Spectaculum

Gauklertruppen ziehen durchs Land, und den bis zu vier Spielern obliegt es als deren Gönner den persönlichen Profit zu optimieren. In einer kurzweiligen Mischung aus Glück und Strategie lenkt man die Wege der Gaukler und kann dabei schön seine Mitspieler ärgern.

von Lars Jeske

Spiele im Allgemeinen sollen den Akteuren eine Auszeit von der Realität verschaffen. Abseits des persönlichen Alltages kann man sich herrlich über das Verteilen von Machtpunkten, Ressourcen wie Holz und Edelsteine sowie Mehrheitsverhältnisse in Regionen streiten und taktisch agieren. Das Spiel „Spectaculum“ hätte in diesem Fall auch hervorragend in der realen Welt angesiedelt sein können, da man das System einfach 1:1 auf Aktienkurse und Spekulanten anwenden kann.

Da man durch die andauernde Eurokrise jedoch damit tagtäglich zu tun hat, wäre die Auszeit in dem Fall nicht geglückt. Entsprechend spielt man weit weg, in einer mittelalterlichen Welt, in der es gilt, Gaukler durch das Land ziehen zu lassen und ihnen Gunst zu gewähren beziehungsweise zu entziehen. Als erwartetes Zielspiel gilt es dabei dennoch, das meiste Geld zu scheffeln. Denn während die Trupps von Dorf zu Dorf ziehen und ihr Spektakel aufführen, steigen oder sinken sie in der Gunst der Zuhörer, was den Marktwert verändert.

Reiner Knizia, kein ganz unbekannter Spieleautor, hat in seiner typischen Art die Spielregeln extrem kurz und übersichtlich gehalten, wodurch die Freigabe „ab 8“ mehr als gerechtfertigt ist. Das Spiel ist wirklich kinderleicht und zur lockeren Unterhaltung gedacht. Glück und ein bisschen strategisches Denken sind erforderlich, um bei „Spectaculum“ auf seine Kosten zu kommen.

Worum es geht: Die 2 bis 4 Spieler sind Gönner der vier umherreisenden Gauklertrupps. Auf dem Spielplan werden nach dem Zufallsprinzip Wertsteigerungen oder Minimierungen für die Gaukler auf definierte Felder gelegt, die dann entsprechend deren Startwert von 5 nach oben und unten verändern. Ebenso gibt so etwas wie Wertungsfelder, wobei man 2 Dukaten pro Gaukler der entsprechenden Truppe zahlen oder abgeben muss, die man gerade als Gönner unter seinen Fittichen hat. Im Spiel ist es also nicht so, dass jeder eine Spielerfarbe hat, sondern man (ähnlich wie bei „Union Pacific“) quasi Anteile an der elfköpfigen Gauklertruppe hinzunimmt oder abgibt, um das eigene Portfolio zu optimieren.

Die Spielregeln sind dabei ganz einfach: Man hat 3 Wegesteine verdeckt gezogen, die den 4 Farben der Gaukler entsprechen. Diese muss man als Pflichtaktion auf das Feld an einen noch freien Platz angrenzend zu den anderen Steinen der Farbe legen. So man ein Sonderfeld trifft (Malus, Bonus, Zahltag oder Seuche) wird dieses sofort abgehandelt. Zusätzlich darf man vor oder nach dem Legen der 3 Steine noch bis zu 2 Gaukler zum aktuellen Gunstwert anwerben oder ihm die Gunst entziehen (verkaufen). Das war’s an Regeln. Super.

Der Reiz des Spiels entsteht durch die kurzfristige Optimierung, das heißt wie kann ich entweder mir am meisten Gutes tun oder den anderen Mitspielern am meisten schaden. (Ein vager Vergleich ist hier das Kartenspiel „Jericho“.) Im nächsten Zug muss man für die neuen 3 Steine wieder neu überlegen, wodurch ein kleiner Grübelfaktor entsteht. Etwas ungünstig ist es hierbei, dass es keine Behälter oder Sichtschirme zum Verstecken der eigenen gezogenen Wegsteine gibt. Denn man muss diese nun wirklich eine Runde lang in der Hand halten, um sie vor neugierigen Blicken zu schützen.

Wer das Spiel etwas strategischer will, bekommt auf den nur 4 Seiten Regeln gleich eine Alternative geboten. Einfach 4 anstatt 3 Steine ziehen und man kann entscheiden welche 3 lediglich zum Einsatz kommen. Für längerfristige Strategien kann man dann für den vierten Stein überlegen, diesen zu behalten oder abzugeben, bevor man die 3 respektive 4 neuen zieht. Tolle Idee und macht das Spiel etwas planbarer. Diese Variante wird wohl auf Dauer bevorzugt werden.

Die 11 verschiedenen Karten pro Gauklertruppe sind allesamt schon gezeichnet und witzig betitelt. Wenngleich das Spiel dadurch komplizierter geworden wäre, fehlt die optionale Regel, dass diese Karten auch verschiedene Sonderfunktionen haben. So sind alle verschiedenen Karten in ihrer Funktion gleichwertig. Normale Farbkarten, die man dadurch auch noch besser von einander unterscheiden könnte, hätten es somit auch getan. In der veröffentlichten Variante sieht das Spiel aber stimmungsvoller aus.

Fazit: „Spectaculum“ ist ein superleichtes, einfaches, kurzes und kurzweiliges Spiel. Ein optisch ansprechender Appetizer für die ersten knapp 45 Minuten eines Spieleabends. Gern auch mit internationalen Gästen, da die Regeln auf deutsch und englisch beigelegt sind. Kleinkunst ist eben doch völkerübergreifend und verbindend. Es ist kein Strategiehammer, will es aber auch nicht sein. Mit den schön gestalteten Karten ist es aber vor allem für jüngere Spieler geeignet und sicherlich mit hohem Widerspielfaktor. Beim Verkaufspreis muss dann jeder entscheiden, ob es für die eigene Spielesammlung taugt.


Spectaculum
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 8 Jahren
Reiner Knizia
eggerspiele/Pegasus Spiele 2012
EAN: 4250231754555
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 24,95

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