Spuren der Verheißung

Im Süden Aventuriens, in der Stadt Chorhop, herrscht die Familie Zeforika, die für ihren Reichtum und ihr Glück bekannt ist. Viele Legenden ranken sich um die Familie und deren Reichtum. Doch fast niemand weiß, dass die Zeforikas seit Jahrhunderten nach einem verschollenen legendären Familienschatz suchen, der mit einem todbringenden Fluch belegt sein soll. Als Hinweise auf das Versteck des Schatzes auftauchen, werden die Helden beauftragt, diesen zu bergen. Doch nicht jedes Familienmitglied ist bereit, diesen zu teilen, und so geraten die unwissenden Helden schnell in Gefahr.

von Ansgar Imme

Bei dem Abenteuer handelt es sich mehr um eine Anthologie einzelner Abenteuer, die durch eine Rahmenhandlung zusammengeführt werden und eine gemeinsame Schatzsuche quer durch Aventurien bilden, bei der die Helden großen Reichtum erlangen können. Jedes Abenteuer ist dabei auch für sich allein spielbar. Die Anthologie ist genauso wie „Grabräuber am Mhanadi“ durch einen Abenteuer-Wettbewerb des Ulisses-Verlages in 2010 entstanden, in dem Katakomben und Verliese im Mittelpunkt stehen sollten. Bis zur Veröffentlichung hat es dann aber doch bis 2013 gedauert. Leider ist der „Groß-Dungeon“, der einmal angekündigt wurde, doch nicht im Band erschienen beziehungsweise die Abenteueridee wurde komplett gestrichen. Es handelt sich weitestgehend jeweils um Erstlingswerke der entsprechenden Autoren, die im Nachhinein allerdings noch redaktionell überarbeitet wurden, um sie Lesern und Spielern präsentieren zu können.

Die Abenteuer im Einzelnen

Das Szenario „Blutbeflecktes Gold“ von Alex Spohr bildet den Auftakt und die Rahmenhandlung des Bandes. Der Hintergrund und die Geschichte der Familie Zeforika wird geschildert, was es mit dem Schatz auf sich hat, wie die Helden auf die Suche nach diesem geschickt werden und welche Hinweise sie finden können. Die einzelnen Hinweise und zu entdeckende Schlüssel für das Eingangsportal zum Schatzversteck werden kurz erklärt und für die einzelnen Abenteuer beschrieben. Dazu gibt es eine Beschreibung der Reise zum Versteck und der Schatzhöhle selbst mit all seinen Gefahren und Fallen. Auch der Schatz selbst ist über etwas mehr als 2 Seiten beschrieben. Die Rahmenhandlung endet mit möglichen Antagonisten der Helden, die auch in den Einzelabenteuern immer wieder auftauchen können. Man hat mit dieser Rahmenhandlung durchaus ein Gerüst, in das die Bandabenteuer reinpassen. Trotzdem merkt man bereits beim Lesen, dass es eben nur eine aufgestülpte Handlung ist und diese nicht zum Band gehört. Die Suche führt doch etwas zu weit und wild quer durch Aventurien, die Hinweise auf die Schlüssel sind dürftig, die Lage des Schatzhortes und die Reise dorthin wenig ausgearbeitet. Karten sowohl der Anreise als auch des Schatztales selbst fehlen ganz. Dazu kommt mit dem Tor zum Schatz eine Einschränkung, die ideenreichen Spielern nicht gefallen dürfte. Egal, was man macht, es klappt nicht. Ob Liturgie, Magie oder brachiale Gewalt, die Macht eines Erzdämonen steht immer dagegen, einzig die Schlüssel helfen. Dazu kommt bei der Schatzbeschreibung noch eine lustige Begebenheit: Es gibt erst eine kurze Beschreibung von Münzen und kleinen herumliegenden Gegenständen, die wertvollen Einzelstücke sollen sich jedoch in Truhen befinden: Dort findet man dann neben wirklich besonderen Elixieren oder Gegenständen auch Halsketten im Wert von 7 Silbertalern oder Perlen. Der Schatz schließlich ist so groß, dass man sich überlegen muss, wie man in der Spielrunde dann mit einem solchen Reichtum umgeht.

