Sieben Heere

Hagetmau ist ein beschauliches Dorf am Rande von Akitania. Als eine Gruppe Soldaren den Ort friedlich übernimmt, ist das nicht jedem Recht. Schnell hängt das ganze Dorf in einer Verschwörung, die über das Schicksal eines ganzen Landes entscheiden kann.

von Lars Jeske

So furchteinflößend und zerstörerisch wie das Cover ist das Leben am Handlungsort von „Sieben Heere“ bei Weitem nicht. Hagetmau am Rande von Akitania ist ein verschlafenes 500-Seelen-Dorf. Man lebt quasi von der Welt vergessen friedlich vor sich hin. Gehuldigt wird Abelion, dem Gott des Apfels. Wenn dort einmal eine Kuh umgeschubst wird, ist dies das Gesprächsthema für Wochen. Und jeder weiß auch bereits, wer es getan hat, da es nur einen Unruhestifter im Ort gibt. Dieses relaxte Leben ist jäh vorbei, als aus dem Nichts und ohne Vorwarnung eine militärische Einheit des Nachbarlandes erscheint. Diese erklärt vollkommen friedlich den staunenden Hagetmauern, dass Akitania erobert ist und sich jeder nun glücklich schätzen kann, ein Teil vom herrlichen Nafarroa zu sein.

Während ein Großteil der Bewohner, darunter die Führungspersönlichkeiten der Byrgherin und des Semanen, sich mit den neuen, unbewiesenen Verhältnissen schnell arrangiert, sind nicht alle damit zufrieden. In der Dorfkneipe kommt es aufgrund einer Fehlinterpretation zu weiteren Missverständnissen, die im Tod zweier Besatzer kulminieren. Nun ist guter Rat teuer, denn die übrigen bisher total friedfertigen 28 Soldare werden auf diese Todesfälle nicht gut zu sprechen sein. Somit muss spontan entschieden werden, ob man sich der Gnade der übrigen ausliefert, oder die große Revolution startet. Mit Heugabeln und Spaten gegen die Soldaren. Im schlimmsten Fall sogar gegen die Sieben Heere, die gut ausgebildeten Krieger des übermächtig erscheinenden Okkupators.

Die Auftaktgeschichte „Sieben Heere“ wird von Tobis O. Meißner vornehmlich aus der Sicht der Einwohner des Ortes erzählt. Dadurch steht quasi das Dorf im Mittelpunkt und nicht eine Hauptperson. Man erfährt viel über dessen Bewohner, deren Einstellung, manches dabei zu langatmig, aber es dient dazu, ein Teil der Gemeinschaft zu werden. Jedoch nur Teil eines sehr elitären Kreises, lenken doch allem Anschein nach nicht einmal zehn Bewohner das Leben dort. Diese sehr eingeschränkte Sichtweise auf die Ereignisse ist ein interessantes Stilmittel, jedoch wie im richtigen Leben nicht ohne Nebenwirkungen. Während der Leser so gut wie in jede Entscheidung dieses kleinen Kreises eingebunden wird, bleibt man dennoch nur stiller Teilhaber am Geschehen.

Glücklicherweise deckten sich beim Lesen meine Entscheidungen mit denen der Bewohner größtenteils, was der Glaubwürdigkeit zuträglich ist. Dennoch bleibt durch diesen Fokus an einigen Stellen eine unnötige Distanz, die den Leser dann doch zum Fremdkörper im Dorf werden lässt. Ganz ähnlich wie die Nafarroaner. Man erfährt viel über die Beweggründe des Capitars, aber das böse Land, aus dem sie kamen, bleibt so gut wie im Dunkeln. Hier ist meiner Meinung nach Potenzial verschenkt worden, aber „Sieben Heere“ ist eben auch erst der Auftakt zu einer Romanreihe. In Fortsetzungen wird der Feind mit Sicherheit eingehender thematisiert, vielleicht sogar alles aus seiner Sicht beschrieben. Auf alle Fälle bin ich mir sicher, dass es weiterhin seltene Wörter wie Soldar, Semane, Byrgherin und Capitar geben wird, die den Abstand zum eigenen Alltag durch ihre Schreibweise vergrößern und zum Lesevergnügen beitragen.

Fazit: „Sieben Heere“ ist mein erstes Buch von Tobias O. Meißner und ich bin zwiegespalten, denn die Geschichte an sich ist gut geschrieben und geht in Ordnung. Es muss ja nicht immer alles superspannend und vollgepackt mit Non-Stop-Action sein, zumal das nicht die Seele des Dorflebens widerspiegeln würde. Das große Manko ist jedoch, dass Cover und Teaser etwas zu dick auftragen beziehungsweise nicht den Kern des Romans treffen. Ich war dadurch von der Story an sich etwas enttäuscht, da andere Erwartungen geschürt wurden. „Sieben Heere“ ist eher langsam erzählt, jedoch nachvollziehbar und durch die vielen Details über die Dorfbewohner mit Leben gefüllt und überaus plastisch. Wenngleich das Ende nicht überraschend ist, kann man gespannt auf die Fortsetzung sein. Die erste Schlacht ist geschlagen, der richtige Krieg wird jedoch erst noch kommen. Oder wie am Ende doppeldeutig lapidar steht: „Wird fortgesetzt.“


Sieben Heere
Fantasy-Roman
Tobias O. Meißner
Piper 2015
ISBN: 978-3-492-70312-3
403?S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 16,99

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