von Adaon
Das „Star Trek“-Universum wurde im Jahr 2016 fünzig Jahre alt. Mehrere über Jahre laufende TV-Serien, zahlreiche Bücher, eine unüberschaubere Vielzahl an Nebenprodukten – Rollenspiele, Tassen, Brettspiele, Stifte und und und – ließen die Bekanntheit der Originalserie immer weiter wachsen, bis die Namen Kirk, Spock und McCoy im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit ankamen.
Die oft im Fernsehen wiederholte Serie wurde von den Fans natürlich gerne gesehen, mehr Aufmerksamkeit wurde jedoch den Kinofilmen zuteil. Und seit dem Alternatives-Universum-Action-Film-Neustart für „Star Trek“ konnte man leicht den Eindruck gewinnen, das neben diesen, Dank des visuellen Mediums sehr sichtbaren, neuen filmischen Werken nicht viel geschaffen wurde. Dass der alte Geist des „Star Trek“-Universums – das Gefühl, dass Technologie sehr wohl eine Utopie erschaffen, dass die Menschheit neben dem technischen Fortschritt auch den menschlichen erreichen kann – nur noch in der Vergangenheit lebt. Die Einhaltung und damit verbundenen moralischen Dilemma der Ersten Direktive; der feste Wille zur Diplomatie; die Überzeugung, dass mit friedlicher Gemeinsamkeit viel mehr erreicht werden kann als mit Gewalt – sie schienen hinter Explosionen, Lens Flares und zerstörten Planeten verschwunden. (Wobei man wohl zugeben muss, dass das Ausmaß an Zerstörung und Tod in der Prime-Universe-Kontinuität, fortgeschrieben in Büchern, wesentlich gewaltiger ist.)
Doch schlägt man den Roman „Feuer gegen Feuer“ auf, den ersten Band der „Prometheus“-Trilogie, die – erstmals von deutschen Autoren – exklusiv zum runden Geburtstags von „Star Trek“ verfasst wurde, kann man und frau sich dem wahren Geist von „Star Trek“ wieder nahe fühlen. Ähnlich den Romanen von Diane Duane und David Mack gelingt es den beiden Autoren Bernd Perplies und Christian Humberg – bislang vor allem für ihre Fantasy-Werke und ihre Übersetzungsarbeit an „Star Trek“ bekannt –, den Alpha-Quadranten und seine Bewohner sowohl zum Leben zu erwecken, als auch einen eigenen Stil zu verfolgen. Dabei tauchen immer wieder aus den Serien und teilweise aus anderen Büchern bekannte Charaktere auf und die vertrauten Stimmen sprechen von den Seiten zum Leser. Keine der Figuren wirkt herbeigezwungen. Sie handeln nach eigenem Ermessen, verhalten sich glaubwürdig und sind je nach ihrer Position mehr oder weniger an den Ereignissen beteiligt.
Und um diese Ereignisse geht es: Nach den Konflikten der jüngeren Vergangenheit – dem Dominion-Krieg, dem Angriff der Borg und der Gefahr des Typhon-Paktes – war die Föderation gefährlich nahe daran, ihr eigenes Wesen zu verlieren. Friedliches, respektvolles Miteinander und Mitbestimmung als Werte sind bedroht, wenn das eigene Überleben auf dem Spiel steht. Aufgrund dieser Enwicklung wurde Föderationspräsidentin Nanietta Bacco vor wenigen Wochen bei der Eröffnungszeremonie der neu erbauten Raumstation Deep Space 9 Opfer eines Attentats, dessen Hintergründe durch die Sternenflotte aufgeklärt werden konnten. Die neue Präsidentin Kellessar zh?Tarash von Andor muss daher ein schwieriges Erbe antreten. Doch hoffen die Bewohner der Föderation, mit dieser Wahl endlich wieder zur Ruhe zu kommen.
Leider zeichnet sich jedoch bereits die nächste Krise ab. Sternenbasis 91, nahe der Grenze zum klingonischen Reich, wird überraschend zerstört – fast 4000 Besatzungsmitglieder, Zivilisten und Besucher sterben. In einer Videobotschaft, auf dem ein Vertreter der bislang wenig beachteten Renao-Spezies spricht, bekennt sich dieser nicht nur zur der Tat, sondern kündigt weit Schlimmeres an. Alle Reiche des Alpha- und Beta-Quadranten sollen vernichtet werden und trügen selbst die Schuld daran.