Das erste echte Abenteuer „Die entsprungene Braut“ von Gudrun Schürer führt die Helden aus dem Süden gleich nach Albernia, wo ein Junker eines kleinen Gutes in Not steckt, da seine Braut verschwunden ist. Im Hinterhof des Guts ist ein eigentümlicher Heckenirrgarten, der sich bisher jedem Abholzen widersetzte und nun auch die Braut dort verschwand. Die Helden begeben sich in den Irrgarten und müssen schnell feststellen, dass Magie hier ihre Finger im Spiel hat und verschiedene Feenwesen diesen bevölkern und mit den Helden ihr Spiel treiben. Das Abenteuer ist humorvoll angelegt und hätte auch sehr gut in eine der bereits erschienenen Märchen-Anthologien gepasst. Die Spieler und Helden kommen hier besser mit Witz, Humor und Finesse weiter als mit bloßer Kampfeskraft. Dies könnte auch einige Spieler stören, die eine ernsthafte Suche erwartet haben. Als Einzelabenteuer und mit der richtigen Gruppe, die die Feenwesen einzuordnen weiß und damit ihren Spaß haben kann, funktioniert das Abenteuer aber gut und gradlinig und kann ohne viel Vorbereitung schnell losgespielt werden.

In „Krötengold“ von Annette Juretzki landen die Helden als nächstes auf einer kleinen Insel in der Charyptik, wo sie auf die Ruine eines alten Echsentempels stoßen und verflucht werden können. Eine Konfrontation mit den Tempelwächtern als auch ein Treffen mit einem auf der Insel gestrandeten Matrosen stellen die Helden vor eine schwer zu lösende Aufgabe. Die Erkundung des Tempels hat etwas von alten „DSA“-Abenteuern und kann einer Gruppe viel Spaß machen, wenn sie das Unbekannte und die kleinen Horrorelemente ernst nimmt. Es kann aber auch nur zu einem klassischen „Dungeoncrawl“ führen. Die Geschichte rund um den Tempel wirkt etwas zu einfach und wie eine Wiederholung von etwas, was man schon gelesen hat. Die Figur des Matrosen kann aber für schöne Rollenspielmomente sorgen. Lobenswert sind die für ein Kurzabenteuer gut aufgezeigten Lösungswege, die die Helden wählen können.

Der dritte Teil „Futter für Al’Tacht“ von Niklas Forreiter ist das einzige Abenteuer des Bandes, welches nicht aus dem Abenteuer-Wettbewerb stammt. Die Helden werden in Fasar um Hilfe gebeten und sollen nach zwei verschwundenen Mitgliedern eines kleinen Kultes suchen. Dazu müssen sie herunter nach Al’Tacht, das unterirdische Fasar, steigen. Die Gefahr ist in Form eines Ghuls schnell entdeckt, doch dieser hat auch bereits Bewohner gebissen, die sich zu verwandeln drohen. Nicht nur dass schnell ein Gegenmittel gefunden werden muss, die Heldne werden zudem in die Auseinandersetzung mit einer noch gefährlicheren Macht verwickelt, die dort unten ihr Unwesen treibt. Während der Einstieg noch nach Standardauftrag klingt, entwickelt sich ein schönes kleines Abenteuer, das man durchaus zeitlich und inhaltlich mit wenig Aufwand strecken kann. Kleine Nebenaufgaben und die Beziehungen der Bewohner dieses Teils von Fasar können die Aufgabe und das Vorgehen erschweren oder erleichtern, die Auswirkungen des Heldenverhaltens sind direkt spürbar. Die Jagd nach dem Ghul im dunklen Keller und die Bedrohung und Ansteckung durch diesen ermöglichen einen spannenden und stimmungsvollen Spielabend. Auf den ersten Blick wirkt auch der mehrere Ebenen umfassende Keller sehr umfangreich und gut ausgearbeitet. Auf den zweiten Blick handelt es sich dann aber um normale Häuser und 1-2 Ebenen von deren Kellern. Erst dann folgt eine wirklich zu erkundende Katakomben-Ebene unter dem Teil der Stadt. Weglassen können hätte man zudem den zweiten Gegner für die Helden, der etwas aufgesetzt wirkt, so als ob der Autor noch unbedingt eine weitere Wendung oder Gefahr einbauen wollte. Die Bedrohung durch den Ghul wirkt dabei vollkommen ausreichend.

