung des Weltraums durch die Sternenflotte. Die Posterkarte – übrigens nicht nur in Wirklichkeit, sondern auch „in universe“ von „Kartenhistoriker“ Geoffrey Mandel erstellt, der für den großartigen „Sternenatlas“ von 2002 verantwortlich zeichnete – lädt zum genauen Studieren wahrhaftig ein und würde die Wand jedes „Star Trek“-Interessierten zieren.

Abschließend noch ein Wort zum Preis. Mit 69 EUR gehört diese Kartensammlung zweifellos zu den teureren „Star Trek“-Printprodukten. Wenn man allerdings die Einzelkomponenten berücksichtigt, relativiert sich der Preis schnell. Schon ein normales „Star Trek“-Poster kostet heute um die 7,99 EUR. Hier bekommt man zehn davon, und dazu noch ein Hardcoverbegleitbuch und einen schicken Schuber. Eigentlich also kein schlechter Deal, selbst wenn man als Fan erst einmal glaubt, die Ferengi hätten Panini den Preis diktiert.

Fazit: Es steht außer Frage: Die „Star Trek – Stellar-Kartographie“ ist ein Luxusprodukt, mit allen Implikationen des Wortes. Dem vergleichsweise stattlichen Preis von 69 EUR steht eine prächtige Präsentation gegenüber. Der Nutzen für den Fan schwankt leider etwas. Einige der Karten sind grandios, ein paar schaut man sich vielleicht einmal an, kann danach aber nicht mehr viel damit anfangen. Das Begleitbuch liest sich angenehm und informativ, hätte aber noch mehr „harte Fakten“ – gerade zu wichtigen Welten des „Star Trek“-Universums – bieten können. Dennoch unterm Strich ein eindrucksvolles Printprodukt, das gerade als Geschenk zum Geburtstag oder einem anderen Fest jeden Fan der Materie außerordentlich erfreuen dürfte.


Star Trek – Stellar-Kartographie
Sachbuch
Larry Nemecek, Geoffrey Mandel u.a.
Panini Books 2014
ISBN: 978-3-8332-2759-2
48 S., Hardcover im Schuber + 10 Posterkarten, deutsch
Preis: EUR 69,00

bei amazon.de bestellen