Kann es wirklich sein, das die Renao – eine Spezies mit veraltet wirkender Technologie, die sich auf die Welten des Lembatta-Clusters beschränkt und Kontakt nach außen ablehnt – für den Anschlag verantwortlich ist? Mit dem Untergang der Sternenbasis 91 wurde das Sensornetz der Föderation kompromittiert, vor allem im Bereich zur Gorn-Grenze. Steckt also der Typhon-Pakt dahinter?
Die Föderation sendet eines ihrer stärksten Kampfschiffe, die Prometheus, gerade von einer sechsmonatigen Patrouille im Grenzgebiet zum Typhon-Pakt zurückgekehrt. Nicht nur das – an Bord befindet sich auch der einzige Renao, der in der Sternenflotte dient, Lieutenant Jassat ak Namur. Der Ort der Katastrophe soll untersucht werden. Doch noch auf dem Weg dorthin kommt es zum nächsten Anschlag – eine klingonische Minenkolonie auf einem Mond wird zerstört. Kanzler Martok sendet das nächstgelegene Schiff, die Bortas, um sich der Untersuchung anzuschließen.
Erste Informationen werden auf der nächstgelegenen Föderationskolonie Lembatta Prime, der auch Standort der Botschaft der Renao zur Föderation ist, eingeholt, und der Ort der zerstörten Sternenbasis wird untersucht. Erste Hinweise führen tatsächlich zu bekannten Feinden, doch es gibt noch weitere Spuren. Während die Prometheus diesen folgen will, um Beweise zu finden, ist sich der Komandant des klingonischen Schiffes jedoch sicher, das nur entschiedene Taten, gefolgt von blutiger Rache, den Verstorbenen ihre Ehre wieder zurückbringen können. Zunächst setzt sich der Kommandant der Prometheus zwar durch. Doch schon auf der ersten Welt, die beide Schiffe untersuchen, werden Mitglieder ihrer Besatzung entführt ...
Kritisch anmerken kann man wohl, dass dieses Buch tatsächlich für Fans der Serie geschrieben wurde. Bekannte Charaktere aus allen Serien und vielen Büchern tauchen praktisch an jeder Ecke auf, und wer mit diesen und zumindest der grundlegenden Geschichte der Föderation nicht vertraut ist, könnte leicht den Überblick verlieren. Andererseits: Dieses Buch, wie auch die ganze Trilogie, wurde, wie oben erwähnt, zum fünzigjährigen Jubiläum von „Star Trek“ geschrieben. Alle drei Bände sind im Grunde eine dreistöckige „Star Trek“-Geburtstagstorte und daher dekoriert mit den Zutaten, die den Fans am besten schmecken.
Fazit: „Star Trek“. Dies ist die Zukunft, von der wir träumen, seit dem wir Captain Picard, Captain Kirk und alle anderen in Gedanken begleiteten, hinaus in den Weltraum, die ewige Grenze. Hoffnung und Menschlichkeit, verschlagene Gegner, geheimnisvolle Wesen, unbekannte Phänomene, Freundschaften und Feindseligkeiten – und immer der feste Glaube, dass nahezu jedes Problem unter Einsatz von Fachwissen, guter Kommunikation, intelligenter technischer Entwicklung, kreativer Problemlösung und vertrauensvoller Zusammenarbeit gelöst werden kann. Dieses Gefühl, dieser Wunsch, dieser Traum können von keinen Effekten Hollywoods geliefert werden. Und dieses Gefühl ist es, dass ein „Star Trek“-Fan in diesem Buch finden wird. Ein Gefühl, als würde man stundenlang echtes „Star Trek“ auf dem Bildschirm sehen. Ein Gefühl von Heimat.
Star Trek Prometheus 1: Feuer gegen Feuer
Film/Serien-Roman
Bernd Perplies, Christian Humberg
Cross Cult 2016
ISBN: 978-3-86425-851-0
544 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 15,00
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