Im vorletzten Abenteuer „Gefährliche Träume“ von Nicole Euler verschlägt es die Helden nach Lowangen und ins Svelltland, wo sie ein phexgefälliges Rätsel lösen müssen und in einer Mine auf Orks und Tiefzwerge treffen. Im Auftrag der Phexkirche versuchen die Helden zunächst, anhand einer kryptischen Wegbeschreibung den Weg eines  verschwundenen Akoluthen nachvollziehen, der sie zum Eingang einer scheinbar verlassenen Mine führt. Doch diese hat schon mehrere Besitzer gesehen, und die Helden geraten zwischen die Fronten aus Orks, Tiefzwergen und einer Kolonie Smaragdspinnen und können schließlich dem Hintergrund und Komplott des Ganzen auf die Spur kommen. Die Mischung aus detektivischen Ermittlungen, Überlandreise und Kämpfen und Verhandlungen in der Mine stimmt und bietet Spielern und Helden eine gute Abwechslung. Auch der Einbau zeitlicher Bedrängnis beziehungsweise Folgen von zu langsamem Vorgehen sind eine gute Idee. Einige Punkte, wie dem „DSA“-Hintergrund widersprechende hochintelligente Smaragdspinnen oder das blinde Verhalten der Phexkirche, die von der Mine nichts wusste, schmälern ein wenig diese guten Ideen. Hinzu kommt wieder ein Kartenproblen: Es werden nur die notwendigsten Räume abgebildet, ansonsten wird darauf verwiesen, dass andere Räume nicht wichtig für die Handlung sind und daher keine Karte vorliegt.

Die letzte Episode spielt im Bornland „Im Grab des Grauens“ von Roman Bering. Während ihrer Reise durch das Bornland werden die Helden gebeten, dem Grund für verschwundene Personen nachzugehen. Die Hinweise führen sie zu einem alten Grabmal eines Nekromanten, der an eine Artefakt gebunden ist und wieder zurückehren möchte. Die Anlage hält somit weit mehr bereit, als die Helden und Spieler vermutlich erwartet haben. Im Vergleich zu den anderen Kurzabenteuern ist hier die vorausgehende Geschichte sehr kurz und einfach gestaltet und auch nicht besonders innovativ, immerhin gibt es aber drei verschiedene Einstiegsvorschläge. Es geht aber sehr schnell ans Eingemachte, und kann man auch weniger als bei den anderen Abenteuern auf verschiedene Lösungen außer Kampf bauen. Es muss klassisch durch das Grabmal gekämpft werden, und so werden auch kampfstarke Helden vorrangig benötigt. Das Grabmal an sich ist dafür umso ideenreicher mit mehreren Eingängen, Ebenen, Fallen und sogar Geheimtüren. Es werden zudem auch verschiedene Möglichkeiten für das Eindringen skizziert und Gegnerreaktionen beschrieben sowie erklärt, wo welche Gegner zu finden sind. Allerdings warten im Grabmal auch anspruchsvolle Gegner und sehr gefährliche Fallen, sodass der Spielleiter aufpassen muss, dass die Helden nicht überraschend sterben.  

Der Band wird abgeschlossen durch Kopiervorlagen der verschiedenen Kellerräume und Gewölbe der Abenteuer.

Fazit: Eine schöne Mischung an verschiedenen Orten Aventuriens mit ganz unterschiedlichen Stimmungen von Humor bis eher düsterer Horror. Für sich allein genommen können die Abenteuer durchgehend überzeugen (ohne vollkommen herausragend zu sein), auch wenn ein paar kleine Schönheitsfehler vorhanden sind. Die Rahmenhandlung funktioniert dagegen nicht so gut und erfordert noch Nacharbeit vom Spielleiter, um es zu einer runden Sache zu machen. Insgesamt aber eine durchaus lohnenswerte Anschaffung mit Kurzabenteuern, die man ohne viel Vorbereitung verwenden kann.


Spuren der Verheißung (DSA-Abenteuer Nr. 198)
Abenteuerband
Alex Spohr (Red.)
Ulisses Spiele 2013
ISBN: 3868892753
128 Seiten, Hardcover, deutsch
Preis: EUR 22,50

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